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Maigret und der Spion

Maigret und der Spion

Titel: Maigret und der Spion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Tür in einen Sessel gesetzt hatte. Er dachte nicht einmal daran, die Pfeife aus dem Mund zu nehmen. Doch das spielte keine Rolle. Als die Leute aus den andern Büros herbeiliefen, hielt Kommissar Delv i gne sie an der Tür auf und murmelte unsicher:
    »Keine Aufregung … Der Mörder hat sich umg e bracht … Er hat gestanden … «
    Damit ging er hinaus, schloß die Tür hinter sich ab, während Maigret sich mit denkbar vergnügter Miene durchs Haar fuhr.
    »Adèle … Génaro … Victor … Delfosse und Chabot … « , sagte er wie eine Litanei auf.
    Im großen Büro machte sich der Reporter der ›Gaze t te de Liège‹ Notizen.
    »Sie sagen, er hat alles gestanden? … Und man hat seine Identität noch nicht feststellen können? … Wu n derbar! … Kann ich Ihr Telefon benützen? … In einer Stunde kommt die Börsenausgabe heraus … «
    »Hört mal!« rief von der Tür her ein Inspektor triu m phierend. »Die Pfeifen sind da! Wann wollt ihr sie euch aussuchen?«
    Aber Kommissar Delvigne zupfte ohne Begeisterung an seinem Schnurrbart.
    »Später … «
    »Denkt nur, die sind noch zwei Franc billiger als ich dachte!«
    »Wirklich!«
    Und er verriet, was ihn tatsächlich beschäftigte, als er knurrend zwischen den Zähnen hervorstieß:
    »Der mit seiner Mafia! … «
    10
    Zwei Männer im Dunkeln
    Können Sie sich auf Ihre Leute verlassen?«
    »Jedenfalls wird niemand auf die Idee kommen, daß sie von der Polizei sind, aus dem einfachen Grund, weil sie es nicht sind. Ins ›Gai-Moulin‹ habe ich meinen Schwager aus Spa gesetzt, der für zwei Tage nach Lüttich gekommen ist. Adèle wird von einem Steuerbeamten überwacht. Die anderen sind gut versteckt oder gut g e tarnt … «
    Die Nacht war kühl, und ein Nieselregen machte den Asphalt schmierig. Maigret hatte seinen dicken schwa r zen Mantel bis zum Hals zugeknöpft, und ein Schal b e deckte das halbe Gesicht.
    Überdies hielt er sich achtsam im Dunkel des Strä ß chens, von dem aus man in einiger Entfernung das Leuchtschild des ›Gai-Moulin‹ sehen konnte.
    Kommissar Delvigne, dessen Tod die Zeitungen nicht zu vermelden hatten, brauchte nicht soviel Vorsicht wa l ten zu lassen. Er hatte nicht einmal einen Mantel an, und als der Regen einsetzte, lästerte er undeutlich vor sich hin. Sie hatten um halb neun Uhr, noch vor Öf f nung des Nachtlokals, ihre Posten bezogen. Nacheina n der sah man, als weitaus ersten, Victor ankommen, dann Joseph, dann den Patron. Letzterer hatte gerade eige n händig das Leuchtschild eingeschaltet, als die Musiker ihrerseits aus der Rue du Pontd’Avroy herauskamen.
    Punkt neun Uhr setzten die verschwommenen Jaz z klänge ein, der Pikkolo bezog seinen Posten an der Tür und zählte das Kleingeld, das er in der Tasche hatte.
    Ein paar Minuten später betrat Delvignes Schwager das Lokal, bald darauf auch der Steuerbeamte.
    Der Kommissar faßte die strategische Lage wie folgt zusammen:
    »Von diesen beiden und den zwei in der Seitengasse beim Nebeneingang postierten Polizisten abgesehen, überwacht jemand Adèles Wohnung in der Rue de la Régence, sodann ein Mann das Haus der Delfosses und einer die Tür der Chabots. Schließlich wird noch das Zimmer beobachtet, das Graphopulos im ›Hotel M o derne‹ bewohnt hat. «
    Maigret sagte nichts. Die Idee stammte von ihm. Die Zeitungen hatten den Selbstmord von Graphopulos’ Mörder gemeldet. Sie deuteten an, daß die Unters u chung abgeschlossen sei und der Fall letzten Endes auf recht gewöhnliche Proportionen zusammengeschrumpft.
    »Entweder wir schaffen es heute nacht«, hatte er zu seinem Kollegen gesagt, »oder dann können wir uns darauf gefaßt machen, uns noch monatelang mit dem Fall herumzuschlagen.«
    Und nun ging er langsam und gewichtig hin und her, her und hin, Wölkchen von Pfeifenrauch ausstoßend, den Kopf in den Mantelkragen geduckt, und begegnete bloß knurrend den Versuchen seines Kollegen, eine U n terhaltung in Gang zu bringen.
    Kommissar Delvigne, der diese Gelassenheit nicht b e saß, hatte das Bedürfnis zu reden, und sei es nur, um die Zeit totzuschlagen.
    »Wer wird sich Ihrer Meinung nach rühren?«
    Doch der andere warf ihm nur einen entgeisterten Blick zu, der zu sagen schien:
    ›Was soll denn das Geschwätz? …‹
    Es war kurz vor zehn, als Adèle eintraf, in diskreter Entfernung gefolgt von einer Silhouette, die jene des Kriminalbeamten war. Er ging an seinem Chef vorbei, zischte im Vorbeigehen:
    »Nichts! … «
    Und er flanierte weiter durch die

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