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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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schicke jemanden zu Ihnen, der den Brief abholt. Sie bekommen ihn zurück, wenn der Fall abgeschlossen ist.«
    »Gut … Viel Erfolg!«
    Maigret blickte erstaunt zur Tür. Joseph, der alte Bürodiener, stand auf der Schwelle, hinter ihm ein Mann in beiger Livree mit breiten rostroten Streifen an der Hosennaht. Seine ebenfalls beige Mütze trug ein Abzeichen mit einer goldenen Krone.
    »Dieser Herr will Ihnen unbedingt persönlich ein Päckchen übergeben. Er hat sich nicht wegschicken lassen.«
    »Worum geht es?«, fragte der Kommissar den Eindringling.
    »Um eine Sendung von Monsieur Lherbier …«
    »Dem Inhaber des Lederwarengeschäfts?«
    »Ja.«
    »Warten Sie auf eine Antwort?«
    »Dazu habe ich keine Anweisung, aber man hat mich gebeten, Ihnen das Paket persönlich zu übergeben. Monsieur Lherbier hat mir gestern Nachmittag selbst den Auftrag dazu gegeben.«
    Maigret hatte bereits die ebenfalls beige und mit der obligaten Krone verzierte Schachtel aufgemacht und eine Brieftasche aus schwarzem Krokodilleder herausgeholt, deren vier Ecken mit Gold verstärkt waren. Die Krone darauf war, wie hätte es anders sein können, goldgeprägt. Auf einer Visitenkarte standen nur die Worte:
     
    Zum Zeichen der Dankbarkeit
     
    Der Kommissar legte die Brieftasche in die Schachtel zu rück.
    »Einen Augenblick«, sagte er zum Boten. »Sie können das sicher besser wieder einpacken als ich …«
    Der Mann sah ihn erstaunt an.
    »Gefällt es Ihnen nicht?«
    »Sagen Sie Ihrem Auftraggeber, dass ich keine Geschenke anzunehmen pflege … Wenn Sie wollen, können Sie ihm ausrichten, dass ich die Geste zu schätzen weiß …«
    »Wollen Sie nichts dazu schreiben?«
    »Nein.«
    Das Telefon klingelte schon eine ganze Weile.
    »Da, nehmen Sie. Packen Sie es draußen im Warteraum wieder ein, ich habe zu tun.«
    Dann endlich nahm er den Hörer ab.

6
    »Es ist jemand, der seinen Namen nicht sagen will, Herr Kommissar. Soll ich ihn trotzdem durchstellen? Er behauptet, Sie wissen, wer er ist.«
    »Stellen Sie ihn durch …«
    Er hörte das Knacken in der Leitung und sagte dann mit einer Stimme, die nicht ganz seine gewohnte war:
    »Ja, bitte.«
    Nach einer kurzen Pause fragte am anderen Ende der Leitung jemand, der ziemlich weit weg zu sein schien:
    »Kommissar Maigret?«
    Sie waren beide sehr bewegt. Maigret nahm sich vor, seinen Gesprächspartner nicht zu erschrecken.
    »Wissen Sie, wer am Apparat ist?«
    »Ja.«
    »Wissen Sie meinen Namen?«
    »Ihr Name ist jetzt nicht wichtig …«
    »Werden Sie versuchen herauszufinden, woher ich anrufe?«
    Die Stimme war zögernd. Der Mann wirkte unsicher, er schien seinen ganzen Mut zusammenzunehmen.
    »Nein …«
    »Warum?«
    »Weil mich das nicht interessiert …«
    »Glauben Sie mir nicht?«
    »Doch …«
    »Sind Sie überzeugt, dass ich der Mann von der Rue Popincourt bin?«
    »Ja …«
    Es trat eine ziemlich lange Pause ein, dann fragte die Stimme schüchtern und ängstlich:
    »Sind Sie noch da?«
    »Ja … Ich höre …«
    »Hat man Ihnen den Brief schon zugeschickt, den ich an die Zeitung geschrieben habe?«
    »Nein, aber man hat ihn mir am Telefon vorgelesen.«
    »Haben Sie den Zeitungsausschnitt mit dem Foto erhalten?«
    »Ja …«
    »Glauben Sie mir? Halten Sie mich nicht für einen Verrückten?«
    »Ich habe es Ihnen schon gesagt …«
    »Wie denken Sie über mich?«
    »Zunächst weiß ich, dass Sie nicht vorbestraft sind.«
    »Wegen meiner Fingerabdrücke?«
    »Richtig … Außerdem führen Sie ein bescheidenes, geregeltes Leben.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Maigret schwieg, und der andere bekam es wieder mit der Angst zu tun.
    »Legen Sie nicht auf!«
    »Haben Sie mir viel mitzuteilen?«
    »Ich weiß nicht … Vielleicht, ja … Ich habe niemanden, bei dem ich mich aussprechen kann.«
    »Sie sind nicht verheiratet, oder?«
    »Nein …«
    »Sie leben allein … Heute haben Sie freigenommen, haben vielleicht im Büro angerufen, dass Sie krank seien.«
    »Sie wollen mich dazu bringen, Dinge zu sagen, durch die Sie mich ausfindig machen können … Sind Sie sicher, dass Ihre Techniker jetzt nicht die Stelle ermitteln, von der aus ich anrufe?«
    »Ich gebe Ihnen mein Wort.«
    »Sie wollen mich also gar nicht schnellstmöglich verhaften?«
    »Mir geht es wie Ihnen: Ich bin froh, dass es vorbei ist …«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sie haben an die Zeitungen geschrieben …«
    »Ich will nicht, dass ein Unschuldiger für mich büßt …«
    »Das ist nicht Ihr wirklicher Grund

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