Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition)

Titel: Make new Memory oder wie ich von vorn begann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Grandjean
Vom Netzwerk:
antwortete Geldof auf die Frage nach seiner Motivation. Das
afrikanische Land wurde von einer Dürre heimgesucht, die die Ernten zweier
Jahre in Folge nahezu völlig vernichtete. Die äthiopische Regierung zeigte sich
unfähig, die Situation in den Griff zu bekommen. Die Landbevölkerung suchte
Zuflucht in den Städten. Eine Reportage des Fernsehsenders BBC über die
unvorstellbaren Zustände in den Flüchtlingslagern sorgte weltweit für Empörung.
Die Aufnahmen der kleinen Birhan Woldu, dem Tode nah, aufgenommen durch den
kanadischen Reporter Brian Stewart, gaben dieser humanitären Katastrophe, dem
unvorstellbaren Leid ein Gesicht. Das Gesicht des Hungers.“
    Mein Vater hat die Augen
geschlossen. Er schnarcht leise. Diesmal werde ich ihn retten! Ich werde alle
retten! Meine Mutter schwirrt ins Wohnzimmer. Sie summt leise eine Melodie,
stellt sich vor den Fernseher, um die abgewaschenen Gläser in den Schrank zu
räumen, der darüber an der Wand befestigt ist. Ich versuche an ihrem Hintern
vorbei dem Bericht weiter zu folgen, werfe mich auf der Couch von einer Seite
zur anderen. Chancenlos.
    „Mama“, quengle ich. „Ich will das
sehen!“
    Ich muss das sehen. Sie beendet
unbeeindruckt ihre Arbeit.
    „Stell dich nicht so an!“
    Im Weggehen streckt sie mir die
Zunge raus. Die Reportage ist zu Ende. Kann ja wohl nicht war sein! Der Hintern
meiner Mutter verhindert die Rettung der Welt? Mein Vater wird wach und schaut
mich an wie ein verschlafenes Schaf.
    „So“, sagt er, steht auf und
verlässt das Wohnzimmer in Richtung Flur.
    So eine Plaudertasche .
    Ich bleibe allein zurück.
Nachdenklich. Ich darf mich nicht in der Vergangenheit verlieren. Es gilt, den
Mittelweg zwischen Nori und Nori Reloaded zu finden. Ich rufe mir den
schrecklichen Moment ins Gedächtnis, wenn das Bild im Fernseher sich in weißem
Rauschen verliert. Es schmerzt, aber es bestärkt mich in meinem Vorhaben. Ich
bin schon so weit gekommen. Der Ärmelkanal wird mich nicht aufhalten.
    Die Mainzelmännchen begrüßen
mich mit einem fröhlichen „Gut’n N’aaabend“ und machen Unsinn. Dann Werbung.
    „Stu-Stu-Studio-Line. Gleicher
Schnitt, neuer Look.“
    Ich muss lachen, denke an die Fete
und streiche mir durchs Haar. Könnte helfen. Die Haustür fällt ins
Schloss. Das Wohnzimmer liegt zur Straße hin. Ich sehe meinen Vater vor den
Fenstern vorbei gehen. Verabschieden ist wohl noch nicht erfunden. Ich darf
trotz allem meine Aufgabe nicht aus den Augen verlieren! Die Werbung endet, und
der Vorspann von Ein Colt für alle Fälle geht los. Na gut, diese Stunde
kann ich wohl noch erübrigen.
     
    „Erzählen Sie mir von dem
Anschlag“, bittet Doktor Braun.
    „Was möchten Sie denn hören?“,
fragt Nori.
    „Was immer Sie mir berichten
möchten. Sie sahen es im Fernsehen? In Ihrer Vergangenheit meine ich.“
    „Sagen Sie Doc, ist so ein wirrer
Haarschopf wie Ihrer eigentlich Pflicht unter Psychologen?“
    Doktor Braun bemerkt, das Noris
Stimmung umschlägt. Der eben noch entspannte Plauderton ist verschwunden. Der
Junge versucht, ihn zu provozieren.
    „Das Thema geht Ihnen nah?“, hakt
Braun vorsichtig nach.
    Nori senkt den Blick.
    „Ich musste mit ansehen, wie alles,
was ich liebe, in Flammen aufgeht. Wie meine Kindheit sich in Rauch auflöst.
Wie würden Sie sich dabei fühlen?“
    „Ich denke schlecht. Aber alles,
was Sie lieben? Was ist mit Ihrer Familie? Ihren Freunden?“
    Nori schaut auf.
    „Was soll mit denen sein?“
    „Lieben Sie die nicht?“
    „Haben Sie Breakfast Club gesehen? Den Film? John Hughes? Haben Sie?“
    Noris Ton ist barsch.
Herausfordernd. Braun verneinte wortlos.
    „Dann können Sie es nicht
verstehen!“, beschließt Nori und verschränkt die Arme vor der Brust.
    Braun registriert die plötzliche
Dünnhäutigkeit seines Patienten.
    „Was bedrückt Sie?“, fragt er.
    „Meine Eltern waren prima. Sind
prima. Wie sind Sie mit Ihren Eltern zurechtgekommen, Doc?“
    „Sehr gut. Natürlich gab es
Konflikte, als ich älter wurde. Aber wir haben sie gelöst. Wie wird in Ihrer
Familie mit Konflikten umgegangen? Wie lösen Sie Ihre Streitigkeiten?“
    Anstatt zu antworten, beginnt Nori
leise zu singen:
    „And these
children that you spit on
    As they try to
change their worlds
    Are immune to your
consultations
    They ‘re quite
aware of what they ‘re going through.“
    „Sie sprechen gut Englisch. Von wem
sind diese Zeilen?“
    „Gut für ein Kind, meinen Sie?“
Nori lacht kopfschüttelnd. „Lassen Sie

Weitere Kostenlose Bücher