Make it count - Gefühlsbeben (German Edition)

mir einen solchen Ausgang des Tages nicht vorstellen können. Das Lächeln in meinem Gesicht überrascht mich dabei am meisten – weil es echt ist. Sofort überfällt mich dieses mulmige Gefühl, das sich in Form eines schlechten Gewissens in meinem Herzen festkrallt.
     
    Mein Zimmer sieht noch immer genauso aus wie früher, als ich hier jeden Tag meines Lebens verbracht habe. Filmposter an den Wänden, die wir aus dem Kino mitgenommen haben, erinnerten uns an die Leinwandhelden, die große Abenteuer erleben durften, während wir am Pier oder an den Eisenbahngleisen den Geschmack von Freiheit suchten. Bücher, die mich durch das letzte Jahr der Highschool geführt haben. Notizen zu meinen Prüfungen, Fotos von Freunden … eigentlich nur von Simon. Wir hingen immer zusammen rum, da war kein Platz für eine große Clique.
    Ich lasse mich erschöpft auf mein frisch bezogenes Bett fallen und schließe einen Moment die Augen. Meine Trips nach Hause sind selten gewöhnlich, aber so verrückt wie dieses Mal war es noch nie. Jared Parker in Oceanside zu wissen, setzt ein Kribbeln in mir frei, das sich wie eine Schmetterlingsarmee sofort ausbreitet. Dieses Gefühl macht mir ein wenig Angst, weil es zu laut ist, um ignoriert zu werden. Bei den letzten Männern, mit denen ich zusammen war, habe ich klare Grenzen gezogen. Eigentlich waren es nur zwei: Billy, der mit meiner Verschlossenheit nicht zurechtkam und schnell das Weite gesucht hat; und dann Jimmy, mit dem ich eine kleine Weile im letzten Highschool-Jahr zusammen war. Allerdings hat er sich für ein College an der Westküste entschieden, und uns wurde schnell klar, dass das nicht gut gehen konnte. Sonst gab es keine Männergeschichten, von denen ich erzählen könnte. Flirten ja, ab und zu ein paar Küsse, aber nicht mehr. Zu groß war mir das Risiko, dass ich mich verlieben könnte. Obwohl die Männerauswahl, selbst in einer Stadt wie Boston, nicht gerade beeindruckend ist. Auf dem Campus gibt es die üblichen klischeebeladenen Jungs aus reichem Elternhaus, die nur saufen und Weiber im Kopf haben. Dann die Nerds, die ihre Nase kaum mal aus den Büchern nehmen oder nie vom Computer aufschauen. Abends trifft man auf Typen, die zu viel Zeit im Fitness-Studio verbringen, mehr auf ihren Sixpack als auf alles andere achten, und die ihren Oberkörper mit Tattoos übersäen lassen, weil sie dem seltsamen Glauben verfallen sind, wir Frauen würden alleine davon schon ein feuchtes Höschen davontragen. Und zwischen all diesen Idioten gibt es Jared Parker, über den man so gut wie nichts in Erfahrung bringen kann, und über den sich so einige Gerüchte ranken. Das zumindest haben wir gemeinsam. Einmal habe ich gehört, wie ein Mädchen behauptete, er hätte irgendwo in Florida einen Sohn mit einer Frau, die er kaum kennt. Jungs behaupten, er hätte seinen Mustang bei einem Autorennen einem reichen Typen aus New York abgenommen. Claire hat mal gehört, dass er im Gefängnis war. Was davon wahr und was pure Erfindung ist, lässt sich nicht feststellen, weil ihn nie jemand darauf angesprochen hat. Ob er all diese Gerüchte um seine Person überhaupt kennt, weiß ich nicht. Freunde hat er ganz offenbar nicht. Das hat er sogar selber gesagt.
    Ich drehe mich auf die Seite und starre zu dem Fenster, durch das ich ein Stück Himmel sehen kann. Jared Parker ist ein Buch voller Geheimnisse und Gerüchte. Wenn uns jemand zusammen gesehen hat oder es sich rumspricht, dass wir zusammen Boston verlassen haben, dann wird mich bestimmt eine sehr aufgeregte Claire im Wohnheim erwarten. Sie weiß, dass ich nach Oceanside gefahren bin. Ich behaupte immer, ich müsse meinen Eltern helfen; dafür hat sie Verständnis und fragt inzwischen auch nicht mehr nach. Von all den ätzenden Gerüchten und fiesen Lügengeschichten, die es über mich gibt, gefällt mir die über Jared und mich noch am besten. Vor allem Sarahs Gesicht, wenn sie erfahren wird, dass Jared mich in seinem Auto mitgenommen hat. Es wird sie umbringen, denn bisher gehört ihr alleine das Gerücht, eine heiße Nacht mit ihm verbracht zu haben. Zumindest am Campus. Leider handelt es sich dabei nicht nur um ein Gerücht. Ich selber habe ihn aus ihrem Zimmer kommen sehen. Wieso diese Erinnerung einen Stich in meiner Herzgegend hinterlässt, will ich gar nicht genau ergründen.
    Mein Blick fällt auf die Uhr neben meinem Bett. So langsam sollte ich mich fertig machen. Nach diesem Tag wäre eine Dusche genau das Richtige. Zum Glück habe