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Maigret und Monsieur Charles

Maigret und Monsieur Charles

Titel: Maigret und Monsieur Charles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Ihnen von ihr erzählt?«
    »Das spielt keine Rolle. Ich habe eine ausgezeichnete Fotografie von Ihnen und Gerard, wie Sie Champagner schlürfen... Das war vor Ihrer Hochzeit...«
    Sie blieb reglos, in Abwehrhaltung.
    »Sie sind nie Sekretärin gewesen. Sie haben unter anderem in einem drittklassigen Nachtlokal in Nizza gearbeitet, und dort mussten Sie mit den Klienten auch nach oben gehen...«
    »Sie sind ein Ferkel, Kommissar.«
    Und sie trank ihr Glas in einem Zug aus.
    »Jetzt bin ich Madame Sabin-Levesque...«
    Er korrigierte:
    »Verwitwete Sabin-Levesque...«
    Ihr Atem ging stoßweise.
    »Ich verdächtige Sie nicht, Ihren Mann umgebracht zu haben... Bei all Ihrer Energie sind Sie körperlich nicht dazu imstande... Es sei denn, ein Komplize...«
    »Ich bin an jenem Abend nicht einmal aus dem Haus gegangen...«
    »Am 18. Februar?«
    »Ja.«
    »Sie erinnern sich an den Tag?«
    »Sie haben das Datum selbst genannt...«
    »Wer hat Sie heute Morgen angerufen?«
    »Ich weiß von nichts.«
    »Irgendjemand wollte Sie unbedingt sehen und hat Ihnen gesagt, es sei unerlässlich...«
    »Wahrscheinlich hat sich jemand verwählt...«
    »Sie haben aufgelegt, weil Sie den Verdacht hatten, dass Ihr Telefon abgehört wird, aber Sie sind wie zufällig heute Nachmittag ausgegangen... Sie haben nicht das Haustor benutzt, sondern das Gartentürchen... Apropos, wer von Ihnen hatte den Schlüssel dazu?«
    »Ich.«
    »Warum?« »Weil er nie in den Garten ging, ich dagegen sitze im Sommer hin und wieder dort unten. Ich hatte den Schlüssel in einem Mauerloch versteckt.«
    »Und benutzten Sie ihn auch?«
    »Um mir gegenüber Zigaretten holen zu gehen, ja... Oder auch um am Tresen ein Gläschen zu trinken... Man wird Ihnen davon erzählen... Ich bin doch die Säuferin hier im Viertel, nicht wahr?«
    »Wohin sind Sie heute Nachmittag gegangen?«
    »Ich bin herumgelaufen.«
    »Und wo haben Sie haltgemacht?«
    »Weiß ich nicht. Vielleicht in einer Bar.«
    »Nein.«
    Sie taumelte, und jetzt hatte er doch Mitleid mit ihr. Er stand auf.
    »Ich rufe Ihre Zofe, und die wird Sie ins Bett bringen ...«
    »Ich will nicht ins Bett...«
    Sie schien Angst davor zu haben. Sie lebte in einem Alptraum, den niemand zu durchdringen vermochte.
    »Ich schicke sie Ihnen trotzdem...«
    »Nein... Bleiben Sie hier. Mir ist es noch lieber, wenn Sie selbst hier bleiben... Sind Sie nicht auch so etwas wie ein Arzt?«
    »Nein...«
    »Geben Sie mir Ihre Hand...«
    Sie legte sie sich auf die Brust, in der das Herz rasch und heftig pochte.
    »Glauben Sie nicht, dass ich sterben werde?«
    »Nein. Wie heißt Ihr Hausarzt?«
    »Den will ich auch nicht sehen... Er wird mich einsperren lassen... Er ist ein sehr böser Mensch... Ein Freund von Gerard...«
    Er blätterte im Telefonbuch und fand Namen und Nummer des Arztes, der ganz in der Nähe, in der Rue de Lille, wohnte.
    »Hallo... Ist dort Doktor Bloy? Hier Kommissar Maigret... Ich bin bei Madame Sabin-Levesque... Es scheint ihr gar nicht gut zu gehen, und ich denke, sie braucht Ihre Hilfe...«
    »Sind Sie sicher, dass sie Ihnen nicht etwas vorspielt?«
    »Pflegt sie das zu tun?«
    »Ja. Sofern sie nicht stockbetrunken ist...«
    »Das dürfte heute wohl der Fall sein...«
    »Ich komme sofort.«
    »Er wird mir wieder eine Spritze geben«, jammerte sie. »Er gibt mir immer eine, wenn er kommt... Er ist ein Dummkopf, der sich klüger vorkommt als alle anderen... Gehen Sie nicht fort. Lassen Sie mich nicht mit ihm allein... Er ist ein böser Mensch. Die Welt ist voller böser Menschen, und ich bin ganz allein... Verstehen Sie? Ganz allein...«
    Sie begann zu weinen und ließ die Tränen ungehindert über die Wangen rinnen. Ihre Nase lief.
    »Haben Sie kein Taschentuch?«
    Sie schüttelte den Kopf, und Maigret gab ihr sein eigenes, wie einem kleinen Mädchen.
    »Hindern Sie ihn vor allem daran, dass er mich ins Krankenhaus bringt, dorthin will ich um keinen Preis.«
    Es war unmöglich, ihr das Trinken zu verwehren. Mit einer unerwarteten Bewegung schnappte sie sich das Glas, und einen Augenblick später war es leer.
    Man hörte es an der Haustür klingeln, dann führte Claire einen hochgewachsenen Mann mit athletischen Schultern herein, der, wie Maigret später erfahren sollte, Rugbyspieler war.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte er und drückte dem Kommissar die Hand.
    Gleichgültig blickte er auf Nathalie, die sich nicht rührte und ihn entsetzt anstarrte.
    »Na, dasselbe wie immer? Kommen Sie mit in Ihr

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