Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und der gelbe Hund

Maigret und der gelbe Hund

Titel: Maigret und der gelbe Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
diesem Durcheinander!« sagte Emma.
    Auch bei der Vermieterin war die Hälfte des Geschirrs schon gespült worden.
    Ernest Michoux, erdfahl im Gesicht, machte sich vor allem wegen des verschwundenen Hundes Sorgen.
    »Vom Hof her hat man ihn geholt! Vom Quai aus gibt es einen Zugang … Eine Art Sackgasse … Man sollte besser die Tür verrammeln, Kommissar … Andernfalls … Denken Sie nur, man hat hier hereinkommen können, ohne daß es jemand bemerkt hat! Und mit diesem Tier auf dem Arm davon!«
    Man hätte meinen können, er wage es nicht, den Hintergrund des Schankraums zu verlassen, und halte sich so weit wie möglich von den Türen fern.

5
    Der Mann von der Pointe du Cabélou
    Es war acht Uhr morgens. Maigret, der nicht schlafen gegangen war, hatte gerade ein Bad genommen und war im Begriff, sich vor dem Spiegel fertig zu rasieren, der am Drehriegel des Fensters aufgehängt war.
    Es war kälter als an den vergangenen Tagen. Der trübe Regen sah aus wie geschmolzener Schnee. Unten lauerte ein Reporter auf das Eintreffen der Zeitungen aus Paris. Man hatte das Pfeifen des Halbacht-Uhr-Zuges gehört. In einigen Augenblicken würde man die Austräger der Sondernummern auftauchen sehen.
    Der Platz, auf den der Kommissar hinabsah, war vom Wochenmarkt völlig verstellt. Man spürte jedoch, daß auf diesem Markt nicht der gleiche Betrieb herrschte wie sonst. Die Leute redeten leise. Die Bauern schienen von den Neuigkeiten, die sie erfuhren, beunruhigt zu sein.
    Auf dem Platz waren etwa fünfzig Stände aufgestellt, an denen Butterballen, Eier, Gemüse, Hosenträger und Seidenstrümpfe feilgeboten wurden. Auf der rechten Seite parkten Karren aller Art, und das Ganze war überragt vom beschwingten Gleiten der weißen Trachtenhauben mit den breiten Klöppelspitzen.
    Daß etwas geschah, bemerkte Maigret erst, als er feststellte, daß ein Teil des Marktes sein Gesicht veränderte, die Leute sich zusammenscharten und alle in dieselbe Richtung blickten. Das Fenster war geschlossen. Er hörte den Lärm nicht, oder vielmehr war es bloß ein wirres Raunen, das er vernahm.
    Er suchte weiter weg. Im Hafen luden einige Fischer leere Körbe und Netze in die Kutter. Auf einmal hielten sie inne, stellten sich rechts und links der Straße hin, auf der zwei Beamte der Stadtpolizei einen Festgenommenen in Richtung Rathaus führten.
    Einer der Polizisten war sehr jung und bartlos. Die Arglosigkeit stand ihm im Gesicht geschrieben. Der andere trug einen kräftigen, rotbraunen Schnurrbart, und seine dichten Augenbrauen verliehen ihm ein fast schon furchterregendes Aussehen.
    Die Gespräche auf dem Markt waren verstummt. Man betrachtete die drei Männer, die näherkamen. Man zeigte sich gegenseitig die Handschellen, mit denen die Handgelenke des Übeltäters gefesselt waren.
    Ein Hüne! Er ging vornübergebeugt, wodurch seine Schultern doppelt so breit erschienen. Seine Füße schleiften im Schlamm, und er schien es zu sein, der die beiden Schutzmänner im Schlepptau hatte.
    Er trug irgendeine alte Jacke. Auf seinem bloßen Kopf wucherte sehr dichtes, dunkelbraunes Haar.
    Der Journalist lief ins Treppenhaus, stieß eine Tür auf und schrie seinem noch schlafenden Fotografen zu: »Benoît! Benoît! Schnell! Aufstehen … Ein umwerfendes Bild!«
    Er wußte nicht, wie recht er damit haben sollte. Denn während Maigret sich die letzten Seifenreste von den Wangen wischte und seine Jacke suchte, ohne dabei den Platz aus den Augen zu lassen, trug sich ein wirklich außergewöhnlicher Zwischenfall zu.
    Im Handumdrehen hatte sich die Menge um die Polizisten und den Festgenommenen gedrängt. Plötzlich hob dieser, der schon lange auf die Gelegenheit gelauert haben mußte, mit einem heftigen Ruck die Fäuste.
    Von weitem sah der Kommissar die jämmerlichen Kettenenden, die von den Händen der Polizisten hinunterhingen. Und der Mann stürzte sich auf die Schaulustigen. Eine Frau purzelte zu Boden. Leute rannten davon. Noch niemand hatte sich von der Verblüffung erholt, als der Festgenommene schon in eine Sackgasse gelaufen war, zwanzig Meter vom Hôtel de L’Amiral entfernt, unmittelbar neben dem leerstehenden Haus, aus dessen Briefkasten heraus am vergangenen Freitag eine Revolverkugel gefeuert worden war.
    Einer der Polizisten – der jüngere – hätte beinahe geschossen, zögerte, rannte los, wobei er seine Waffe so hielt, daß Maigret sich auf einen Unfall gefaßt machte. Ein Vordach aus Holz gab unter dem Gedränge der Davoneilenden nach, und

Weitere Kostenlose Bücher