Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)
Nichts?!“, lüge ich. „Kennst du Josch?“
Josch grinst gequält.
„ Klar kenne ich Josch. Was wird das hier?“, hakt sie nach. „Klaut ihr die Karre etwa?“
„ Was?“, empöre ich mich.
„ Ich will mit!“, verkündet sie.
„ Das geht nicht“, findet Josch.
Finde ich auch
.
„ Nee, geht nicht.“
„ Warum nicht?“, fragt sie.
Ja, warum nicht?
„ Ein Scharlatan. Autoknacker. Hat er bestimmt vom Vater“, zetert die Engler, die ich ganz vergessen hatte. Ihre runzlige Freundin nickt eifrig. Verflixt, wir haben keine Zeit für so einen Zirkus.
„ Nori?“
Das soll wohl ein Scherz sein?
„ Hallo Mama.“
Sie steht in der Haustür. Jetzt ist so was von Zeit zum Abflug. Findet Josch auch, denn er erwidert meinen panischen Blick nicht minder entsetzt, reißt die Tür des Polos auf und klettert auf den Rücksitz.
„ Was machst du mit Pauls Wagen?“, wundert sich meine Mutter. Bettina kriecht auf den Beifahrersitz. Unaufgefordert!
„ Ich erkläre dir alles, wenn ich zurück bin, Mama“, versuche ich die Situation zu beruhigen.
„ Bist du noch zu retten? Du bist dreizehn Jahre alt.“
Sie kommt auf mich zu.
„ So eine verkommene Familie“, höre ich Frau Engler noch zetern, dann ist die Tür zu und ich im Wagen. Josch kontrolliert, ob alle Knöpfchen unten sind, während meine Mutter an die Scheibe klopft, und ich den Motor starte.
„ Ich hab dich ganz doll lieb, Mama“, rufe ich, und trete das Gaspedal voll durch.
Braun räuspert sich.
„ Was?“, fragt Nori.
„ Sie sind zu dritt“, bemerkt er.
„ Gut aufgepasst. Und?“
„ Sie haben mich belogen. Sie sagten, Sie wären allein nach London gereist.“
„ Doc, man verrät doch nicht seine Freunde!“
Weit kommen wir nicht. Wir rasen die Bundesstraße entlang, die uns zu den Autobahnauffahrten bringen soll. Niemand sagt ein Wort. Die Ereignisse des Tages gehen mir durch den Kopf. Und es waren viele. Zu viele!
Die Bestie muss sich unter dem Sitz versteckt haben. Sie hat mich voll erwischt. Bettina bemerkt, dass meine Atmung stoßweise geht.
„ Alles in Ordnung?“, sorgt sie sich.
Ich drossle mit stierem Blick die Geschwindigkeit und stoppe auf dem Grünstreifen. Josch taucht zwischen den Sitzen auf.
„ Panikattacke?“, fragt er nüchtern.
Ich nicke stumm und ringe nach Luft.
„ Ich fahre weiter“, beschließt er.
Ich möchte protestieren, schaffe es aber nicht. Wir tauschen die Plätze. Bettina setzt sich zu mir auf die Rückbank. Sie hält meinen Arm und streichelt mich. Das scheint die Bestie zu verwirren. Sie lockert ihren Griff ein wenig. Vielleicht ist sie genauso von Bettina fasziniert wie ich, streckt ihre Tentakeln neugierig nach ihr aus, tastet, sucht. Doch sie berühren – das schafft sie nicht.
Weil Bettina ein Wesen des Lichts ist
.
Josch bringt den Wagen auf die Straße zurück. Beim Anfahren hat er Schwierigkeiten, aber dann läuft’s ganz rund. Ich frage mich noch, ob er weiß, wo er lang muss.
Aber hey – das ist Josch!
Die Abendsonne steht über der Kiesgrube. Das sieht schön aus. Bettina summt eine leise Melodie. Die Bestie erstarrt, als hätten die Noten sie eingefangen wie eine Drahtschlinge einen kleinen Vogel einfängt. Ob es meine Sinne sind, die sich nach und nach an das Geräusch des Motors gewöhnen, es ausblenden, und ich Bettinas Stimme deshalb so klar vernehme? Oder ob sie an Mut gewinnt, lauter wird, kräftiger? Ich weiß es nicht. Aber bald kristallisiert sie sich heraus, steht über den Dingen, wundervoll und klar, und die Worte, die sie singt, sind nicht weniger bezaubernd:
Komm raus, heut’ Nacht.
Der Mond bewacht,
Wohin wir gehen,
Kann niemand sehen.
Steig ein, zu mir.
Die Stadt ist nur Kulisse,
Scherenschnitt, wie aus Papier.
Im Wind Dein Haar weht wunderbar.
Was machst Du bloß mit mir?
Was Du auch sagst, ich glaub es Dir,
Auch wenn ich’s nicht kapier’,
Hauptsache Du bist hier.
Klar, Du kannst auf einen andern warten,
Doch all die Guten sind schon lange fort.
Du und ich, wir können was Großes starten,
Für immer weiter finden wir es dort.
Kennst Du das auch?
Ein neues Jahr, wie wunderbar,
Doch alles wie bisher!
Ich gebe zu, im Augenblick,
Wird mir das Leben schwer.
Komm her, steig ein,
Ich will es sein,
Dein erster letzter Kuss.
Kennst Du das auch?
Ich sitz’ oft da,
Und mach’ mir klar,
Dass alles sterben muss.
Und heute dacht’ ich,
Gar nicht schlecht,
Denn dann ist endlich Schluss,
Mit
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