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Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Maigret und der geheimnisvolle Kapitän

Titel: Maigret und der geheimnisvolle Kapitän Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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gebracht hatte.
    Er atmete tief ein, warf den dreien einen kurzen Blick zu, und seine Augen blickten fröhlich.
    »Red’ nicht so gescheit daher«, sagte er auf bretonisch. »Gieß uns lieber was zu trinken ein!«
    Es konnte schiefgehen. Der alte Matrose war der erste, der sich Maigret erstaunt zuwandte.
    Grand-Louis Miene hellte sich auf. Lannec, immer noch ein bißchen frostig, fragte:
    »Sind Sie Bretone?«
    »Nicht direkt. Ich bin von der Loire. Aber ich habe zwischendurch mal in Nantes studiert.«
    Lannec schnitt eine Grimasse, dieselbe, die die Bretonen von der Küste aufsetzen, wenn man mit ihnen über Bretonen aus dem Landesinnern oder über die Halb-Bretonen aus der Gegend von Nantes spricht.
    »Ist nichts mehr von dem Schiedam von neulich da?«
    Lannec nahm die Flasche, füllte die Gläser. Er tat es langsam, froh, eine Beschäftigung zu haben. Noch wußte er nicht, was er tun sollte. Da war Maigret, der sich in seiner ganzen Fülle niedergelassen hatte, der freundlich war. Er hatte die Pfeife im Mund, den Hut in den Nacken geschoben, und es sah aus, als wollte er es sich hier gemütlich machen.
    »Du kannst dich setzen, Louis.«
    Der gehorchte. Die Befangenheit war nicht ganz gewichen, aber sie war jetzt von einer anderen Art. Es wurmte diese Männer, daß sie auf Maigrets freundlichen Ton nicht eingehen konnten. Aber sie mußten schließlich auf der Hut sein.
    »Auf euer Wohl, Kinder! Und gebt ruhig zu, daß ich euch eine Menge Ärger erspare, wenn ich euch heute nacht am Auslaufen hindere.«
    »Es ist hauptsächlich die Fahrtrinne«, murmelte Lannec und nahm einen Schluck. »Ist man erst draußen auf dem Meer, dann geht’s. Aber durch die Strömung der Orne und wegen all der Sandbänke ist die Fahrtrinne schlecht. Jedes Jahr laufen ein paar auf.«
    »Ist der ›Saint-Michel‹ noch nie etwas passiert?«
    Der Mann klopfte auf Holz. Célestin brummte verdrießlich vor sich hin, als er von Unglück reden hörte.
    »Der ›Saint-Michel‹? Sie ist wahrscheinlich der beste Segler an der Küste. Passen Sie auf: Vor zwei Jahren ist sie bei dichtem Nebel vor der englischen Küste auf Fels gelaufen. Es war eine höllische Brandung. Jedes andere Schiff wäre dabei draufgegangen. Nun, die nächste Flut machte sie wieder flott, und sie brauchte nicht einmal ins Trockendock …«
    Maigret spürte, daß man sich auf diesem Terrain verständigen konnte. Aber er war nicht geneigt, die ganze Nacht über die Seefahrt zu reden. Die nassen Kleider fingen an zu dampfen, ganze Rinnsale von Wasser liefen an der Treppe herab. Und der Vollständigkeit halber muß auch erwähnt werden, daß der Kommissar das immer stärker werdende Schlingern des Schiffes, das immer wieder heftig mit der Seite an die Pfeiler der Mole stieß, schlecht vertrug.
    »Eine schöne Yacht wird das geben«, sagte er um sich blickend.
    Na also! Lannec zuckte zusammen.
    »Es ließe sich schon eine schöne Yacht daraus machen«, verbesserte er den Kommissar. »Es müßte nur das Deck umgebaut werden. Das Segelwerk ein bißchen vereinfachen, hauptsächlich das obere …«
    »Hat der Norweger unterzeichnet?«
    Lannec tauschte einen raschen Blick mit Grand-Louis. Der seufzte nur. Sie hätten viel darum gegeben, diese beiden, um auch nur für ein paar Sekunden allein miteinander reden zu können. Wieviel hatte Louis erzählt? Was durfte der Kapitän sagen?
    Louis machte ein trotziges Gesicht. Er machte sich keine Illusionen. Es war unmöglich, seinem Kumpanen zu erklären, was hier vor sich ging. Es war zu kompliziert!
    Und natürlich würde es eine Menge Ärger geben! Da trank er doch lieber! Er goß sich sein Glas voll, leerte es in einem Zuge und warf dem Kommissar einen resignierenden Blick zu, aus dem fast die ganze Aggressivität verschwunden war.
    »Welcher Norweger?«
    »Nun, der Norweger, der kein richtiger Norweger ist … Martineau … Aber er kann die ›Saint-Michel‹ nicht in Tromsö gesehen haben, denn so hoch in den Norden ist sie nie gekommen.«
    »Bedenken Sie, daß sie es könnte. Sie würde Strecken wie bis Archangelsk ohne weiteres bewältigen.«
    »Wann übernimmt er das Schiff?«
    Der alte Matrose in seiner Ecke grinste. Ein Grinsen, dessen Ironie nicht Maigret galt, sondern den drei Männern an Bord, ihn inbegriffen.
    Lannec gab sich mit einer erbärmlichen Antwort zufrieden.
    »Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
    Er bekam einen Puff in die Seite.
    »Schwachkopf! … Auf, Kinder! Setzt endlich diese Trauermienen ab! Ihr verdammten

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