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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Aber das ist noch nicht alles – die beiden Männer haben von einer gewissen Gräfin gesprochen, und der eine hat vorgeschlagen, sie umzubringen. Als sie hinausgegangen sind, will Arlette den einen von hinten genau gesehen haben. Es war, wie sie gesagt hat, ein Mann in mittleren Jahren, klein, mit breiten Schultern und grauem Haar. Und aus der Unterhaltung hat sie den Namen Oskar herausgehört, der sich auf ihn zu beziehen schien.«
    »Aber ich hätte doch auch hören müssen…«
    »Ich war schon bei Fred und seiner Frau. Sie behauptete ebenfalls, daß an dem Tisch 4 in der ganzen Nacht niemand gesessen hat und daß auch auf keinen ihrer Gäste die von Arlette gegebene Beschreibung zutrifft. Arlette hat also etwas gewußt. Sie wollte nur nicht oder konnte nicht sagen, woher. Sie war betrunken, wie du ja auch gesagt hast. Und sie hat gedacht, man würde doch nicht überprüfen können, wo die Gäste im Laufe der Nacht gesessen hatten. Kannst du mir folgen?«
    »Ja. Aber wie ist sie auf den Namen Oskar gekommen? Und warum hat sie ihn angegeben?«
    »Das ist es ja gerade. Man hat sie nicht nach ihm gefragt. Das war auch gar nicht notwendig. Sie muß also einen besonderen Grund gehabt haben, daß sie ihn trotzdem genannt hat. Und dieser Grund kann nur sein, daß sie uns auf eine bestimmte Spur bringen wollte. Aber das ist noch nicht alles. Auf dem Revier hat sie mit großer Bestimmtheit ausgesagt. Nachdem sie jedoch ihren Rausch ausgeschlafen hatte und hierhergebracht wurde, hat sie sich viel zurückhaltender gezeigt, und Lucas hatte den Eindruck, sie hätte am liebsten ihre ganze Aussage zurückgenommen. Nun, jetzt wissen wir jedenfalls, daß das alles nicht aus der Luft gegriffen war.«
    »Davon bin ich fest überzeugt.«
    »Sie ist dann nach Hause gegangen, wo sich jemand in ihrem Kleiderschrank im Schlafzimmer versteckt hatte, der sie dann erdrosselt hat. Es war also jemand, der sie sehr gut kannte, der genau in ihrer Wohnung Bescheid wußte und wahrscheinlich sogar einen Schlüssel besaß.«
    »Und die Gräfin?«
    »Bisher wissen wir noch nichts von ihr. Entweder ist sie nicht ermordet worden, oder man hat ihre Leiche noch nicht aufgefunden, was ebensogut möglich ist. Hat sie dir nie etwas von einer Gräfin gesagt?«
    »Nie.«
    Lapointe starrte eine Weile vor sich hin und sagte dann mit völlig veränderter Stimme:
    »Glauben Sie, daß sie viel gelitten hat?«
    »Kaum. Der Täter muß Bärenkräfte gehabt haben, und sie hat sich nicht einmal gewehrt.«
    »Liegt sie noch in ihrer Wohnung?«
    »Sie ist eben ins Gerichtsärztliche Institut gebracht worden.«
    »Darf ich sie mir dort ansehen?«
    »Aber erst, wenn du gegessen hast.«
    »Und was soll ich dann tun?«
    »Du gehst in ihre Wohnung in der Rue Notre-Dame-de-Lorette und läßt dir von Janvier den Schlüssel geben. Wir haben die Zimmer zwar schon gründlich durchsucht, aber vielleicht entdeckst du doch noch etwas, was wir nicht beachtet haben und was uns einen Fingerzeig geben kann. Du hast sie ja gekannt.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte er fast ergriffen und fest davon überzeugt, daß Maigret ihm diesen Auftrag nur gegeben hatte, um ihm eine Freude zu machen.
    Absichtlich erwähnte der Kommissar mit keinem Wort die Fotografien, die auf seinem Schreibtisch lagen und deren Ecken unter einer Akte hervorlugten. Man meldete ihm, daß fünf oder sechs Journalisten im Flur auf ihn warteten, die dringend nähere Auskünfte von ihm haben wollten. Er ließ sie eintreten, erzählte ihnen nur einen Teil der Geschichte, gab aber jedem eines der Fotos, auf denen Arlette in ihrem schwarzen Seidenkleid zu sehen war.
    »Schreiben Sie doch bitte auch«, sagte er, »daß wir einer gewissen Jeanne Leleu – die hier unter einem falschen Namen leben muß – sehr dankbar wären, wenn sie sich bei uns melden würde. Wir sichern ihr absolute Diskretion zu, und es liegt uns völlig fern, ihr irgendwelche Schwierigkeiten in den Weg zu legen.«
     
     
    Er aß erst spät zu Hause zu Mittag und fuhr dann gleich wieder zum Quai des Orfevres zurück, wo er sich in die Akte Alfonsi vertiefte. Paris machte in dem immer noch anhaltenden Regen einen gespenstischen Eindruck, und die Leute auf der Straße erinnerten einen an Fische, die verzweifelt einen Weg aus dem Aquarium suchen.
    Obwohl die Akte des Picratt-Wirts ziemlich umfangreich war, enthielt sie doch nur wenig Wesentliches. Mit zwanzig Jahren hatte Alfonsi im Afrika-Bataillon gedient, wohl vor allem, um eine Prostituierte am Boulevard

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