Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)
ein Stirnband.
Ein Radio hat der Bus nicht. Dafür gibt es Medley. Er sitzt hinten mit seiner Gitarre und spielt wirklich jedes Lied, das mir einfällt – auf Zuruf. Jetzt gerade
London Calling
von
The Clash
. Medley hieß früher mal
Musicbox
, aber wegen der aggressiven Außenpolitik von Reagan wollte er keinen amerikanisch klingenden Namen mehr.
Josch ist im siebten Himmel. Er und Aura sind in ein Gespräch vertieft. Dann passiert es. Flow, ein pickeliger Kerl mit Irokesenschnitt, bietet uns Kekse an. Ich wundere mich noch, weil Zip doch sagte, sie hätten nichts zu Essen dabei, greife aber zu. Die anderen auch. Nur Wick lehnt ab. Bettina findet, sie schmecken eigenartig, aber gut. Und eine halbe Stunde später entfalten die Haschkekse ihre volle Wirkung.
Zuerst denke ich, ich hätte was Schlechtes gegessen. Aber warum finde ich das so lustig? Dann bemerke ich Bettinas Augen. Ihre Pupillen sind groß wie schwarze Löcher. Sie grinst selig. Sagt kein Wort mehr.
„ Scheiße, wir sind stoned“, höre ich mich sagen. Wie komisch das klingt.
„ Stoned“, wiederhole ich. „Stoned.“ Die Betonung liegt auf dem
d
.
Bettina prustet los, kann sich kaum auf der Bank halten. Ich schaue aus dem Fenster. Wir rasen ja wie die Irren! Ich muss sofort mit dem Fahrer reden.
Aber sein Name fällt mir nicht mehr ein.
Wie war das gleich – ach ja!
„ Ey, Pulmoll, du bringst uns alle um!“
Das gibt Bettina den Rest. Sie rutscht von der Bank auf den Boden und kriegt sich gar nicht mehr ein. Neben ihr Josch und Aura. Sie hockt auf ihm und macht Experimente mit seinen Haaren. Josch hat die Augen geschlossen.
„ Ich habe mit dem Redner gefahren“, erkläre ich Aura. Sie scheint mich gar nicht zu bemerken, was ich erst lustig, dann beängstigend finde. Ich wende mich an Flow:
„ Sag mal, siehst du mich?“
Ich muss das jetzt wissen! Er antwortet, aber ich bin so abgelenkt von seinen Pickeln. Sie bewegen sich auf seiner Haut. Jetzt formen sie einen Buchstaben wie eine Gruppe Cheerleader. Ganz dicht bringe ich mein Gesicht heran.
„ Ein W!“
Welche geheime Botschaft mag sich dahinter verbergen? Ich muss das mit jemandem besprechen.
Medley spielt immer noch Gitarre. Sandokan und Zip küssen sich. Aber Flow müsste es wissen. Schließlich sind es ja seine Pickel. Oh, er redet immer noch auf mich ein. Ich nicke mal. Bettina zieht sich an mir hoch, will zurück auf die Bank. Sie hat es fast geschafft, als ein weiterer Lachkrampf sie hinwirft.
„ Und deshalb“, schmuggeln sich Flows Worte in mein Gehirn, „wird hier eines Tages alles voll mit Plastiklöffeln sein.“
Ich schaue raus auf die Felder jenseits der Leitplanken. Flow ist mein bester Freund. Er muss die Wahrheit erfahren.
„ Ich habe meinen Vater auf dem Gewissen“, erkläre ich.
„ Und er kommt aus der Zukunft“, lacht Bettina.
Sandokan fragt mich, ob ich mit ihm knutschen möchte. Ich überlege einen Moment, lehne dann aber dankend ab.
„ Bist du ein Mensch oder eine Maschine?“, fragt Flow.
Eine wirklich gute Frage.
„ Ich weiß es nicht“, gestehe ich wahrheitsgemäß.
Mal ehrlich, wer weiß das schon mit Bestimmtheit?
„ Und was willst du hier?“, hakt er nach.
„ Ich bin hier wegen der Bombe!“, flüstere ich verschwörerisch. „Aber – pst!“
Er steht auf und setzt sich auf den Beifahrersitz neben Wick. Josch kommt zu mir. Seine Haare sehen geil aus. Wo ist Aura? Sie hält Bettina in den Armen wie eine Amme. Josch sieht jetzt gar nicht mehr aus wie Millhouse. Ich muss ihm von den Simpsons erzählen.
„ Ich werde sie heiraten“, haucht Josch.
„ Ja, Mann“, presse ich hervor und freue mich mit ihm. „Ja, ich weiß.“
Wir umarmen uns und klopfen uns auf die Schultern.
Der gute alte Josch. Für ihn alles Glück der Erde.
Wick ruft etwas. Zip lässt von Sandokan ab, beugt sich über den Sitz zu Josch und mir.
„ Passt auf, Jungs“, beginnt er ernst. „Wir müssen euch jetzt verstecken.“
Ich mag verstecken. Dann sieht mich keiner. Wir folgen ihm nach hinten. Hier sind zwei Bänke eingebaut, die man zu einem Bett umfunktionieren kann. Ich klappe eine der Sitzflächen nach oben.
„ Da passen wir doch nie rein.“
„ Nein“, gibt Zip mir recht. „Aber da.“
Er betätigt irgendeinen Mechanismus und kippt die ganze Bank nach vorn. Ein doppelter Boden! Genial. Es wird eng, aber es wird gehen.
„ Du bist Han Solo“, kichere ich.
„ Du hier, Josch unter die andere Bank. Bettina kommt unter die
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