Make Me Gluecklich
hatte zusammenkratzen können.
Er schnappte noch lauter nach Luft als bei unserem ersten Gespräch, fluchte deutlicher und blätterte so wild in irgendwelchen Papieren, dass ich es hören konnte. Er berichtete mir von seinen Fortschritten (die ich irgendwie unbefriedigend fand) und sprach kurz mit dem Chief, aber nichts davon hatte den Effekt, dass ich umgehend freigelassen wurde.
Mit Jamies Beteuerungen im Ohr, dass er alle Hebel in Bewegung setzen würde, eine Nachtschicht einschieben und nichts unversucht lassen würde, betrat ich zehn Minuten später einen kahlen, aber sauberen Raum, in dem ein schmales Feldbett, ein Tisch und ein Stuhl standen. An der Wand hing absurderweise ein Bild des amerikanischen Präsidenten. Ich legte mich hin, plötzlich erschöpft, und starrte das Bild an. Je länger ich hinsah, desto mehr glich er Max Brannigan. Ich bedachte den Präsidenten mit einem bitterbösen Blick. Aber ich wusste gleichzeitig, mein Zorn würde mir helfen, diese Nacht und auch alles andere, was später auf mich zukommen sollte, zu überstehen.
Es wurde eine der längsten Nächte meines Lebens. Das Feldbett war schmal und unbequem, der Geruch des Burgers und der Pommes, die sie mir abends noch gebracht hatten, aufdringlich und fett. Durch das kleine Fenster geisterten ununterbrochen die ruhelosen Lichter startender und landender Flugzeuge, und bis in die frühen Morgenstunden sang irgendjemand – weit entfernt, aber ausdauernd – monotone Klagelieder auf Kisuaheli oder Javanesisch. Ich warf mich stundenlang auf der durchgelegenen Matratze herum und malte mir, je länger die Nacht dauerte, immer schlimmere Dinge aus: Tage, Wochen, ja Monate festgehalten, meine Mutter im afrikanischen Busch vermisst, kein Geld auf irgendeinem Firmenkonto, ein ewiges Zaudern von Sven, bevor er seinen Bausparvertrag auflöste, mein Leben zerstört, von irgend so einem miesen, widerlichen Kotzbrocken…
Irgendwann am frühen Morgen ging die Tür auf. Zu meiner großen Erleichterung war es mein Anwalt, und ich war so froh, ihn zu sehen, dass ich auf ihn zustürzte und ihm um den Hals fiel, und Jamie schwankte zwischen Verlegenheit und Freude.
»Nora!«, stieß er hervor, »alles in Ordnung? Geht es Ihnen gut? Ich habe gearbeitet und …«
»Das will ich aber auch hoffen«, sagte ich und ließ ihn los. »Gibt es irgendetwas Neues? Haben Sie etwas aus Berlin gehört oder aus Afrika oder von der deutschen Botschaft? Hat irgendjemand Geld für mich aufgetrieben?«
»Ja, nein, teilweise… ich habe Chief Mahoney hergebeten, ich werde ihm die Leviten lesen, wir können…« Er nestelte in seiner Aktentasche herum, ohne den Satz zu beenden.
Ich fand, das klang nicht besonders gut. »Aber es kann doch nicht sein, dass sich niemand gemeldet hat! Ich fasse es nicht! Wollen Sie mir damit sagen, dass ich…«
Wieder öffnete sich die Tür meiner Zelle, und der Chief in Begleitung eines uniformierten Beamten trat ein. Er begrüßte mich freundlich und fragte besorgt, ob es mir nicht geschmeckt habe.
»Ich habe keinen Bissen gegessen und werde das auch nicht tun – aus Protest! Ich werde mir das nicht gefallen lassen – ich weiß gar nicht, warum ich bisher so friedlich geblieben bin…«
»Miss Tessner…«
»Chief Mahoney, ich bin Miss Tessners Anwalt…«
»Ich weiß, Mr. …«
»Glitz. Von der Kanzlei Merwanian, Kurtz & Grushkin – bittesehr, meine Karte. Chief Mahoney, ich fordere Sie auf, meine Mandantin Miss Nora Tessner unverzüglich und auf der Stelle freizulassen, andernfalls werden wir uns gerichtliche Schritte gegen Sie persönlich, Mr. Max Brannigan sowie den Bundesstaat New York vorbehalten, des Weiteren Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen wegen erlittener Unbill und falscher Beschuldigung in Höhe von mindestens 500.000 Dollar – ich betone: mindestens . Mit einem einigermaßen vernünftigen Richter kriegen wir eine Million.«
Wir sahen ihn an, mehr oder weniger sprachlos. Jamie sonnte sich in seinem Überraschungserfolg und fuhr dann fort: »Die von Ihnen zu Unrecht Festgehaltene, Chief Mahoney, war zu keiner Zeit bevollmächtigte Vertreterin der Firma Matches Worldwide , sondern lediglich informell mit der Wahrnehmung der mütterlichen Interessen beauftragt.Miss Tessner ist weder Angestellte noch verantwortliche Geschäftsführerin von Matches Worldwide und war dies auch zu keinem Zeitpunkt. Mr. Max Brannigan hat dies bei seinem Antrag verschwiegen, und Sie, Chief, haben fahrlässig versäumt,
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