Mainfall
Erlebnis.
»Grüß euch«, sagte ich, zog den Reißverschluss meiner Reisetasche auf und überreichte den beiden ihre Plastikgondeln, die ich für sie aus Venedig mitgebracht hatte.
Im Flur stellte ich meine Reisetasche ab, dann ging ich zusammen mit Isabell zu meinem Zimmer, in dem zwei Polizisten bei der Arbeit waren. Sie waren dabei, überall Fingerabdrücke zu nehmen, vor allem an den Türen des Kleiderschranks.
»Wir sind bald fertig«, entschuldigten sie sich, »höchstens noch 30 Minuten.«
Mein Zimmer sah chaotisch aus. Alles lag am Boden zerstreut, sogar meinen dunklen Anzug hatten sie samt Bügel aus dem Schrank gerissen und er lag total zerknittert davor.
»Was die nur gesucht haben?«, dachte ich laut nach.
»Das wüssten wir auch gern«, sagte einer der beiden Beamten.
Isabell erzählte mir, dass sie mit den Kindern nachmittags am Baggersee beim Baden gewesen sei und etwa um halb sechs den Einbruch bemerkt habe, als sie wieder zurückkam.
»Ich habe gleich Kommissar Rotfux angerufen und er war in Windeseile da.«
»Und sonst fehlt nichts im Haus?«, fragte ich.
»Nein, sie waren nur in Ihrem Zimmer, aber was fehlt, wissen wir auch noch nicht«, mischte sich einer der Beamten ein. »Wenn Sie dazu eine Idee hätten, wäre das eine große Hilfe.«
Nachdem die Spurensicherung abgeschlossen war, stellte mir der Kommissar noch einige Fragen. Ob ich irgendetwas Wichtiges im Zimmer versteckt habe, wollte er wissen.
»Nicht, dass ich wüsste«, sagte ich, »weder Geld noch Wertsachen, eigentlich nichts von Bedeutung.«
Rotfux musterte mich kritisch. Er zog die Augenbrauen nach oben und legte seine Stirn in Falten. »Kennen Sie eine Melanie aus Straßburg?«
Mir lief es eiskalt den Rücken herunter. Leugnen war zwecklos. Er hatte bestimmt schon längst den Brief gefunden und wusste Bescheid.
»Sie hat mich mal besucht«, sagte ich leise.
»Und warum wusste ich nichts davon?«, fragte Rotfux vorwurfsvoll.
»Ich dachte, es ist nicht so wichtig«, sagte ich kleinlaut.
»Nicht so wichtig, nicht so wichtig«, brummte Rotfux. »Wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, dass Sie das Denken uns überlassen sollen! Jetzt liegt Melanie in einem Krankenhaus in Straßburg und die Ärzte haben wenig Hoffnung.«
»Sie liegt im Krankenhaus?«, stammelte ich. Ich konnte vor Überraschung kaum sprechen.
»Ja. Sie hatte einen schweren Unfall, wobei wir auch einen Mordversuch nicht ausschließen können. Wir prüfen das gerade.«
Gedanken tanzten in meinem Hirn. Wenn es stimmte, was der Kommissar da gerade gesagt hatte, dann lebte Melanie – jedenfalls noch. Ich war sprachlos.
Schließlich wollte Rotfux wissen, ob ich noch weitere Frauen kannte, über die er nicht informiert war. Ich verneinte, aber vermutlich glaubte er mir nicht.
»Übrigens«, fragte er zum Schluss, »haben Sie in Venedig etwas über sich herausgefunden?«
»Nicht direkt.«
Ich hatte mir vorgenommen, Rotfux nichts zu verraten, doch augenblicklich zögerte ich. Ich war durch das ganze Verhör eingeschüchtert und hatte das Gefühl, dem Kommissar irgendeinen Hinweis geben zu müssen.
»Und indirekt? Nun mal raus mit der Sprache! Wir haben hier nicht unendlich Zeit für Sie«, schimpfte er.
»Eine Wahrsagerin hat mir gesagt, dass ich von einer Insel in Südfrankreich komme und dass ich dort mein Glück finden würde«, sagte ich leise, als ob es ein großes Geheimnis war.
»Eine Wahrsagerin.« Dem Kommissar blieb der Mund offen stehen. Er schnappte förmlich nach Luft. »Eine Wahrsagerin«, wiederholte er mehrmals ungläubig. »Und Namen und Adresse hat sie Ihnen sicher auch gegeben«, fügte er abfällig hinzu.
»Nein, leider nicht«, stammelte ich. »Ich weiß auch nicht, was das bedeuten soll.«
»Und das war alles?«, fragte der Kommissar.
Ich erzählte ihm, dass ich Venedig kannte, dass ich sicher war, dort schon einmal gewesen zu sein, dass mir jedoch sonst nichts Besonderes aufgefallen sei. Zufrieden war er damit nicht, doch er verabschiedete sich und zog mit seiner Mannschaft ab.
Isabell half mir anschließend, mein Zimmer wieder aufzuräumen. Sie bestand darauf, meine Kleidung zu waschen und den Anzug in die Reinigung zu geben. Sie bezog mein Bett neu und gab mir für das Bad frische Handtücher. Den Rollladen an meinem Fenster ließen wir ganz herunter. So blieb zwar das Loch in der Scheibe, aber das Fenster war doch verschlossen. Als alles erledigt war, nahm sie mich in den Arm, um mich zu trösten.
»Es wird schon
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