Maigret verteidigt sich
Schmuckstücke zusammen, ohne sich um die Passanten oder den Inhaber zu kümmern, die zu überrascht waren, um etwas zu unternehmen. Sie sprangen dann in das Auto, in dem ein Komplice sie erwartete, und verschwanden.
Man hatte weder die Schmuckstücke noch die Täter jemals ausfindig gemacht. Innerhalb von zwei Jahren war es damals zu fast zehn Raubüberfällen der gleichen Art gekommen, bis man schließlich einen der Räuber verhaftete, einen jungen Mann namens Genaro, der noch nicht vorbestraft war. Er hatte standhaft geschwiegen und fünf Jahre Gefängnis bekommen.
Palmari, der immer wohlhabender wurde, verwandelte sein Bistro in eine elegante Bar, dann in ein teures Restaurant.
»Das Geschäft floriert«, antwortete er Maigret nur, wenn dieser ihn mit Unschuldsmiene ausfragte. »Ich habe auch mit den Pferden ganz guten Erfolg.«
Und tatsächlich schloß er sonntags sein Etablissement, um sich, je nach der Jahreszeit, nach Auteuil, Longchamp oder Vincennes zu begeben. Dreimal waren die Juwelenräuber verhaftet worden. Fast alle waren Gäste des ›Clou Doré‹. Keiner hatte etwas ausgeplaudert oder gesagt, wie sie die Ware abzusetzen gedachten.
Zwei, drei, vier Jahre lang geschah nichts. Dann folgten mehrere Juwelendiebstähle nach der gleichen Methode, und immer waren Männer beteiligt, deren Personenbeschreibung sich von jener der früheren Räuber unterschied – als hätte der Chef eine neue Bande zusammengestellt.
»Hören Sie mal, meine Liebe…«
»Schon wieder nennt er mich ›meine Liebe‹. Frag ihn doch mal, ob wir zusammen geschlafen haben.«
»Das genügt! Ich kann mit einem Haftbefehl wiederkommen oder Sie, wenn Ihnen das lieber ist, mitnehmen und in meinem Büro verhören. Kennen Sie eine gewisse Nicole Prieur?«
Sie dachte nach und wandte sich wieder an Manuel.
»Kennst du die? Mir sagt der Name nichts.«
»Ein junges Mädchen, das am Boulevard de Courcelles wohnt, wo sie bei ihrem Onkel lebt, der eine bedeutende Persönlichkeit ist.«
»Kennst du außer dem Kommissar bedeutende Leute, Papa?«
»Sehr gut! Ich werde wiederkommen. Ich möchte euch beiden nur noch dies sagen, und Manuel zumindest wird es verstehen: Es gibt irgendwo in Paris Leute oder eine einzelne Person, die beschlossen haben, sich meiner zu entledigen.«
Aline öffnete den Mund zu einem neuen Scherz, aber ihr Liebhaber bedeutete ihr mit einem strengen Blick, sie solle schweigen. Er war plötzlich interessiert.
»Will man Sie umbringen?«
»Nein. Man zielt auf meine Entlassung, genauer gesagt, auf meine Pensionierung.«
»Das wäre bestimmt für viele ein Glück…«
Aline konnte nicht umhin, mit ihrer schrillen Stimme zu sagen: »Du hast recht. Angefangen mit mir!«
»Fahren Sie fort, Herr Kommissar.«
»Man hat mich durch ein Mädchen in eine Falle locken wollen.«
»Und Sie sind hineingegangen?«
»Nein.«
»Das hätte mich bei Ihnen auch gewundert. Ich erinnere mich, daß ich es seinerzeit auch versucht habe.«
»Das Resultat ist das gleiche. Man hat äußerst raffiniert eine Komödie aufgezogen, damit es so aussah, als wäre ich hinter dieser Person her, um sie zu verführen.«
»Die Nicole Soundso?«
»Ja.«
Maigret blickte Manuel ernster in die Augen.
»Entweder bin ich jemandem sehr lästig, jemandem, dem ich auf der Spur bin und der das ahnt…«
Er machte eine Pause, und Manuel, der ebenfalls ernst geworden war, sagte wieder:
»Fahren Sie fort.«
»Er muß sehr intelligent sein, meine Gewohnheiten und die Methoden der Polizei kennen. Jemand, der spürt, daß man ihn verfolgt, und sich sagt, daß er in Ruhe gelassen wird, wenn er sich meiner entledigt. Erinnert Sie das nicht an jemanden, Manuel?«
Aline schwieg, weil sie merkte, daß sie in dieses Männergespräch nicht mehr eingreifen durfte. Man begab sich jetzt auf ein Gebiet, das über ihren Horizont hinausging.
»Es könnte auch ein Lüstling sein«, begann Manuel.
»Daran habe ich auch gedacht. Ebenso an einen Racheakt. Ich habe die Liste der Affären durchgesehen, mit denen ich mich in der letzten Zeit, ja sogar in den letzten Jahren, befaßt habe. Aber keiner der Betreffenden hatte ein Motiv und die Möglichkeit, den Coup zu landen.«
»Und nun wollen Sie von mir einen Rat hören?«
»Sie wissen sehr genau, daß Ihnen seit einiger Zeit die Polizei auf den Fersen ist.«
»Und daß Sie Aline auf der Straße beschatten lassen. Ich frage mich immer noch, warum.«
»Sie werden es vielleicht eines Tages erfahren.«
»Wenn man Sie
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