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Maigret und der gelbe Hund

Maigret und der gelbe Hund

Titel: Maigret und der gelbe Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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gerade hereingekommen. Es verschlug ihm den Atem, als Maigret zu ihm sagte, so natürlich er nur konnte: »Na, mein Lieber! Wären Sie so freundlich, den Doktor zur Gendarmerie zu geleiten? Unauffällig! Überflüssig, ihm Handschellen anzulegen. Sie werden ihn einsperren und dafür Sorge tragen, daß es ihm an nichts fehlt.«
    »Das ist der reine Irrsinn!« stammelte der Arzt. »Ich begreife nichts … Ich … Das ist unerhört! Das ist eine Schande!«
    »Allerdings«, brummte Maigret.
    Und, sich zum Bürgermeister wendend:
    »Ich habe nichts dagegen, daß die Suche nach dem Vagabunden fortgesetzt wird. Das zerstreut die Bevölkerung. Vielleicht ist es sogar von Nutzen. Aber messen Sie seiner Festnahme nicht allzu große Bedeutung bei. Beruhigen Sie die Leute wieder.«
    »Wissen Sie, daß er im Besitz eines Stellmessers war, als man ihn heute morgen festgenommen hat?«
    »Das ist gut möglich.«
    Maigret wurde allmählich ungeduldig. Im Stehen zog er seinen schweren Mantel mit dem Velourskragen über und bürstete seine Melone mit dem Ärmel ab.
    »Bis nachher, Herr Bürgermeister. Ich werde Sie auf dem laufenden halten. Noch einen Rat: den Journalisten nicht zu viele Geschichten erzählen … Im Grunde genommen ist von all dem kaum etwas der Rede wert. Kommen Sie?«
    Diese letzten Worte galten dem jungen Sergeanten, der den Bürgermeister ansah, als wolle er sagen:
    »Entschuldigen Sie mich … Aber ich muß ihm folgen.«
    Inspektor Leroy ging um den Arzt herum, wie ein Mann, den ein sperriges Bündel in Verlegenheit bringt.
    Man sah, wie Maigret im Vorbeigehen Emma die Wange tätschelte, dann den Platz überquerte, ohne wegen der Neugier der Leute nervös zu werden.
    »Geht’s hier lang?«
    »Ja … Man muß um das Hafenbecken herumgehen … Wir brauchen dazu eine halbe Stunde.«
    Die Fischer waren von dem Zwischenfall, der sich um das Café des Hôtel de l’Amiral abgespielt hatte, weniger aus der Fassung gebracht worden als die Bevölkerung, und ungefähr zehn Schiffe nutzten die verhältnismäßig ruhige See und fuhren gegen den Hafenausgang, wo sie der Wind erfaßte.
    Der Polizist warf Maigret aufmerksame Blicke zu, wie ein Schüler, der seinem Lehrer gefallen will.
    »Wissen Sie … Der Herr Bürgermeister und der Doktor spielten mindestens zweimal in der Woche gemeinsam Karten … Das muß ihm einen Schlag versetzt haben …«
    »Was erzählen die Einheimischen?«
    »Es kommt darauf an, wer. Die kleinen Leute, die Arbeiter, die Fischer regt das nicht sehr auf, ja, sie freuen sich fast schon über das, was da passiert. Denn der Doktor, Monsieur le Pommeret und Monsieur Servières hatten keinen sehr guten Ruf. Es waren feine Herren, gewiß … Man wagte nicht, ihnen etwas zu sagen … Aber sie trieben es ein wenig auf die Spitze, wenn sie alle jungen Mädchen aus den Fabriken verführten. Im Sommer, mit ihren Freunden aus Paris, war es noch schlimmer. Ständig waren sie am Trinken und randalierten in den Straßen bis zwei Uhr morgens, so als würde die Stadt ihnen gehören. Oft haben wir Beschwerden bekommen … Besonders wegen Monsieur Le Pommeret, der keinen Rock sehen konnte, ohne daß es mit ihm durchging. Das ist ein trauriges Kapitel, aber die Fabriken sind kaum in Betrieb. Es herrscht Arbeitslosigkeit. Daher … mit Geld … alle diese Mädchen …«
    »Wen also regt es dann auf?«
    »Die andern! Die Bürger! Und die Geschäftsleute, die sich mit der Gruppe im Café einließen. Es war so etwas wie der Mittelpunkt der Stadt, nicht wahr? Selbst der Bürgermeister, der herkam …«
    Dem Polizisten schmeichelte die Aufmerksamkeit, die Maigret ihm schenkte.
    »Wo sind wir?«
    »Wir haben gerade die Stadt verlassen. Von hier ab ist die Küste fast menschenleer. Es gibt nur Felsen, Fichtenwälder, ein paar Villen, die im Sommer von Leuten aus Paris bewohnt werden … Das ist die Gegend, die wir die ›Pointe du Cabélou‹ nennen.«
    »Weshalb sind Sie auf den Gedanken gekommen, hier herumzustöbern?«
    »Als Sie uns, meinen Kollegen und mich, damit beauftragt haben, einen Vagabunden zu suchen, der eventuell der Besitzer des gelben Hundes sein könnte, da haben wir zunächst einmal in den alten Schiffen des Innenhafens herumgesucht. Hin und wieder treibt man dort einen Landstreicher auf. Im vergangenen Jahr ist ein Kutter abgebrannt, weil ein Tippelbruder vergessen hatte, das Feuer zu löschen, das er angezündet hatte, um sich zu wärmen.«
    »Nichts gefunden?«
    »Nichts … Es war mein Kollege, der sich

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