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Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Maigret und die Affäre Saint Fiacre

Titel: Maigret und die Affäre Saint Fiacre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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…«
    »Möchten Sie, daß wir hinausgehen?«
    Der Priester und der Chorknabe waren in der Sakristei verschwunden, und der Mesner löschte die Kerzen, die für diese stille Messe genügt hatten.
    Draußen war der Himmel schon heller. Das Weiß der nahen Häuser hob sich vom Dämmerlicht ab. Das gelbe Auto stand da, zwischen den Bäumen des Platzes.
    Das Unbehagen Saint-Fiacres war offensichtlich. Er musterte Maigret mit einigem Erstaunen, vielleicht ve r wundert, ihn unrasiert zu sehen, ohne Kragen unter dem Mantel.
    »Sie sind sehr früh aufgestanden …!« murmelte der Kommissar.
    »Der erste Schnellzug geht um sieben Uhr drei von Moulins ab …«
    »Das verstehe ich nicht! Sie haben nicht die Bahn genommen, denn …«
    »Sie vergessen Marie Vassilew …«
    Es war ganz einfach und natürlich! Die Anwesenheit von Maurices Mätresse konnte im Schloß nur genierlich sein. Deshalb brachte er sie im Auto nach Moulins, set z te sie in den Zug nach Paris und war auf dem Rückweg in die erleuchtete Kirche getreten.
    Ganz befriedigt war Maigret trotzdem nicht. Er versuchte, den beklommenen Blicken des Grafen zu folgen, der etwas zu erwarten oder zu befürchten schien.
    »Sie wirkt nicht besonders umgänglich!« bemerkte der Kommissar.
    »Sie hat bessere Tage gekannt. Darum ist sie sehr empfindlich … Der Gedanke, daß ich unsere Liaison lieber verheimlichen möchte …«
    »Wie lang dauert die schon?«
    »Etwas weniger als ein Jahr … Marie kann nicht mit Geld umgehen … Es gab peinliche Situationen …«
    Sein Blick hatte plötzlich ein Ziel gefunden. Maigret folgte ihm und gewahrte hinter sich den Pfarrer, der s o eben aus der Kirche getreten war. Es schien ihm, als tr ä fen sich die Augen der beiden, als benähme sich der Priester ebenso befangen wie der Graf Saint-Fiacre.
    Der Kommissar setzte zum Reden an. Doch schon rief der Priester mit ungeschickter Eile den beiden Männern einen recht kurzen Gruß zu und eilte ins Pfarrhaus, wie auf der Flucht.
    »Er sieht nicht aus wie ein Landpfarrer …«
    Maurice erwiderte nichts. Durch das erhellte Fenster sah man den Priester sich zum Frühstück hinsetzen und die Haushälterin, die ihm eine dampfende Kaffeekanne brachte.
    Buben, den Schulranzen auf dem Rücken, machten sich auf den Weg zur Schule. Der Wasserspiegel des N o tre-Dame-Teichs bekam einen silbernen Schimmer.
    »Was haben Sie angeordnet für …«, setzte Maigret an.
    Und sein Gegenüber, allzu hastig:
    »Für was?«
    »Für die Trauerfeierlichkeiten … Hat heute nacht jemand im Sterbezimmer gewacht?«
    »Nein! Es wurde in Betracht gezogen, aber Gautier hat behauptet, es sei nicht mehr üblich …«
    Man vernahm das Geknatter eines Zweitaktmotors im Schloßhof. Wenige Augenblicke später fuhr auf der Straße nach Moulins ein Motorrad vorbei, und Maigret erkannte Gautiers Sohn, den er am Vortag bemerkt ha t te. Er trug einen beigen Regenmantel und eine kleink a rierte Mütze.
    Maurice de Saint-Fiacre wußte nicht, was er tun sollte. Er traute sich nicht, wieder in seinen Wagen zu ste i gen. Und er hatte dem Kommissar nichts zu sagen.
    »Ist es Gautier gelungen, die vierzigtausend Franc au f zutreiben?«
    »Nein … Ja … das heißt …«
    Maigret betrachtete ihn verwundert, überrascht, ihn derart in Verwirrung geraten zu sehen.
    »Hat er sie aufgetrieben, ja oder nein? Ich bekam gestern den Eindruck, daß er sich sperrte. Denn trotz a l lem, trotz der Hypotheken und Schulden, sollte eine Verwertung viel mehr ergeben als diesen Betrag …«
    Stille! Maurice gab keine Antwort! Er sah ganz aufg e wühlt aus, ohne ersichtlichen Grund. Und der Satz, den er schließlich hervorbrachte, hatte keinerlei Bezug zum vorangegangenen Gespräch.
    »Sagen Sie mir offen, Kommissar … Verdächtigen Sie mich?«
    »Wessen?«
    »Das ist doch klar … Ich will wissen …«
    »Ich habe nicht mehr Grund, Sie zu verdächtigen als sonst jemanden …«, erwiderte Maigret ausweichend.
    Und sein Gegenüber griff diese Versicherung unbesehen auf.
    »Danke! … Nun, das muß man den Leuten mitteilen … Verstehen Sie? … Sonst ist meine Lage unhaltbar …«
    »Bei welcher Bank soll Ihr Scheck präsentiert werden?«
    »Beim Comptoir d’Escompte …«
    Eine Frau war zum Waschhaus unterwegs; sie schob einen Schubkarren mit zwei Wäschekörben vor sich her. Der Pfarrer ging in seiner Stube auf und ab und las in seinem Brevier, doch der Kommissar hatte den Ei n druck, daß er immer wieder ängstlich zu ihnen hinüberblickte.
    »Ich komme

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