Mainfall
Hund vor einigen Tagen am Main gefunden hätte. Kommissar Rotfux rief dazu auf, ihm alles zu melden, was man über den Hund wisse. ›Wer kennt ihn oder wer kennt den Besitzer? Wo wurde er zuletzt gesehen? Welche Personen wurden mit dem Hund gesehen? Wer hat sein Halsband oder seine Leine gefunden?‹ lauteten die Fragen von Kommissar Rotfux und der kleine Paul wurde ganz aufgeregt.
»Nehmen sie dir den Hund wieder weg, wenn er jemandem gehört?«, fragte er. Er war vor lauter Aufregung zum Du übergegangen, und das passte wohl auch besser, jetzt, wo wir sozusagen Hundefreunde waren.
»Falls er jemandem gehört, werde ich ihn wieder abgeben müssen«, sagte ich. Paul und Corinna schauten mich ganz entsetzt an.
»Aber ich glaube nicht, dass sich jemand melden wird«, tröstete ich die beiden, denn ich hatte wirklich das Gefühl, dass Oskar mein eigener Hund war, so sehr, wie er an mir hing.
Gegen Abend besuchten wir Ulrich Brenner in der Klinik. Oskar saß in einer Einkaufstasche und der kleine Paul ging ganz aufgeregt daneben her. Obwohl ich ihm erklärt hatte, dass Hunde nicht in die Klinik dürfen, wollte er seinem Papa unbedingt Oskar zeigen.
»Papa muss ihn sehen«, bettelte er und ich konnte ihm diesen Wunsch nicht abschlagen. Wenn Ulrich sterben muss, hat sein Junge ihm wenigstens noch den Hund zeigen können, dachte ich und war mir sicher, dass dies die richtige Entscheidung war. Isabell und Corinna folgten in einigem Abstand ganz unauffällig.
Paul konnte es gar nicht erwarten, seinen Papa mit dem Hund zu überraschen. Ohne anzuklopfen, riss er die Tür des Krankenzimmers auf und blieb wie angewurzelt stehen.
»Einen Moment noch«, sagte ein Arzt im weißen Kittel. »Wir sind gleich so weit.«
Also mussten wir vor der Tür auf dem Gang warten, was besonders unangenehm war, da die Schwestern bereits das Essen ausfuhren und Oskar unruhig in der Tasche nach oben stieg.
»Er riecht das Essen«, flüsterte ich dem kleinen Paul zu.
»Kann man da nichts machen?«, fragte er.
»Nein, ich werde mit ihm schimpfen und so tun, als ob du gemeint bist. Vielleicht klappt es.«
Ich fuhr also mit meiner Hand in die Tasche, packte Oskar im Genick und sagte: »Jetzt aber brav, mein Junge!« Dabei betonte ich das ›brav‹ besonders, in der Hoffnung, dass Oskar mich richtig verstehen würde. Tatsächlich beruhigte er sich und kauerte eingeschüchtert in der Tasche.
Endlich ging die Tür auf. »Bitte, Sie können jetzt reingehen«, sagte der Arzt.
Ich sah noch, dass Isabell ihn ansprach, wollte aber nicht länger warten, sondern stürmte mit Paul ins Zimmer.
Ulrich lag schwach in seinen Kissen.
»Hallo, mein Junge«, sagte er, als er Paul sah, und versuchte, sich etwas aufzurichten. »Hallo!«, begrüßte er auch mich.
»Schau mal, Papa!«, brach es aus Paul heraus. Er schleppte die Einkaufstasche, die ich vorsichtig am Ende des Bettes abgestellt hatte, zu seinem Vater. Vorsichtig drückte er die Seiten der Tasche auseinander. »Hier, schau!«
Ulrich konnte aber nichts erkennen, da die Tasche immer noch am Boden stand und er nicht über den Rand seines Bettes blicken konnte.
»Ich kann nichts sehen, Paul. Was hast du denn da so Wichtiges?«
Im selben Augenblick öffnete sich die Tür und eine Schwester trug das Tablett mit dem Abendessen herein. Paul drückte die Seitenwände der Tasche schnell wieder zusammen und stellte sich schützend davor.
»Guten Appetit, Herr Brenner«, sagte die hübsche blonde Schwester und war sogleich verschwunden.
»Das war knapp«, seufzte ich erleichtert.
»Was habt ihr denn da für ein Geheimnis in der Tasche?«, fragte Ulrich, der wohl begriffen hatte, dass es etwas Besonderes sein musste.
Der kleine Paul platzte fast vor Begeisterung. Er öffnete die Tasche und versuchte, Oskar herauszunehmen. Etwas unbeholfen war er noch mit dem Hund, aber es gelang ihm, ihn auf den Arm zu nehmen. Wie eine Katze hielt er ihn quer über der Brust und Oskar ließ das zum Glück mit sich machen.
»Da, Papa, schau, das ist Oskar, unser neuer Hund.«
»Ist das wahr?« Ulrich war sprachlos. »Wo habt ihr den denn her?«
Einen kurzen Augenblick schien Ulrich Brenner seine ganze Schwäche wie abgeschüttelt zu haben. »Gib mal her«, sagte er zu Paul, der stolz zu seinem Papa ging und ihm Oskar überreichte. So lag das Tier im nächsten Augenblick im Arm von Ulrich und sah ihn mit großen Augen an. In dem Moment wusste ich, dass es richtig gewesen war, ihm den Dackel zu
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