Makers
Papierrollen gelagert wurden, hat TechShop seine San-Francisco-Filiale eröffnet, und jeden Tag drängen sich dort Menschen wie McKelvey und stellen etwas her, von dem sie hoffen, es könne das nächste große Ding werden.
McKelvey ist immer noch im Vorstand von Square, aber er verbringt den Großteil seiner Zeit in St. Louis. Dort lehrt und praktizierter die Glasbläserei, die zufällig auch mit seinem Maker-Moment im TechShop zu tun hat.
Die Verbindung besteht darin, dass die Glasbläserei ihren eigenen Maker-Moment vor 30 Jahre erlebte. Für Glaskunst gelten seit 2000 Jahren dieselben Regeln. Um die richtige Formbarkeit bei Glas zu halten, sind hohe und vor allem konstante Temperaturen notwendig. Dazu braucht man riesige Öfen mit Keramikwänden, die die Hitze speichern und für eine gleichmäßige Wärmeverteilung sorgen. Es dauert vier Tage, bis ein Glasofen Betriebstemperatur erreicht, und er darf niemals abkühlen, weil sonst die Wände Risse bekommen. Man muss konstant nachheizen. Das sei der Grund, sagt McKelvey, warum es in der Gegend um Venedig keine Wälder gibt. Die Bäume wurden alle für venezianisches Glas verbrannt.
Für die Glasherstellung brauchte man immer schon Anlagen im industriellen Maßstab, wie jene, in denen heute Tiffany-Lampen hergestellt werden. Aber wie bei allen Industrieanlagen können auch dort nur solche Mainstream-Produkte hergestellt werden, die für eine Fabrik wirtschaftlich sind. Die Kreativität wurde eingeschränkt durch die Notwendigkeit, große Stückzahlen verkaufen zu müssen.
Aber in den frühen 1960er-Jahren entdeckten zwei Glaskünstler, Harvey Littleton und Dominick Labino, die Rezeptur für Niedertemperaturglas, und sie erfanden einen kleinen propanbetriebenen Ofen, um es zu schmelzen. Jetzt konnte ein einzelner Mensch Glas bearbeiten mit einer Ausrüstung, die sich kleine Ateliers oder Kulturzentren leisten konnten.
Das entsprach dem Laserdrucker des PC-Zeitalters oder dem Lasercutter und 3-D-Drucker von heute. Billigere, kleinere und leistungsfähigere Werkzeuge ermöglichten normalen Menschen immer anspruchsvollere Tätigkeiten. Diese Erfindungen demokratisierten in den 1960er-Jahren die Produktionsmittel, die zur Geburt einer lebendigen Glaskunstbewegung führten, deren Teil McKelvey heute ist. Er war Vorsitzender der weltweit größten Vereinigung von Glaskünstlern, hat Lehrbücher über das Handwerk geschrieben, und er leitet ein Atelier, die Third Degree Glass Factory in St. Louis.
McKelvey ist ein klassischer Maker, der aus einem einstigen Hobby ein Unternehmen machte. Dieselben Instinkte brachten ihn 20 Jahre später, als er und Dorsey Square gründeten, dazu, die Hardware in Handarbeit selbst herzustellen. Dadurch kam Square als besseres Produkt früher auf den Markt. Sie konnten den Entwurf immer weiter verbessern und kannten seine Stärken und Schwächen genau, weil sie es selbst gebaut hatten.
Heute ist Square derart erfolgreich, dass einige der weltweit größten Zahlungsdienstleister einen Werbefeldzug gegen Square gestartet haben und ihren Kunden von einem Wechsel abraten. VeriFone, ein Hersteller von Kreditkartenlesegeräten für Kassensysteme, hält die Square-Methode für weniger sicher als die eigene. In einer Werbeanzeige der Firma heißt es: »Der Glasbläser hat ihre Kreditkarte gestohlen.« McKelvey liebt diese Anzeige. Sie erinnert ihn an seine Wurzeln – und an die Gefahr, in die sich große Firmen begeben, wenn sie Maker unterschätzen.
KAPITEL 12
DIE FABRIK IN DER CLOUD
Wenn die Industrie ins Internet geht, wird nichts mehr so sein wie vorher.
Mitch Free war zum Arbeiter bestimmt und würde es auch kaum zu mehr bringen. Er wuchs in Tyrone im US-Bundesstaat Georgia auf, einer Stadt mit damals gerade 160 Einwohnern. Sein Vater besaß eine kleine Baufirma, und Mitch half aus, wann immer er Lust dazu hatte. Er ging sechs Wochen lang aufs College, bis er beschloss, dass er kein Englischlehrer werden wollte, und abging. Danach schrieb er sich an einer Technikschule für einen einjährigen Kurs ein und entschied sich spontan für Zerspanungstechnik (der Elektronikkurs, für den er sich eigentlich interessierte, war schon voll). Er war nicht besonders gut darin, aber er schaffte den Abschluss. Danach arbeitete er in einer Maschinenwerkstatt namens Dixie Tool and Die, wo er einen Knopf an einer Stanzmaschine betätigte, die Fensterverkleidungen für Ford-Kleintransporter herstellte. Manchmal polierte er Metallteile von Hand.
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