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Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer

Titel: Maigret am Treffen der Neufundlandfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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mit großer Verachtung aus. »Wenn ich mich mit jemand auf ein Verbrechen einlasse, dann nicht mit so einem … einem …«
    »Das genügt! Sie beide könnten den Mord aus Eifersucht begangen haben, denn Sie waren beide Adèles Liebhaber.«
    Buzier grinste.
    »Ich eifersüchtig? Und worauf bitte?«
    »Haben Sie noch irgend etwas zu sagen, Le Clinche?«
    »Nein!«
    »Buzier?«
    »Ich habe zu sagen, daß ich unschuldig bin, und ich verlange, freigelassen zu werden.«
    »Und Sie?«
    Adèle schminkte sich gerade die Lippen.
    »Ich …« Sie fuhr sich die Lippen nach. »Ich …« Blick in den Spiegel. »… habe überhaupt nichts zu sagen. Alle Männer sind gemein. Haben Sie diesen Knaben da gehört? Seinetwegen hätte ich vielleicht sogar Dummheiten gemacht! … Brauchst mich nicht so anzustarren, Gaston! … Und wenn Sie jetzt meine Meinung hören wollen, dann sage ich Ihnen, daß es in dieser ganzen Geschichte Dinge gibt, von denen wir nichts wissen. Als man erfuhr, daß eine Frau auf dem Schiff war, glaubte man, damit alles erklären zu können. Aber wenn es da noch etwas anderes gäbe?«
    »Zum Beispiel?«
    »Das weiß ich doch nicht! Ich bin nicht von der Polizei!«
    Sie klemmte ihre Haare unter den roten Strohhut. Maigret sah, wie Pierre Le Clinche den Kopf abwandte. Die beiden Kommissare tauschten einen Blick, und Girard sagte:
    »Le Clinche kehrt in seine Zelle zurück. Sie beide warten im Sprechzimmer. In einer Viertelstunde lasse ich Sie wissen, ob Sie gehen können oder nicht.«
    Die beiden Polizeibeamten blieben allein zurück. Ihre Gesichter drückten Besorgnis aus.
    »Wollen Sie dem Untersuchungsrichter den Vorschlag machen, sie freizulassen?« fragte Maigret.
    »Ja, ich glaube, es ist das Beste, was wir tun können. Vielleicht sind sie in das Drama verwickelt. Trotzdem gibt es da einiges, was uns entgangen ist.«
    »Weiß Gott!«
    »Hallo! Geben Sie mir den Justizpalast in Le Havre, Mademoiselle … Hallo! Die Staatsanwaltschaft, ja.«
    Als Kommissar Girard kurz darauf mit dem Untersuchungsrichter sprach, entstand draußen in den Fluren ein Lärm. Maigret eilte hinaus und sah Le Clinche wild um sich schlagend am Boden liegen, wo drei Männer in Uniform ihn zu überwältigen versuchten.
    Er war in einem schreckenerregenden Zustand. Die Augen, blutunterlaufen, traten weit hervor, und Speichel rann ihm aus dem Mund. Von allen Seiten festgehalten, konnte er sich nicht mehr rühren.
    »Was ist passiert?«
    »Da er immer ruhig war, haben wir ihm keine Handschellen angelegt. Als wir dann in diesen Flur kamen, hat er versucht, mir meinen Revolver aus dem Halfter zu ziehen. Und es ist ihm gelungen. Er wollte sich erschießen. Ich konnte ihn gerade noch daran hindern.«
    Le Clinche, auf dem Fußboden liegend, blickte starr ins Leere. Seine Zähne bissen sich in die Lippen, und Blut mischte sich in den Speichel.
    Das Ergreifendste aber waren die Tränen, die ihm über die farblosen Wangen rollten.
    »Vielleicht sollte ein Arzt …«
    »Nein! Lassen Sie ihn los!« befahl Maigret.
    Sie ließen ihn auf den Steinplatten liegen.
    »Stehen Sie auf! Los! Ein bißchen schneller! Und schön ruhig bleiben! Sonst spüren Sie meine Faust in Ihrem Gesicht, Sie schmutziger Bengel!«
    Der Funker gehorchte demütig. Er war voller Angst und zitterte am ganzen Körper. Bei dem Sturz hatte er seinen Anzug beschmutzt.
    »Haben Sie auch mal an Ihre Braut gedacht?«
    Kommissar Girard kam hinzu.
    »Der Richter ist einverstanden. Sie sind alle drei frei, dürfen Fécamp aber nicht verlassen. Was war los?«
    »Dieser Dummkopf wollte sich umbringen! Wenn Sie erlauben, will ich mich um ihn kümmern.«
     
    Sie gingen den Kai entlang. Le Clinche hatte sein Gesicht, das mit roten Flecken übersät war, mit Wasser gekühlt. Seine Augen glänzten fiebrig, und seine Lippen waren unnatürlich rot.
    Er trug einen grauen Konfektionsanzug. Die drei Knöpfe an der Jacke waren geschlossen, und seine Krawatte war schlecht gebunden, aber er scherte sich nicht um sein Aussehen.
    Maigret verzog keine Miene. Die Hände in den Taschen, murmelte er vor sich hin:
    »Sie müssen einsehen, daß ich keine Zeit habe, Ihnen eine Moralpredigt zu halten … Nur eines will ich Ihnen sagen: Ihre Verlobte ist hier. Sie ist ein tapferes Mädchen, kommt von Quimper hierher und setzt Himmel und Erde in Bewegung. Es wäre nicht schön von Ihnen, sie zu enttäuschen.«
    »Weiß sie es?«
    »Über diese Frau brauchen Sie nicht mit ihr zu sprechen.«
    Maigret beobachtete ihn

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