Mainfall
zeigen.
Inzwischen waren auch Isabell und Corinna im Zimmer.
»Ist der nicht süß?«, sagte Corinna zu ihrem Papa.
»Doch, sehr«, kam die Antwort. »Da habt ihr großes Glück mit unserem Gast.« Ulrich lächelte mich an und ich hatte das Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Allerdings verließ mich dieses Gefühl schon im nächsten Augenblick. Es wurde nämlich die Tür des Krankenzimmers aufgerissen und die blonde Schwester kam herein.
»Kann ich das Tablett mit…«, sagte sie zwar noch, aber dann blieben ihr die Worte im Halse stecken. »Was ist denn das?«, rief sie erstaunt. »Ein Hund im Krankenbett? Das darf ja wohl nicht wahr sein!«
»Schwester Elisabeth«, versuchte Ulrich sie zu besänftigen. Er schien sie zu kennen und lachte sie freundlich an. »So sehen Sie doch, wie süß er ist.« Er hob Oskar in die Höhe und ließ ihn Männchen machen. Oskar bellte zum Glück nicht.
»Natürlich ist er süß. Aber Hund ist Hund.« Die Schwester blieb hart. »Bitte lassen Sie ihn sofort nach draußen bringen, sonst muss ich es der Stationsschwester melden.«
7
Die nächsten Wochen machten mir meine verzweifelte Lage bewusst. Mein letztes Geld hatte ich für Oskar ausgegeben. Ich bemühte mich vergeblich um eine Arbeit. Die Kriminalpolizei kam mit ihren Nachforschungen nicht weiter und auf der Stadtverwaltung war man nicht bereit, mir Papiere auszustellen. Eine Stelle schob der anderen meinen Fall zu. Bald kannte ich alle Ämter der Stadt, und bald kannte ich alle Firmen der Region, aber überall war es das Gleiche: »Wenn Sie keinen Namen und keinen Ausweis haben, können wir Sie leider nicht einstellen.«
Kommissar Rotfux hatte auch über Oskar nichts Bedeutendes herausgefunden. Eine alte Frau, die in der Nähe des Main-Ufers wohnte, wollte gesehen haben, dass er von zwei dunkelhaarigen Typen ins Wasser geworfen worden sei. Doch weder Halsband noch Leine konnten gefunden werden. Es meldete sich auch niemand als Besitzer.
Um etwas Geld zu verdienen, hatte ich mich als Babysitter angeboten, und schnell sprach es sich herum, dass ich gut Geschichten erzählen konnte. Man bestellte mich, wenn man abends in die Frankfurter Oper oder ins Kino gehen wollte und bat mich darum, die Kinder zu unterhalten. Und da alle Kinder schon gehört hatten, dass man mich aus dem Main gefischt hatte, wollten sie unbedingt wissen, wie meine Rettung abgelaufen war und wie ich im Aschaffenburger Schloss im Bett des Kurfürsten übernachtet hatte. So kam es, dass ich bald als König von Aschaffenburg im ganzen Viertel bekannt war. Isabell richtete mir sogar die Homepage › www.koenig-von-aschaffenburg.de ‹ ein und kurz darauf konnte ich mich vor Aufträgen kaum noch retten. Selbst nachmittags wurde ich bestellt, wenn die Aschaffenburgerinnen ihren Stadtbummel unternehmen oder sich zum Kaffee treffen wollten.
Irgendwann im Dezember kam mir Isabell mittags lachend entgegen. Sie war gerade von ihrer Arbeit im Buchladen nach Hause gekommen, hatte den Postkasten geleert und hielt einen Brief in die Höhe.
»Der Oberbürgermeister schreibt dir«, sagte sie ganz aufgeregt und übergab mir den Brief. Tatsächlich: ›An den König von Aschaffenburg‹ war auf dem Umschlag zu lesen. Gespannt riss ich das Kuvert auf, nahm den Brief heraus: Der Oberbürgermeister der Stadt Aschaffenburg, war als Absender eingedruckt.
›Hochverehrter König von Aschaffenburg, bald feiern wir das 400-jährige Jubiläum des Schlosses Johannisburg. Da könnten wir einen König wie Sie gut gebrauchen. Als Oberbürgermeister unserer Stadt würde ich mich sehr freuen, wenn Sie zur Besprechung der Möglichkeiten am kommenden Dienstag um 10 Uhr in mein Büro kommen könnten.
Hochachtungsvoll! Konrad Graf, Oberbürgermeister‹
Der muss Humor haben, dachte ich. Lud mich als König zu sich ein und nannte sich selbst gleich Graf.
»Er heißt wirklich Graf«, belehrte mich Isabell.
»Ist ja lustig«, lachte ich. »Da will der Graf von Aschaffenburg den König von Aschaffenburg sprechen.«
»Na ja, er hat sicher irgendeine Idee für sein 400-jähriges Jubiläum. Vielleicht sollst du im Schloss Geschichten erzählen oder sie wollen dich in der Werbung abbilden«, meinte Isabell.
Sie schien stolz zu sein, dass ich als ihr König von Aschaffenburg zum Oberbürgermeister eingeladen wurde und fing sofort an zu überlegen, was ich anziehen könnte.
»Dein Anzug sieht ja ganz gut aus, der muss nur mal richtig aufgebügelt werden und eine Krawatte
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