Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
platzten die Nähte an Popingas Mäntelchen der Ehrbarkeit, wie ich Ihnen schon sagte!
    Versuchen Sie nur einmal sich vorzustellen, was es bedeutet, wenn sich hier einer betrinkt! Schüler haben ihn in diesem Zustand gesehen! Vielleicht bewundern sie ihn deswegen!
    Jetzt stellen Sie sich die Atmosphäre im Haus am A m steldiep vor. Erinnern Sie sich an Madame Popinga, an Any.
    Schauen Sie zum Fenster hinaus. Auf beiden Seiten sehen Sie den Rand der Stadt. Sie ist ganz klein, und j e der kennt jeden. Ein Skandal ist in einer Stunde herum.
    Und die Beziehungen Popingas zu dem sogenannten Baes, der, es muß einmal gesagt werden, eine Art Räuber ist. Sie sind zusammen auf die Seehundjagd gegangen. Der Lehrer trank Genever an Bord von Oostings Boot.
    Ich verlange nicht von Ihnen, daß Sie sofort Ihre Schlüsse ziehen. Ich wiederhole nur, und denken Sie an diesen Satz: Wenn das Verbrechen von jemand begangen wurde, der sich im Haus aufgehalten hat, dann ist das ga n ze Haus schuldig …
    Bleibt noch diese kleine Närrin Beetje, die Popinga immer nach Hause brachte … Wollen Sie noch etwas ganz Typisches hören? Diese Beetje ist die einzige hier, die jeden Tag in einem enganliegenden Trikot anstatt in einem Badeanzug mit angeschnittenem Röckchen schwimmen geht, und dazu noch in einem roten! Ich werde Sie in Ihren Untersuchungen nicht stören. Es lag mir nur daran, Sie auf ein paar Dinge hinzuweisen, die die Polizei gewöhnlich übersieht …
    Was Cornelius Barens angeht, so gehört er für mich mit zur Familie, zur Partei der Frauen.
    Man kann es so betrachten: auf der einen Seite M a dame Popinga, ihre Schwester Any und Cornelius, auf der anderen Seite Beetje, Oosting und Popinga.
    Wenn Sie verstanden haben, was ich Ihnen erzählt habe, kommen Sie vielleicht zu einem Ergebnis.«
    »Eine Frage!« sagte Maigret ernst.
    »Bitte!«
    »Sind Sie auch protestantisch?«
    »Ich gehöre zwar der reformierten Kirche an, aber nicht einer ähnlichen Richtung.«
    »Auf welcher Seite stehen Sie?«
    »Ich mochte Popinga nicht.«
    »Das heißt?«
    »Ich verurteile das Verbrechen, egal wer es getan hat!«
    »Hat er nicht Jazzmusik gespielt und getanzt, als Sie sich mit den Damen unterhielten?«
    »Noch etwas Typisches, das ich vergessen habe Ihnen zu sagen …«
    Als Maigret aufstand, war er ernst, ja beinahe feie r lich, und er fragte:
    »Kurz, wen sollte ich nach Ihrer Meinung festnehmen lassen?«
    Professor Duclos zuckte zusammen.
    »Ich habe nicht von Festnahme gesprochen. Ich habe Ihnen ein paar allgemeine Tips gegeben, auf rein g e danklicher Ebene, wenn ich so sagen darf.«
    »Gewiß. Aber wenn Sie an meiner Stelle wären?«
    »Ich bin nicht von der Polizei. Ich suche die Wahrheit um der Wahrheit willen, und die Tatsache, daß ich selber verdächtigt werde, kann mein Urteil nicht beeinflussen.«
    »So daß also niemand verhaftet werden soll?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Ich …«
    »Ich danke Ihnen!« sagte Maigret abschließend und streckte die Hand aus.
    Und er schlug mit einem Geldstück an sein Glas, um die Wirtin zu rufen. Duclos schaute ihn schief an.
    »So etwas ist hier zu vermeiden!« murmelte er. »Z u mindest wenn Sie für einen Gentleman gehalten werden wollen …«
    Die Klappe, durch die die Bierfässer in den Keller g e lassen worden waren, wurde geschlossen. Der Kommi s sar bezahlte, warf einen letzten Blick auf die Pläne.
    »Also entweder Sie oder die ganze Familie.«
    »Das habe ich nicht gesagt. Hören Sie …«
    Aber er war schon an der Tür. Sobald er Duclos den Rücken gekehrt hatte, beherrschte er seinen G e sichtsausdruck nicht länger, und wenn er auch nicht lauthals lachte, lächelte er doch beglückt vor sich hin.
    Draußen schien die Sonne, es war warm und ruhig. Der Eisenwarenhändler stand unter der Tür. Der kleine Jude, der Schiffszubehör verkaufte, zählte seine Anker und kennzeichnete sie mit einem roten Strich.
    Der Kran lud immer noch Kohle ab. Ein paar Schi p pers hißten ihre Segel, aber nicht um auszulaufen, so n dern um die Segel zu trocknen. In dem Gewimmel der Masten wirkten sie wie große, sanft flatternde, weiße oder braune Vorhänge.
    Oosting saß im Heck seines Kutters und rauchte seine kurze Tonpfeife. Ein paar Kairatten unterhielten sich gelassen.
    Wenn man sich gegen die Stadt wandte, sah man die schön verputzten Bürgerhäuser, mit ihren sauberen Fe n sterscheiben, ihren tadellos sauberen Vorhängen, den ü p pigen Pflanzen hinter jedem Fenster. Dahinter ein u n

Weitere Kostenlose Bücher