Make Me Gluecklich
hatte. Kein Wunder; Umarmungen gingenschlecht, wenn man sich aus dem Weg ging . . . Ich war auch seit zehn (oder ehrlicherweise: mindestens fünfzehn) Jahren nicht mehr so froh gewesen, sie zu sehen.
» Schätzchen ! Tut das gut, zu sehen, dass du heil bist! Ich hab mir solche Sorgen gemacht; ich hab seit vorgestern Abend nicht mehr geschlafen, seit ich wusste, was bei euch los ist! Wie ging’s? Hat dieser nette Anwalt dich wirklich schnell rausgekriegt? Wie lange musstest du warten . . .?«
Sie löcherte mich in einem Stakkato, in dem ich kaum zu Wort kam. Nur die wichtigsten Details wurde ich los, da steckte der Taxifahrer seinen Kopf aus der Tür.
»Wat is’ nu, gnädige Frau? Fahrn wa heute noch ma los?«
Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte meine Mutter ihn einen Kopf kürzer gemacht, aber heute war sie anscheinend in gnädiger Stimmung.
»Los, komm«, sagte sie. »Du fährst mit, dann kannst du mir alles ausführlich erzählen!«
Ich zögerte nicht, und wir setzten uns in den Fond und tauschten uns aus. Meine Mutter war via Kairo und München aus Daressalam gekommen, wo sie die Zumhorstens zwar in besserem Zustand als vor ihrer Ankunft zurückgelassen hatte, aber noch nicht wirklich versöhnt. Die Leutberger war zwar ziemlich verstimmt gewesen, weil sich der in Tansania geplante Drehtermin jetzt verschob, aber damit, so meine Mutter, müsse die Redakteurin leben.
»Ich konnte nicht mehr bleiben, Kindchen, als ich wusste, dass du in New York in Gewahrsam sitzt! Ich habe Erwin und Xenia gesagt, sie sollen es sich ernsthaft überlegen – wo sie doch in gewisser Weise dafür verantwortlich sind, dass du überhaupt nach New York musstest –, ob sie sich nicht doch einen Ruck geben wollen . . .«
Ich sagte nichts. Sie war tatsächlich nach Hause gekommen, obwohl sie das Ganze noch nicht in trockenen Tüchern hatte . . . wow.
Mein Bericht über sämtliche Details meiner Reise war noch nicht weit gediehen, als das Taxi in die Nestorstraße einbog. Um die Ecke war das Büro von Matches Worldwide , und hier hatte meine Mutter ihre kleine Dreizimmerwohnung im zweiten Stock, in der ich auch aufgewachsen war.
»Hör zu, Schätzchen«, unterbrach sie mich, »ich muss erst noch alles hören, und du willst doch nicht wirklich allein in deine kalte Bude nach Schöneberg, oder? Hast du nicht gesagt, dass du noch gar keinen Schlüssel von Sörens und deiner neuen Wohnung hast? Also – komm doch mit hoch. Ich hab Rote Grütze da, und Vanilleeis, also . . .«
Sie sah mich an, ein winziges bisschen unsicher.
Ich ließ mir nicht anmerken, wie überrascht ich war. Rote Grütze mit Vanilleeis! Mein Lieblingsdessert seit Kindertagen, und meine Mutter mochte es überhaupt nicht. Wenn sie die Sachen trotzdem im Schrank hatte, dann … womöglich meinetwegen. Ich hatte ihre Wohnung seit Ewigkeiten nicht mehr betreten. Wie lange wartete sie schon darauf, dass ich kam?
Ich nickte und sah, wie sie sich freute. Dabei kam ich mir gar nicht großzügig vor, sondern war im Grunde meines Herzens selber froh, dass ich nicht in meine einsame Wohnung zurückkehren musste. Aber das musste ich meiner Mutter ja nicht unbedingt auf die Nase binden.
Sie machte mir eine Riesenportion Rote Grütze (ich hatte heimlich das Verfallsdatum gecheckt, weil ich keine Lust hatte, etwas zu essen, das halb so alt war wie ich) und brachte sie mir ins Wohnzimmer, wo ich es mir auf ihrem ausladenden Sofa bequem gemacht hatte.
Wir brauchten noch eine geschlagene Stunde, bis wir allesWichtige ausgetauscht hatten. Ich erfuhr, dass Eliane so viel Geld wie möglich zusammengekratzt hatte, um mich notfalls durch eine rasche Zahlung auslösen zu können. Was die Summe betraf sagte sie nur, Max habe schwer draufgesattelt und sie sei höchstens – allerhöchstens! – mit zwei Monatsmieten, also maximal 900 Dollar, im Rückstand. (Ich ertränkte meine spitze Bemerkung im Vanilleeis.) Sie stellte wilde Spekulationen darüber an, was in den »früher wirklich netten und charmanten Mann« gefahren sei und ließ sich von mir jede Einzelheit erzählen, die ich mit ihm erlebt hatte.
»Tja«, seufzte sie dann, »vielleicht hat ihn seine Scheidung verändert. Vor vier Jahren hat er sich von seiner Frau getrennt, und ich habe gehört, dass er seither die Finger vom anderen Geschlecht lässt . . .«
»Da irrst du dich«, sagte ich verächtlich, »er hat sich die blondeste, langbeinigste seiner Angestellten geschnappt, und ich schwöre dir, so wahr ich hier
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