Make Me Gluecklich
meiner Mutter breitete sich das gleiche ausufernde Lächeln aus wie vorhin bei Lucy-Lee.
» Das ist meine Tochter! Du wirst das wuppen , Schätzchen, da wirst du selbst staunen, das sag ich dir! Lass uns gleich loslegen; ich muss nämlich auch noch packen! Wolltest du eigentlich was trinken? Ich freu mich; du wirst sehen, das wird wunderbar ! Und du wirst so eine gute Figur machen vor der Kamera, endlich kannst du mal . . .«
»Was? Vor der . . .?«
»Aber ja! Du brauchst bloß zum Friseur zu gehen, weiter nichts! Du wirst umwerfend aussehen; bei dir habe ich das Gefühl, dass deine guten Seiten erst vor der Kamera zur Geltung kommen, ganz sicher! Du brauchst dir nicht die geringsten Gedanken zu machen . . .«
Sie schickte mich zum Friseur! Ich knirschte unwillkürlich mit den Zähnen. Gerade mal dreißig Sekunden hatte es gedauert, das Verbundenheitsgefühl mit meiner Mutter.
»Davon war nie die Rede! Ich bin nicht der Typ dafür, vor einer Kamera herumzuhampeln . . .« Ganz im Gegensatz zu dir, hätte ich am liebsten hinzugefügt.
»Aber Noralein, das macht heutzutage doch jeder! Warum solltest du das nicht können! Wer hat früher immer erzählt, er wollte Moderator werden?! Du hast . . .«
»Das sagen alle Kinder . . .«
»Jedenfalls führt kein Weg daran vorbei! Aber die Redakteurin ist supernett, eine ganz . . . Nette, und du sprichst einfach mit ihr ab, was du sagst; es muss ja nicht so viel sein! Also schau her, hier hab ich eine Liste vom Team – alles ganz süße Leute . . .«
Und sie breitete den Stapel Papier auf ihrem Schreibtischfächerförmig vor mir aus. Es waren Flugtickets, Reisetipps, Verträge und Kundenakten – alles war akribisch vorbereitet, in Folien gehüllt und bereit zur Übernahme.
Während ich mit der Vorstellung haderte, vor laufender Kamera vernünftige Sätze von mir zu geben und dabei auch noch gut auszusehen, erklärte meine Mutter zu jedem einzelnen Stück Papier, um was es sich handelte, was man damit machen konnte und warum man es auf gar keinen Fall verlieren sollte. Sie hörte sich einfach gerne reden.
Während sie sich in Einzelheiten über Denise und Brigitte Westerweg verlor, schweiften meine Gedanken ab.
Meine Mutter und ihre Klienten . . . davon hatte ich schon als Kind für ein ganzes Leben genug gehabt. Wenn ich nur an die Leute denke, die jahrelang immer bei uns auf dem Sofa hockten! Zum Beispiel diese mittelalterliche Dame, der es tatsächlich gelang, jedes einzelne ihrer zahlreichen dates mit von meiner Mutter herbeigeschafften Männern zu verhunzen, und die danach immer jammernd bei uns auftauchte . . . Das war zu der Zeit, als meine Mutter kein separates Büro hatte. Damals erzählte sie ihren Kunden immer, das sei Absicht, von wegen persönlicher Bindung und so.
Oder Herr Krombecker (dass ich den Namen noch weiß, sagt ja genug). Herrn Krombecker gelang das Kunststück, beschissen auszusehen und trotzdem irgendwie auf Frauen zu wirken. Meine Mutter vermittelte ihm eine Menge Kontakte. Doch anstatt sich mit denen zu beschäftigen, machte er monatelang Eliane Tessner den Hof! Und die tat so, als bemerke sie es nicht. Diesem Schauspiel beinahe täglich beizuwohnen ist für eine Zwölfjährige nicht besonders prickelnd . . . (So weit ich weiß, hat meine Mutter sich nie für einen von den Typen interessiert, die in ihrer Agentur vorstellig geworden sind. Das spricht ja auch Bände, oder?)
». . . und achte immer auf die Folie!« Meine Mutter wedelte mit einer Overheadfolie vor meiner Nase herum.
Ach, diese Dinger. Die Folien waren eine Erfindung, auf die sie schwor: Nach einem bestimmten Punktesystem trug sie die Vorlieben des Kunden ein und erhielt dann eine Art bunter Kurve. Legte sie dann die Folie eines möglichen Partners darauf, sah sie auf den ersten Blick die Übereinstimmungen. Im Idealfall verliefen die beiden Kurven deckungsgleich . . . Ich fand das irgendwie lächerlich, hatte aber Diskussionen darüber schon längst aufgegeben.
». . . das hier ist die von Denise, gib ihr keinen Mann unter sechzig Prozent Übereinstimmung, okay?!«
»Wieso geb ich ihr welche?«, fragte ich alarmiert. »Ich denke, das ist alles geklärt?!«
»Ist es ja auch – aber vielleicht willst du ihr ja auch selbst noch einen aussuchen!«
»Bestimmt nicht!«
Meine Mutter wechselte abrupt das Thema.
»Und hier stehen die Nummern von allen hier in Berlin. Du musst sie anrufen und dich vorstellen, Schätzchen! Vielleicht wär’s sogar ganz gut, wenn du dich hier
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