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Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes

Titel: Maigret kämpft um den Kopf eines Mannes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Centime …«
    »Wohnen Sie in der Nähe? … Ich gebe Ihnen einen Boy mit …«
    »Ich hab auch zu Hause kein Geld.«
    »Und Sie essen Kaviar …?«
    Der Geschäftsführer klatschte in die Hände. Ein Junge in Livree kam gelaufen.
    »Hol die Polizei!«
    Das alles spielte sich ohne Lärm, ohne Aufruhr ab.
    »Sind Sie sicher, daß Sie kein Geld haben?«
    »Ich hab es Ihnen doch eben gesagt …«
    Der Junge hatte seine Antwort abgewartet. Jetzt setzte er sich in Trab. Maigret blieb reglos sitzen. Der Geschäftsführer trat ans Fenster, beobachtete gleichmütig das geschäftige Treiben auf dem Boulevard Montparnasse.
    Der Barmann, der seine Flaschen abstaubte, warf Maigret hin und wieder einen bedeutsamen Blick zu.
    Keine drei Minuten vergingen, bis der Junge mit zwei Polizisten auf Rädern zurückkam. Die Beamten lehnten ihre Räder an die Mauer und traten ein.
    Einer von ihnen erkannte den Kommissar, wollte auf ihn zugehen, doch Maigret starrte ihn nur vielsagend an. Überdies erklärte der Geschäftsführer im gleichen Augenblick und ohne überflüssige Aufregung:
    »Dieser Herr hat Kaviar bestellt. Und teure Zigaretten. Et cetera. Er weigert sich zu bezahlen …«
    »Ich hab kein Geld«, wiederholte der Rothaarige.
    Maigret gab dem Beamten einen Wink, worauf dieser nur murmelte:
    »Gut. Sie werden das dem Kommissar erklären … Kommen Sie mit!«
    »Ein Gläschen gefällig, Messieurs?« fragte der Geschäftsführer.
    »Danke …«
    Straßenbahnen, Autos, Menschenmassen wälzten sich den Boulevard entlang, über den die Dämmerung einen dichten Nebel breitete. Beim Hinausgehen zündete der Verhaftete eine neue Zigarette an und nickte dem Barmann freundlich zu.
    Und als er an Maigret vorbeikam, bedachte er ihn mit einem langen durchbohrenden Blick.
    »Los! Etwas schneller bitte! Und ohne Aufsehen, ja?«
    Die drei verschwanden durch die Tür. Der Geschäftsführer trat an die Theke.
    »Ist das nicht der Tscheche, den wir neulich schon rausschmeißen mußten?«
    »Doch«, bestätigte der Barmann. »Er sitzt hier von acht Uhr früh bis acht Uhr abends … Und trinkt den ganzen Tag nichts als zwei Tassen Café crème …«
    Maigret war zur Tür gegangen. So konnte er sehen, wie Joseph Heurtin sich von seiner Bank erhob, unverwandt stehenblieb und den beiden Polizisten nachblickte, die den Kaviarliebhaber abführten. Aber es war schon nicht mehr hell genug, um in seinen Zügen lesen zu können.
    Die drei Männer hatten noch keine hundert Meter zurückgelegt, als auch der Vagabund sich auf den Weg machte, diskret gefolgt von Wachtmeister Lucas.
    »Kriminalpolizei!« sagte jetzt der Kommissar, indem er an die Theke zurückkehrte. »Wer ist der Mann?«
    »Ich glaube, er heißt Radek … Er läßt sich seine Post hierher adressieren … Sie werden die Briefe gesehen haben, die wir da drüben in die Vitrine legen … Ein Tscheche …«
    »Was tut er?«
    »Nichts! Er sitzt den ganzen Tag hier in der Bar … Träumt vor sich hin … Schreibt …«
    »Wissen Sie, wo er wohnt?«
    »Nein.«
    »Hat er Freunde?«
    »Soweit ich mich erinnere, hab ich ihn noch nie mit jemandem sprechen sehen …«
    Maigret zahlte, trat ins Freie, stieg in ein Taxi und befahl schroff:
    »Zum nächsten Polizeirevier …«
    Als er dort eintraf, saß Radek auf einer Bank und wartete, da der Kommissar noch beschäftigt war.
    Vier oder fünf andere Ausländer warteten darauf, ihre Aufenthaltsbescheinigungen ausgestellt zu bekommen.
    Maigret begab sich schnurstracks ins Büro des Kommissars, dem eine junge Frau in einem Gemisch von drei oder vier osteuropäischen Sprachen irgendeine Schmuckdiebstahlgeschichte vorjammerte.
    »Nanu! Was führt Sie in diese Gegend?« wunderte sich der Beamte.
    »Ich kann warten, bis Sie mit der Dame fertig sind.«
    »Ich weiß nicht, was sie will … Jetzt erzählt sie mir schon seit einer halben Stunde immer dasselbe.«
    Maigret verzog keine Miene. Die Fremde ereiferte sich, wiederholte ihre Geschichte Punkt für Punkt, indem sie ihre unberingten Finger vorwies.
    Als sie endlich draußen war, erklärte Maigret:
    »Man wird Ihnen jetzt einen gewissen Radek vorführen, Radek oder so ähnlich. Ich bleibe solange hier. Sorgen Sie dafür, daß er die Nacht hier auf der Wache verbringt und dann freigelassen wird.«
    »Was hat er denn angestellt?«
    »Er hat Kaviar gegessen und nicht bezahlt.«
    »Im ›Dôme‹?«
    »Im ›Coupole‹.«
    Eine Klingel ertönte.
    »Bringen Sie Radek herein …«
    Der Tscheche betrat das Büro ohne eine

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