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Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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vorbeiliefen.
    Es war ansteckend, jung, fröhlich. Scherze, die Ma i gret nicht verstehen konnte, flogen hin und her. Beim Überqueren der Gangway wurden die Zigaretten we g geworfen. Und an Bord ging das Jagen und Balgen we i ter.
    Atemlos kamen die Nachzügler vor der Gangway an. Cornelius sah erschöpft aus, hatte rote Augen und einen fiebrigen Blick und wandte sich zu Maigret.
    »Na los! Geh!« brummte dieser.
    Der andere verstand eher die Handbewegung als die Worte, legte die Hand an die Mütze, deutete linkisch einen militärischen Gruß an und wollte etwas sagen.
    »Ist schon gut! Verschwinde!«
    Denn der Maat war schon daran hineinzugehen, und ein Kadett bezog seinen Wachposten am Eingang. Durch die Luken konnte man die Jungen sehen, wie sie ihre Hängematten herunterließen, ihre Kleider irgen d wohin warfen.
    Maigret blieb stehen, bis er Cornelius in den Raum kommen sah, schüchtern und verlegen und mit hänge n den Schultern; er sah, wie ihm ein Kopfkissen mitten ins Gesicht flog und er zu einer Hängematte im Hinte r grund ging.
    Ein anderer, spannenderer Auftritt begann. Maigret war noch keine zehn Schritte in Richtung Stadt gega n gen, als er Oosting bemerkte, der wie er die Rückkehr der Kadetten beobachtet hatte.
    Beide waren ungefähr gleichaltrig, beide kräftig, ko r pulent und ruhig.
    Machten sie sich beide eigentlich nicht lächerlich, wenn sie hier die Jungens beobachteten, die in ihre Hängematten kletterten und Kissenschlachten veransta l teten?
    Sahen sie nicht aus wie dicke Hennen, die ein unte r nehmungslustiges Küken bewachten?
    Sie schauten sich an. Der Baes rührte sich nicht, tip p te aber an den Rand seiner Mütze.
    Sie wußten von vornherein, daß jede Unterhaltung zwischen ihnen unmöglich war, da sie nicht die gleiche Sprache redeten.
    »Goed avond« , brummte der Mann aus Workum j e doch.
    »Gute Nacht!« echote Maigret.
    Sie gingen den gleichen Weg, einen Weg, der nach ungefähr zweihundert Metern zur Straße wurde und in die Stadt führte. Sie gingen beinahe auf gleicher Höhe. Um einen größeren Abstand voneinander zu beko m men, hätte einer von ihnen langsamer gehen müssen, aber dazu schien keiner gewillt zu sein.
    Oosting in Holzschuhen. Maigret im Straßenanzug. Beide rauchten Pfeife; mit dem Unterschied, daß Ma i grets Pfeife aus Bruyèreholz und Oostings Pfeife aus Ton war.
    Das dritte Haus, das sie sahen, war ein Café, und O o sting ging hinein, nachdem er seine Holzschuhe abg e streift und nach holländischem Brauch auf der Fußma t te stehen gelassen hatte.
    Maigret überlegte nur eine Sekunde und ging dann ebenfalls hinein.
    Um einen großen Tisch saßen ungefähr zehn Matr o sen und Seeleute, rauchten Pfeife und Zigarren und tranken Bier und Genever.
    Oosting drückte einigen die Hand, ließ sich dann schwerfällig auf einen Stuhl fallen und hörte der Unte r haltung zu.
    Maigret setzte sich abseits, merkte aber, daß die Au f merksamkeit eigentlich auf ihn konzentriert war. Der Wirt, der in der Gruppe saß, wartete etwas, bis er kam und ihn fragte, was er trinken wolle.
    Der Genever floß aus einem Hahn aus Porzellan und Kupfer. In allen holländischen Cafés roch es nach ihm, deshalb war die Atmosphäre so anders als in einem fra n zösischen Café.
    Oostings kleine Augen lachten jedesmal, wenn er den Kommissar ansah.
    Dieser streckte die Beine aus, zog sie wieder unter den Stuhl, streckte sie wieder aus, stopfte sich eine Pfeife, um sich zu beschäftigen, und der Wirt stand geflissen t lich auf, um ihm Feuer zu geben.
    »Moïe veer!«
    Maigret verstand nicht, runzelte die Stirn, ließ es sich wiederholen.
    »Moïe veer, y a! Oost vind.«
    Die andern hörten zu, stießen sich an. Einer zeigte auf das Fenster, auf den Sternenhimmel.
    » Moïe veer! Schönes Wetter!«
    Und er versuchte zu erklären, daß der Wind aus Osten kam und dies gut sei.
    Oosting suchte sich aus einer Kiste Zigarren aus. Er nahm fünf oder sechs in die Hand, die ihm hingelegt wurden. Ostentativ nahm er eine Manila, die so schwarz wie Kohle war, und spuckte das Ende aus, bevor er sie anzündete.
    Dann zeigte er seinen Kameraden seine neue Mütze.
    »Vier Gulden!«
    Vier Gulden! Vierzig Francs! Seine Augen lachten immer noch.
    Aber da kam jemand herein, schlug eine Zeitung auf und redete von den letzten Frachtnotierungen an der Amsterdamer Börse.
    Und in der folgenden angeregten Unterhaltung, die sich durch die tiefen Stimmen und die harten Kons o nanten fast wie ein Streit anhörte,

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