Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Titel: Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
Vom Netzwerk:
viel älter als wir. Höchstens zwanzig. Ich muss unvermittelt an Kiefer Sutherland in
The Lost Boys
denken.
    „ Au weia“, flüstert Josch.
    „ Hey“, sagt der Fremde und lächelt ein Raubtierlächeln.
    „ Hi“, piepst Bettina, sichtlich beeindruckt.
    „ Was geht ab“, frage ich.
    Der feste Klang meiner Stimme überrascht mich:
    „ Geiler Anzug.“
    „ Ja.“
    Was soll ich sagen? Es ist
ein geiler Anzug!
    „ Ich bin Zip“, stellt er sich vor und fischt eine Zigarette hinter seinem Ohr hervor.
    „ Zip?“, wiederhole ich.
    „ Yep.“ Er hält uns sein Benzinfeuerzeug hin.
    Okay, verstanden.
    „ Was können wir für dich tun, Zip?“, frage ich weiter.
    Meine kühle Art scheint ihn nicht zu stören. Er nimmt einen tiefen Zug, bevor er spricht:
    „ Habe die Kleine hier in der Telefonzelle gesehen“, meint er und deutet auf Bettina. „Scheiße, dachte ich, was macht denn Lea Thompson hier mitten in scheiß Frankreich? Da muss ich mal gucken, dachte ich. Aber – hey – du bist gar nicht Lea. Du bist viel hübscher.“
    Bettina lächelt verlegen.
    Das kann jawohl nicht dein Ernst sein, denke ich.
    Zips gieriger Blick klebt an ihr.
    „ Ey!“, raune ich. „Alter!“
    Ich schnippe mit den Fingern, bis ich seine Aufmerksamkeit habe.
    „ Hier spielt die Musik! Danke. Pass auf, Zip. Keine Ahnung, wo du herkommst. Und es mag sein, das deine
Easy-Rider-Masche
da gut ankommt. Aber hier und jetzt baggerst du an meinem Mädchen rum. Und das stinkt mich an. Alles klar?“
    Zip schnaubt Rauch aus seinen Nasenlöchern.
    „ Große Worte“, höhnt er. „Stimmt das? Bist du sein Mädchen?“
    Bettina schaut mich an, dann ihn.
    „ Yep!“, sagt sie.
    „ Na, wenn das so ist!“
    Er nimmt noch einen tiefen Zug von seiner Zigarette und schnippt sie weg.
    „ Habt ihr was Essbares für mich? Ich und meine Leute, wir haben nichts dabei.“
    Er lächelt, und wir lächeln zurück.
    „ Setz dich, nimm dir `nen Keks, mach es dir schön bequem“, zitiere ich.
    „ Du Arsch!“, brüllen Zip und Josch wie aus einem Mund und schütteln sich vor Lachen.
     

    Zip heißt eigentlich Stephan, ist neunzehn Jahre alt und Student aus Köln. Er ist mit ein paar Freunden auf dem Weg nach London. Und er riecht den Braten.
    „ Und ihr drei seid allein unterwegs?“
    Wir nicken.
    „ Abgefahren!“, findet er. Mehr Fragen stellt er nicht.
    Josch erklärt, dass wir an den Grenzen einfach Schwein hatten.
    „ Das ist jetzt vorbei“, sagt Zip ernst. „Auf die Fähre kommt ihr niemals.“ Er nimmt sich noch einen Keks.
    „ Es sei denn, ihr fahrt mit mir!“
     

    Josch schultert seinen Rucksack und ich verschließe den Polo. In Gedanken entschuldige ich mich bei Paul dafür, dass ich seinen Wagen irgendwo in Frankreich zurücklasse. Bettina nimmt meine Hand und zieht mich mit sich hinter Josch und Zip her. Ein paar Lkw-Fahrer pfeifen. Bettina reagiert nicht, und mich macht es kaum wütend. Sie ist sowieso mein Mädchen!
    Schon von Weitem erkenne ich Zips Wagen. Vier Jungs und ein Mädchen dösen auf dem schmalen Grünstreifen neben einem blauen Bulli. Das Geräusch der Straße, die skeptischen Blicke der anderen Leute scheinen sie nicht zu stören. Zip stößt einen Grunzlaut aus. Ist wohl eine Art geheimes Erkennungszeichen, denn seine Leute erwidern es und schlagen sich genau wie er dreimal mit der Faust auf die Brust.
    Das Mädchen springt auf, um uns zu begrüßen. Sie heiße Aura, sagt sie, und ich bilde mir ein, zu hören, wie Josch’s Herz schneller zu schlagen anfängt. Aura ist aber auch wirklich bezaubernd. Seidige, blonde Haare. Ein bauchfreies Trägertop. Schlagjeans. Sie steckt gerade irgendwo in der Phase zwischen Mädchen und junger Frau. Auch ich glotze wohl, denn Bettina stößt mich an.
    Aura heißt uns herzlich willkommen. Falls sie sich wundert, dass wir drei allein unterwegs sind, lässt sie sich nichts anmerken. Bettina und ich sagen ihr unsere Namen. Josch sagt keinen Ton. Ihn hat es voll erwischt.
     

    Später, als wir unterwegs sind, begehen wir einen strategischen Fehler. Aber der Reihe nach.
    Wick ist der Fahrer. Ich denke
Wick wie Wikinger
, weil er ein bulliger, bärtiger Kerl ist.
    „ Was?“, schüttelt er sich. „Ich bin doch kein keulenschwingender Primitiver. Wick wegen der Hustenbonbons. Ich liebe die Dinger.“
    „ Wicks Mentholatem macht dich für Stunden blind. Pass bloß auf“, ruft mir ein Junge zu, der mir als Sandokan vorgestellt wurde. Er trägt einen adrett rasierten Spitzbart und

Weitere Kostenlose Bücher