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Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet

Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet

Titel: Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Sie ins Hotel zurückkehren sah, dachte ich, ich könnte Ihnen eigentlich ein bißchen nachspionieren, um herauszufinden, was Sie inzwischen entdeckt haben. Dann hätte ich Sie bei unserer nächsten Begegnung ganz schön verblüffen können, nicht wahr? Soll ich den Hoteleingang benutzen?«
    »Nein, steigen Sie durchs Fenster!«
    Saint-Hilaire schwang sich elastisch ins Zimmer und blickte sich neugierig um.
    »Du meine Güte!« rief er, als er die Kleiderpuppe entdeckte. »Was für eine seltsame Art, den Tathergang zu rekonstruieren! Diese Kleider … Haben Sie die absichtlich so hingelegt?«
    Maigret stopfte mit übertriebener Sorgfalt seine Pfeife, indem er jede Prise Tabak ein dutzendmal mit dem Zeigefinger festdrückte.
    »Haben Sie ein Streichholz?«
    »Mein Feuerzeug. Streichhölzer benutze ich nie.«
    Maigret blickte auf drei grünliche, an den Enden angesengte Streichhölzer, die zwischen den verkohlten Papieren im Kamin lagen.
    »Natürlich«, sagte er unbestimmt.
    »Was wollten Sie mich fragen?«
    »Das weiß ich noch nicht … Ich hab Sie da drüben gesehen, und da ich buchstäblich schwimme, hab ich gedacht, ein intelligenter Mensch könnte mich vielleicht auf neue Ideen bringen …«
    Er ließ sich auf der Tischkante nieder, beugte sich vor und hielt die Pfeife an das Feuerzeug, das Saint-Hilaire angeknipst hatte.
    »Ich sehe, Sie sind Linkshänder!«
    »Ich? Keineswegs! Das … das muß zufällig passiert sein. Ich weiß selbst nicht, weshalb ich Ihnen mit der linken Hand Feuer gegeben habe …«
    »Würden Sie die Güte haben, das Fenster zu schließen?«
    Den Bruchteil einer Sekunde zögerte Saint-Hilaire, ehe er ans Fenster trat und – wie Maigret bemerkte – auffallend umständlich den Drehriegel mit der rechten Hand schloß.

10
Der Mitarbeiter
    » Öffnen Sie das Fenster!«
    »Sie haben doch aber …«
    Tiburce de Saint-Hilaire hielt inne, lächelte, wie um zu sagen: »Nun gut, Sie sind der Boß! Ich verstehe bloß nicht, was das soll.«
    Maigret lächelte nicht. Er machte sogar ein ausgesprochen grimmiges Gesicht. Seine Bewegungen, seine Stimme, alles an ihm drückte wachsende Gereiztheit aus. Mit ruckartigen Schritten durchmaß er das Zimmer und ebenso ruckartig hob er den Kopf, ließ ihn wieder sinken, nahm bald diesen, bald jenen Gegenstand in die Hand und stellte ihn planlos wieder hin.
    »Da Sie sich anscheinend so brennend für den Fall interessieren, werde ich Sie von jetzt an als meinen Mitarbeiter betrachten. Aber machen Sie sich darauf gefaßt, daß ich nicht eben sanft mit Ihnen umgehe, sondern genauso wie mit meinen Inspektoren … Rufen Sie den Wirt!«
    Gehorsam öffnete Saint-Hilaire die Tür.
    »Tardivon! He, Tardivon!«
    Maigret ließ sich auf dem Fensterbrett nieder. Er blickte nicht auf, als der Wirt eintrat.
    »Eine kleine Frage, Monsieur Tardivon … War Gallet Linkshänder? Versuchen Sie sich zu erinnern!«
    »Darauf habe ich nie geachtet. Man behauptet zwar … Stimmt es, daß Linkshänder einem die linke Hand reichen?«
    »Gelegentlich ja.«
    »Dann war er es nicht. So was fällt einem auf. Ich reiche jedem Gast die Hand, wenn er ankommt …«
    »Erkundigen Sie sich beim Personal. Vielleicht ist den Kellnerinnen etwas aufgefallen.«
    Als Tardivon verschwunden war, fragte Saint-Hilaire:
    »Ist es für Sie denn so wichtig zu wissen, ob …«
    Der Kommissar lief an ihm vorbei in den Korridor und rief dem Wirt nach:
    »Wenn Sie schon unten sind, rufen Sie doch gleich Monsieur Padailhan, den Steuerinspektor in Nevers, für mich ans Telefon …«
    Ohne Saint-Hilaire zu beachten, trat er wieder ins Zimmer, wo er um die auf dem Boden ausgebreiteten Kleider zu kreisen begann.
    »Also an die Arbeit! Emile Gallet war nicht Linkshänder, sagt Tardivon. Wir werden gleich sehen, ob uns diese Feststellung weiterhilft.
    Oder noch besser: Nehmen Sie dieses Messer! Es ist die Waffe, die der Mörder benutzt hat … Gut, jetzt geben Sie es wieder her. Ich sehe, Sie haben schon wieder die linke Hand benutzt.
    Weiter! Nehmen wir an, ich werde angegriffen und muß mich verteidigen. Ich bin aber nicht Linkshänder. Ich halte also den Messerknauf in der rechten Hand, nicht wahr?
    Treten Sie näher! Sie sind der Angreifer. Ich stürze mich auf Sie. Sie sind stärker als ich. Sie packen mich am Handgelenk. Los, packen Sie mich! Gut. Natürlich ist es die Hand mit dem Messer, die Sie festhalten.
    Das genügt. Sehen Sie sich jetzt dieses Foto an. Es ist eines der Bilder, die der Erkennungsdienst von

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