Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret und Monsieur Charles

Maigret und Monsieur Charles

Titel: Maigret und Monsieur Charles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
Hause.«
    »Machte er damals schon diese Eskapaden, wie ich es nenne?«
    »Sie sind im Bilde? Schon als Student fühlte er sich immer stark von den Frauen und von der Atmosphäre in den Nachtclubs angezogen... Das ist so geblieben, aber es hat gewiss nichts Krankhaftes an sich, und das Wort Eskapade ist in diesem Fall nicht angebracht.«
    »Ich benutzte es, weil mir kein anderes eingefallen ist...«
    »Er hat mir, was dieses Thema betrifft, bei unseren gemeinsamen Diners nichts anvertraut, aber ich denke, dass er nie aufgehört hat, wie ein Junggeselle auszugehen, wenn ich so sagen darf...«
    »Kennen Sie seine Frau gut?«
    »Ich habe sie ungefähr zehnmal gesehen...«
    »Wissen Sie, wo er sie kennengelernt hat?«
    »Über dieses Thema schweigt er sich aus... Ich glaube nicht, dass sie aus der gleichen Art von Familie stammt wie er... Ich weiß nur, dass sie wohl irgendwann mal Sekretärin war, bei einem Anwalt, glaube ich...«
    »Das stimmt. Welchen Eindruck hat sie auf Sie gemacht?«
    »Sie hat kaum mit mir gesprochen. Bei unseren gemeinsamen Diners zeigte sie sich mürrisch oder aggressiv und manchmal verließ sie mit einer gemurmelten Entschuldigung den Tisch...«
    »Glauben Sie, dass sie seelisch gesund ist?«
    »Das ist nicht mein Fachgebiet. Ich bin Chirurg, kein Psychiater. Vor allem trank sie viel, glaube ich...«
    »Sie trinkt immer mehr. Sie war auch betrunken, als sie zum Quai des Orfevres kam, um mir das Verschwinden ihres Mannes zu melden...«
    »Wann war das?«
    »Vorgestern.«
    »Und im Februar ist er verschwunden?«
    »Ja. Sie hat über einen Monat abgewartet. Nach einer Woche riet ihr der Kanzleileiter, sich an die Polizei zu wenden, und sie gab ihm zur Antwort, das ginge nur sie allein etwas an...«
    »Das ist merkwürdig.«
    »Vor allem ist es beunruhigend.«
    Der Arzt zündete sich mit einem goldenen Feuerzeug eine Zigarette an und sagte zum Kommissar:
    »Sie dürfen ruhig Ihre Pfeife rauchen... Ihre Fragen bringen mich in Verwirrung. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Gerard ein prächtiger Kerl war und es wohl immer noch ist. Als ich ihn kennenlernte, war er auch das, was man heute einen Playboy nennt. Er schwärmte für Sportwagen und war gern überall dort, wo man sich amüsierte. In den Vorlesungen war er nur selten zu sehen, hat man mir erzählt, was ihn nicht daran hinderte, seine Prüfungen mit größter Leichtigkeit zu absolvieren. Ob er sich verändert hat, weiß ich nicht...«
    »Genau so hat man ihn mir beschrieben. Anscheinend hat er aus einer Laune heraus geheiratet und bald gemerkt, dass es eine Dummheit war...«
    »Das glaube ich auch... Seiner Frau wegen tat sich um ihn die Leere auf... Eine von Nathalies üblen Gewohnheiten war es, ihn vor seinen Freunden zu demütigen... Ich habe nie gehört, dass er darauf etwas entgegnet hat... Er plauderte weiter, als ob nichts wäre...«
    »Dann hat er mit ihr zusammengelebt, als existiere sie gar nicht... Glauben Sie, dass er darunter gelitten hat?«
    »Es ist schwierig, Leute zu beurteilen, die immer einen Scherz auf den Lippen haben... Natürlich führte er kein normales Leben... Ich habe Verständnis für die kleinen Seitensprünge, die er sich genehmigte... Dass er schon seit einem Monat weg ist, ist eine ernstere Sache... Hat er sich nicht einmal mit seiner Kanzlei in Verbindung gesetzt?«
    »Sonst pflegte er das zu tun. Diesmal hat er sich keine Gedanken gemacht, ob er vielleicht benötigt wird...«
    »Seine Frau scheint Ihnen sehr zu denken zu geben ...«
    »Sie lebte in derselben Wohnung, und es hat zweifellos eine Zeit gegeben, wo sie von Liebe sprachen...«
    »Armer alter Gerard...«
    Der Arzt erhob sich.
    »Ich bitte Sie um Verzeihung, aber meine Pflichten rufen mich... Ach ja, wir hatten einen gemeinsamen Freund, der Psychiater geworden ist und eine Praxis in der Sainte-Anne-Klinik hat... Doktor Amadieu, er wohnt im Quartier Latin... Sie finden seine Adresse im Telefonbuch... Er ist auch ein paarmal zum Diner am Boulevard Saint-Germain gewesen.«
    Er brachte sie bis zur Tür, wo sie der Butler mit ihren Mänteln über dem Arm erwartete.
    »Zehn nach zwölf...«, sagte Maigret, als sie wieder in dem kleinen Wagen saßen. »Jetzt sollte man nur wissen, ob Doktor Amadieu zum Mittagessen nach Hause kommt...«
    Sie riefen bei ihm an und nutzten die Gelegenheit, einen Aperitif zu trinken; diesmal wählte Maigret von sich aus einen Pastis.
    »Für mich das gleiche«, murmelte Lapointe.
    Amadieu war zu Hause. In dieser Woche trat er seinen

Weitere Kostenlose Bücher