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Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Titel: Maigret und die Affäre Saint Fiacre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Bauersleute mit großen Augen an. Die Besucher fragten sich, ob sie ihn ansprechen sollten. Doch er begnügte sich damit, sie mit einem Neigen des Kopfes zu begrüßen, und begab sich ins Zimmer Marie Vassilews, wo man die beiden Englisch sprechen hörte.
    Maigret, seinerseits, war in der Kirche. Der Mesner, den Kerzenlöscher in der Hand, ging von Licht zu Licht. Der Priester zog in der Sakristei sein Meßgewand aus.
    Links und rechts waren die Beichtstühle mit ihren kleinen grünen Vorhängen zur Abschirmung der Beichtenden vor fremden Blicken. Maigret erinnerte sich an die Zeit, als er noch so klein war, daß der Vorhang sein Gesicht nicht verbarg.
    Hinter ihm schloß der Glöckner, den er zunächst nicht gesehen hatte, die Kirchentüre, schob die Riegel vor.
    Da ging der Kommissar unvermittelt durch das Schiff, betrat die Sakristei, wo der Priester sich über sein Erscheinen wunderte.
    »Entschuldigen Sie, Herr Pfarrer! Zuallererst möchte ich Ihnen eine Frage stellen …«
    Das gleichmäßige Gesicht des Priesters war ernst, doch schien es Maigret, daß die Augen fiebrig glänzten.
    »Heute früh hat sich etwas Seltsames ereignet. Das Meßbuch der Gräfin, das auf ihrem Betstuhl lag, war plötzlich verschwunden und wurde dann unter dem Gewand des Chorknaben wiedergefunden, hier in diesem Raum …«
    Schweigen. Das Geräusch der Schritte des Mesners auf dem Teppich im Chor. Die schweren Schritte des Glöckners, der durch eine Seitentüre wegging.
    »Vier Personen nur sind in der Lage gewesen … Ich bitte um Verzeihung … Der Chorknabe, der Mesner, der Glöckner und …«
    »Ich.«
    Die Stimme tönte gelassen. Das Gesicht des Priesters war nur auf einer Seite durch das flackernde Licht einer Kerze erhellt. Aus einem Weihrauchgefäß stieg eine dünne Rauchspirale zur Decke auf.
    »Haben Sie …?«
    »Ich war es, der das Meßbuch weggenommen und es vorläufig dort hingelegt hat …«
    Die Hostiendose, die Meßkännchen, das zweitönige Glöckchen befanden sich noch am gleichen Platz wie einst, als der kleine Maigret Chorknabe war.
    »Wußten Sie, was das Meßbuch enthielt?«
    »Nein.«
    »In diesem Fall …«
    »Ich muß Sie bitten, mir keine weiteren Fragen zu stellen, Monsieur Maigret. Es geht um das Beichtgeheimnis …«
    Eine unwillkürliche Gedankenverbindung: Der Kommissar erinnerte sich an den Religionsunterricht. Und an die Szene aus den Bilderbogen von Epinal, die ihm in den Sinn gekommen war, als der alte Pfarrer die Geschichte von einem Mönch im Mittelalter erzählt hatte, der sich eher die Zunge hätte ausreißen lassen als das Beichtgeheimnis zu verraten. Jetzt noch, nach fün f unddreißig Jahren, war dieses Bild in seinem Kopf so deutlich wie einst.
    »Sie kennen den Mörder …«, murmelte er dennoch.
    »Gott kennt ihn … Entschuldigen Sie mich … Ich muß einen Krankenbesuch machen …«
    Sie gingen durch den Pfarrgarten hinaus. Von dort mündete eine kleine Gittertüre auf die Straße. Drüben kamen Leute aus dem Schloß, blieben in einiger Entfernung beisammen stehen, um über das Geschehene zu reden.
    »Meinen Sie nicht, Herr Pfarrer, daß Ihr Platz eigentlich …«
    In diesem Moment stießen sie auf den Dorfarzt, der in sein Bärtchen brummte:
    »Sagen Sie mal, Pfarrer! Finden Sie nicht, daß sich das dort langsam zu einem Rummel auswächst? Man sollte hin und Ordnung schaffen, und sei es nur, um das Sit t lichkeitsgefühl der Bauern zu schonen! … Ah, Sie sind auch da, Kommissar! … Na, Sie haben etwas Hübsches angerichtet! … Zur Stunde beschuldigt das halbe Dorf den jungen Grafen des … Besonders seit der Ankunft di e ser Frau! … Der Verwalter läuft von Hof zu Hof, um die vierzigtausend Franc aufzutreiben, die nötig sein so l len, um …«
    »Ach, rutscht mir …!«
    Maigret lief davon. Es ging ihm zu sehr zu Herzen. Jetzt schrieb man gar ihm die Schuld an dem ganzen Durcheinander zu. Wo hatte er etwas falsch gemacht? Was hatte er überhaupt gemacht? Er, der alles darum gegeben hätte, das Geschehen in einer würdigeren Atmosphäre ablaufen zu lassen!
    Er marschierte mit großen Schritten zum Gasthaus, das halb voll war. Beim Eintreten schnappte er einen Satzbrocken auf:
    »Es heißt, er kommt ins Gefängnis, wenn man sie nicht zusammenbringt …«
    Marie Tatin bot ein Bild der Trostlosigkeit. Sie lief hin und her, hurtig, aber wie eine Alte trippelnd, obwohl sie nicht älter war als vierzig.
    »Ist die Limonade für Sie? … Wer hat die zwei Glas Bier bestellt?«
    Jean

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