Makers
ich in The Economist , soweit ich weiß als Erster, den Begriff Polyopson für ein Monopol von vielen Käufern. Darauf bin ich aus unerfindlichen Gründen stolz.)
Im Februar 2000, als MFG.com an den Start ging, gab es bereits über 2500 solcher B2B-Märkte im Internet. 49 Dann brach der Markt zusammen, und im Jahr 2004 waren weniger als 200 noch davon übrig. Mehrere Milliarden Dollar an Börsenwerten hatten sich in Luft aufgelöst. Teilweise verantwortlich für den Zusammenbruchwar der bekannte irrationale Übermut jener Jahre. Aber viele dieser Dotcom-Ideen waren gar nicht so verrückt, sie waren einfach ihrer Zeit voraus. Viele Firmen waren noch nicht darauf eingerichtet, auf elektronischem Weg einzukaufen; viele steckten damals noch im Faxzeitalter fest. Kein Beschaffungs- oder Buchhaltungssystem war mit den neuen Marktplätzen kompatibel, sodass die Angestellten alles von Hand eintippen mussten. Vor allem aber wollten die Lieferanten gar nicht mitmachen. Warum sollten sie sich einem Wettbewerb stellen, bei dem es darum ging, die Preise so weit wie möglich zu drücken, wenn sie stattdessen die Käufer-Lieferanten-Beziehungen nutzen konnten, die sie über Jahrzehnte hinweg zu ihren Großkunden aufgebaut hatten?
MFG.com war einer der Überlebenden. Weil die Firma erst spät an den Start gegangen war, war sie nicht ganz oben auf der Hype-Welle mitgeschwommen. Es hatte keinen verpatzten Gang an die Börse gegeben und keine großen Spekulationsrunden. Es gab nur Free und ein paar wenige Angestellte in einem Gebäude in Atlanta, die mit Frees eigenem Geld aus dem Nichts eine einfache Website aufbauten. Sie fingen klein an, ohne zu viel Geld oder Druck im Hintergrund, und daher hatten sie Zeit, ihren eigenen Weg zu finden.
Dieser Weg war die Einfachheit. Keine Auktionen, weder rückwärts noch anderweitig. Keine Gruppenkäufe oder Auftragsbündelungen. Kein »reibungsfreier Kapitalismus«. Nur ein Ort, um Dateien hochzuladen und Angebote einzuholen.
Raketentechnik
Es funktionierte. Nach dem Dotcom-Crash entwickelten sich die Geschäfte sehr gut, und Mitte der 2000er-Jahre wurden täglich mehrere Tausend Ausschreibungen eingestellt und Angebote abgegeben. Einige der Anfragen stammten von einer kleinen, ziemlich geheimnisvollen Gruppe aus Kent im US-Staat Washington mit dem Namen Blue Origin, die nach Hochpräzisionsteilen suchten, anscheinend für eine Rakete. Es handelte sich tatsächlich um eine Rakete, und Blue Origin stellte sich als ein geheimes Raumfahrtunternehmen heraus, das der Amazon-Gründer Jeff Bezos gegründet hatte. Die Ingenieure von Blue Origin waren von MFG.com derart beeindruckt, dass sie Bezos darauf hinwiesen, der sich unter falschem Namen bei der Website anmeldete, um sie zu testen.
Während Bezos sich insgeheim auf der Website umsah, verhandelte Free mit Dassault Systèmes, einem französischen Unternehmen für Industrietechnologie, um sie zu verkaufen. Nur zwei Wochen bevor der Verkauf abgeschlossen werden sollte, schlug Bezos zu und reichte ein Gegenangebot ein: Er wollte in die Website investieren, damit Free sie behalten konnte. Er legte noch einmal zwei Millionen Dollar für die Angestellten drauf, und damit war die Angelegenheit besiegelt: MFG.com blieb unabhängig mit Bezos als Hauptinvestor.
Heute ist MFG.com der größte Marktplatz für Spezialanfertigungen der Welt. Die Website hat über 200000 Mitglieder aus 50 Ländern, und bisher wurden dort Geschäfte im Wert von über 115 Milliarden Dollar getätigt, mit derzeit durchschnittlich drei bis vier Milliarden Dollar pro Monat.
Die Geschäfte, die dort abgewickelt werden, sind normalerweise recht alltäglich: Plastikgehäuse aus Spritzguss, maschinell bearbeitete Metallstäbe, Spezialkabel. Aber sie erlauben Free einen unvergleichlichen Einblick in die Welt der industriellen Produktion von heute. Er (und jeder andere, der sich durch die Website durcharbeitet) sieht, wo und von wem Dinge hergestellt werden. Er sieht, in welche Richtung sich Fabrikation und Werkzeuge entwickeln. Er sieht, wie die Amerikaner in China produzieren lassen und wie manche von ihnen in die Vereinigten Staaten zurückkehren; die Deutschen, die in Polen einkaufen, und die Franzosen, die überall einkaufen außer in Deutschland. Es ist ein faszinierender Blick auf die Kultur, die Wirtschaft und die Globalisierung. Die ganze Rhetorik kann man getrost vergessen, denn hier sieht man direkt und ungeschminkt, was die Unternehmen Tag für Tag tun.
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