Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
nicht.«
    Schließlich gewann sein gesunder Menschenverstand die Oberhand:
    »Wen man finden müßte, das ist dieser Franzose, von dem alle reden.«
    Der Kommissar schien noch unschlüssig zu sein, denn er ging mit großen Schritten aufgebracht umher.
    »Jedenfalls ist Delfosse verschwunden«, knurrte er, mehr zu sich selbst als zu den andern.
    Weiter auf und ab gehend, meinte er dann:
    »Und zwei Zeugen behaupten, daß das Zigarettenetui in seinem Besitz war!«
    Ohne seine Wanderung zu unterbrechen, führte er seine Überlegungen fort.
    »Und ihr wart beide im Keller! … Und heute nacht haben Sie versucht, Hundertfrancscheine im Klosett ve r schwinden zu lassen … und … «
    Er blieb stehen, sah von einem zum anderen.
    »Bis zum Schokoladehändler, der darauf besteht, daß ihm kein Geld gestohlen wurde.«
    Er ging hinaus, ließ sie allein. Doch sie nützten die Gelegenheit nicht. Als der Kommissar zurückkam, w a ren Vater wie Sohn an ihrem ursprünglichen Platz, fünf Meter voneinander, jeder in verbissenes Schweigen g e hüllt.
    »Nichts zu machen! Ich habe eben mit dem Unters u chungsrichter telefoniert. Fortan hat er bei den Ermit t lungen das entscheidende Wort. Er will nichts davon hören, Sie vorläufig auf freien Fuß zu setzen. Wenn Sie eine Vergünstigung zu erbitten haben, wenden Sie sich bitte an Richter de Conninck … «
    »Francois?«
    »Ja, ich glaube, so heißt er mit Vornamen. «
    Worauf der Vater leise, befangen murmelte:
    »Wir waren zusammen auf dem Gymnasium. «
    »Nun, dann suchen Sie ihn auf, wenn Sie meinen, daß das einen Zweck hat. Allerdings, so wie ich ihn kenne, bezweifle ich das. Auf seinen Befehl hin soll ich Ihren Sohn ins Gefängnis Saint-Léonard bringen lassen. «
    Diese Worte hatten einen bedrohlichen Klang. Bisher war noch nichts endgültig gewesen.
    Das Gefängnis Saint-Léonard! Ein scheußliches schwa r zes Gebäude gegenüber dem Pont-Maguin, das das ganze Viertel verschandelte mit seinen mittelalterlichen Tür m chen, seinen Schießscharten, seinen Eisengi t tern.
    Jean, leichenblaß, blieb stumm.
    »Girard!« rief der Kommissar und öffnete eine Tür. »Holen Sie sich zwei Beamte, den Wagen … «
    Mehr Worte waren nicht erforderlich. Sie warteten.
    »Es kann nichts schaden, wenn Sie Monsieur de Conninck aufsuchen«, meinte der Kommissar, um das Schweigen zu brechen. »Nachdem Sie mit ihm zur Sch u le gingen … «
    Doch seine Miene verriet deutlich, was er dachte: Er ermaß den Unterschied zwischen dem Magistraten, Sohn einer Magistratenfamilie, mit den angesehensten Notablen der Stadt verwandt, und dem Buchhalter, de s sen Sohn selbst zugab, daß er in ein Nachtlokal einbr e chen wollte.
    »Alles bereit, Chef«, kam der Inspektor melden. »Ist es nötig? … «
    Etwas blinkte in seinen Händen. Der Kommissar zuckte zustimmend die Achseln.
    Es war eine rasche, gewohnheitsmäßige Bewegung, so rasch, daß sie dem Vater erst bewußt wurde, als sie schon geschehen war. Girard hatte Jeans Hände ergri f fen. Ein stählernes Klicken.
    »Hier entlang!«
    Handschellen! Und zwei Polizeibeamte in Uniform, die draußen vor einem Wagen warteten.
    Jean machte ein paar Schritte. Es sah aus, als würde er ohne ein Wort gehen. Doch an der Tür drehte er sich noch einmal um. Seine Stimme war kaum zu erkennen:
    »Ich schwöre dir, Vater … «
    »Hört mal, noch einmal wegen der Pfeifen … Ich h a be mir heute morgen gedacht, wenn wir drei Dutzend bestellen würden … «
    Es war der Inspektor mit dem Pfeifenschwager, der eingetreten war, ohne zunächst etwas zu bemerken, dann plötzlich den Rücken des jungen Mannes sah, ein Handgelenk, das Blinken der Handschellen, und der sich unterbrach:
    »Ist’s soweit?«
    Seine Handbewegung sagte soviel wie: ›Eingelocht?‹
    Der Kommissar zeigte auf Monsieur Chabot, der sich hingesetzt hatte, den Kopf in beiden Händen hielt, schluchzte wie eine Frau.
    Der andere fuhr daraufhin gedämpft fort:
    »Abnehmer für das restliche Dutzend werden wir zu dem Preis in den anderen Abteilungen leicht finden! … «
    Eine Wagentür wurde zugeschlagen. Ein Anlasser surrte.
    Verlegen sagte der Kommissar zu Monsieur Chabot:
    »Wissen Sie, es ist ja noch nichts endgültig … «
    Dann, sich in eine Lüge flüchtend:
    » … und wo Sie mit Monsieur de Conninck befreu n det sind.«
    Und der Vater, schon auf dem Weg nach draußen, deutete ein mühsames Lächeln des Dankes an.

6
    Der Flüchtige
    Um ein Uhr erschienen die Lokalzeitungen und alle hatten sie auf

Weitere Kostenlose Bücher