Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Titel: Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
wie sich ein Mann mit gelben Schuhen auf Fallut stürzte.«
    »Ich habe es vergessen.«
    »Sie haben das bei Ihrem ersten Verhör ausgesagt. So lange ist das noch nicht her. Bleiben Sie bei dieser Aussage?«
    »Nun … Nein … So nicht. Ich habe einen Mann mit gelben Schuhen gesehen. Das ist alles. Ich weiß nicht, ob er der Mörder war.«
    Je weiter die Vernehmung fortschritt, desto mehr gewann Gaston Buzier von seiner Selbstsicherheit zurück, obwohl auch ihm die im Revier verbrachte Nacht etwas zugesetzt hatte. Nun trat er lässig von einem Bein auf das andere; eine Hand steckte in der Hosentasche.
    »Sie sehen, daß er klein beigibt. Er wagt die Lügen, die er Ihnen aufgetischt hat, nicht zu wiederholen.«
    »Antworten Sie mir, Le Clinche. Bis jetzt wissen wir mit Sicherheit, daß zwei Personen in der Nähe des Fischdampfers waren, als der Kapitän ermordet wurde. Der eine waren Sie, der andere Buzier. Nachdem Sie ihn beschuldigt haben, scheinen Sie jetzt einen Rückzieher zu machen. Es müßte also noch eine dritte Person gegeben haben. In diesem Fall ist es unmöglich, daß Sie diese nicht gesehen haben! Wer ist es?«
    Schweigen. Pierre Le Clinche starrte zu Boden.
    Maigret, der immer noch am Kamin stand, hatte sich an dem Verhör nicht beteiligt. Er ließ seinen Kollegen sprechen und begnügte sich damit, die beiden Männer zu beobachten.
    »Ich wiederhole meine Frage: War eine dritte Person auf dem Kai?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete der Beschuldigte mit gebrochener Stimme.
    »Soll das ja heißen?«
    Er zuckte die Schultern, als wollte er sagen:
    »Wenn Sie wollen.«
    »Wer?«
    »Es war dunkel.«
    »Nun, dann sagen Sie mir, warum Sie behauptet haben, der Mörder habe gelbe Schuhe getragen. Taten Sie es nicht, um den Verdacht von dem wahren Schuldigen abzulenken, den Sie kennen?«
    Der junge Mann nahm seinen Kopf zwischen beide Hände und stöhnte:
    »Ich kann nicht mehr!«
    »Antworten Sie!«
    »Nein! Tun Sie, was Sie wollen!«
    »Führen Sie den nächsten Zeugen herein!«
    Man öffnete die Tür. Adèle erschien. Mit übertriebener Selbstsicherheit trat sie vor und warf schnell einen Blick in die Runde, um die Lage zu überblicken. Lange schaute sie den Funker an; sie schien erstaunt, ihn so niedergeschlagen zu sehen.
    »Ich nehme an, Le Clinche, daß Sie die Frau wiedererkennen, die Kapitän Fallut während der ganzen Fahrt in seiner Kabine versteckt gehalten hatte und deren Liebhaber Sie gewesen sind.«
    Er musterte sie kalt. Dennoch öffneten sich Adèles Lippen schon zu einem verführerischen Lächeln.
    »Sie ist es.«
    »Kurz und gut, sie waren drei Mann an Bord, die um sie herumstrichen: der Kapitän, der Chefmaschinist und Sie. Sie haben sie bekommen, zumindest einmal. Der Chefmaschinist hatte keinen Erfolg. Wußte der Kapitän, daß Sie ihn hintergangen haben?«
    »Er hat mir nie etwas davon gesagt.«
    »Er war sehr eifersüchtig, nicht wahr? War diese Eifersucht der Grund, daß er drei Monate lang nicht mit Ihnen gesprochen hat?«
    »Nein.«
    »Wie? Es gibt also einen anderen Grund?«
    Und Le Clinche wurde plötzlich puterrot, wußte nicht mehr, wohin blicken. Zu schnell kam seine Antwort:
    »Das heißt, es war vielleicht doch deswegen. Ich weiß es nicht.«
    »Es gab noch einen Grund, weshalb Sie sich gegenseitig haßten oder mißtrauten. Welchen?«
    »Ich … Es gab keinen … Sie haben recht, er war eifersüchtig.«
    »Welcher Regung sind Sie gefolgt, als Sie Adèles Liebhaber wurden?«
    Schweigen.
    »Liebten Sie sie?«
    »Nein!« antwortete er trocken, woraufhin die Frau ihn ankläffte:
    »Vielen Dank! Du bist ja wirklich höflich! Dabei bist du bis zum letzten Tag um mich herumgeschlichen! Stimmt’s? Und zweifellos stimmt es auch, daß dich an Land eine andere erwartete!«
    Gaston Buzier spitzte den Mund, als würde er vor sich hinpfeifen. Selbstsicher stand er da, die Daumen in die Ärmelausschnitte seiner Weste gehakt.
    »Sagen Sie mir noch eines, Le Clinche: Als Sie, nachdem Sie den Mord am Kapitän beobachtet hatten, wieder an Bord gingen, da war Adèle doch in ihrer Kabine eingeschlossen?«
    »Ja.«
    »Also kann sie ihn nicht getötet haben.«
    »Nein! Ganz bestimmt nicht. Ich schwöre Ihnen …«
    Le Clinche wurde nervös. Aber Kommissar Girard fuhr eindringlich fort:
    »Buzier bestätigt, daß Sie ihn nicht getötet haben. Sie nehmen Ihre Beschuldigung ihm gegenüber zurück. Da bietet sich doch die Hypothese an, daß Sie beide Komplizen sind …«
    »Vielen Dank!« stieß Buzier

Weitere Kostenlose Bücher