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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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wieder einen klaren Kopf. Du siehst aus wie ein faules Nashorn.“
    Richard stand auf. „Ich muß zurück, Sam. Wir sehen uns im nächsten Monat in Santa Fé. Orton, vielen Dank für deine Hilfe bei der juristischen Seite dieser Feuer im Komplex Chicago. Ich rufe dich an – da gibt es noch mehr, wofür ich dich gebrauchen kann.“ Sam spürte die Hand seines Neffen auf seiner Schulter. Er sah schläfrig hoch, aber Richard war schon auf seinem Weg nach draußen.
    „Es gibt ja Fahrstühle bis ganz nach oben, Sam“, sagte Blackfriar. Sam sah ihm zu, wie er aufstand, zu dem alten Mann an der Kasse ging und die Rechnung bezahlte. Der Computerausgang läutete, als er Ortons Kreditkarte registrierte.
    Sam stand auf und stieß die Cognacflasche um.
     
    Die Lichter der Unterstadt wirkten heller. Orton stützte ihn am Arm. „Ich schaff s jetzt schon“, sagte Sam.
    „Du hast noch nie viel gebraucht. Läßt dich einschlafen wie Milch. Ich hoffe, du hast von dem, was wir dir erzählt haben, etwas mitbekommen.“
    „Das habe ich wirklich, Orton. Innerlich bin ich eigentlich nüchtern, ganz bestimmt.“ Wie können schwache Wesen wie wir es wagen, an Dinge zu denken, wie sie Orton und Richard mir beschrieben haben?
    Sie gingen über den Platz zu dem Liftschacht und betraten die leere Kabine.
    Zwei Minuten später verließen sie sie auf der ersten Stufe von New York City wieder. Von dort aus nahmen sie den Fahrstuhl zu Stufe zwei, eintausend Fuß über dem alten Empire State Building, das dastand wie ein arthritischer Riese, der von den Krücken der neuen Stadt gestützt wurde. Ein blitzender neuer Fahrstuhl beförderte sie pfeilschnell zu einer der sechs Aussichtsplattformen, die sich über der zum Teil fertiggestellten dritten Stufe befanden.
    Sam ging hinter Blackfriar eine Rampe hoch, durch das große offene Portal auf das riesige, ebene Gelände. Orton eilte mit schnellen Schritten zu der durchsichtigen Abgrenzungsmauer an seiner Kante.
    Sam kam zu ihm, und die beiden standen da und sahen auf die beleuchteten Canons hinunter, die die Schichten der Stadt durchschnitten. Direkt unter ihnen befanden sich einzelne Sektionen noch im Bau, die von blitzender Arbeitsbeleuchtung erhellt wurden. Die neue Stadt war ein diamantenbesetztes Gitterwerk, ein Leviathan, der auf der Basis von Manhattan, Bronx, Brooklyn und Queens stand. Der Hafen von New York lag unter der gigantischen Konstruktion, ebenso wie die wiederaufgebaute Freiheitsstatue und der East River, die nur zum Meer geöffnet waren und, vor Sonne und Sternen verborgen, ausschließlich von künstlichen Lichtquellen beleuchtet wurden.
    Der Atlantische Ozean lag dunkel im Osten. Sam sah zum Himmel hinauf. Er spürte eine kühle Brise; die Sterne funkelten. Einen Augenblick lang wurde er vom Zauber der Ideen von Orton und Richard gefangengenommen, und er wünschte sich, Janet wäre hier und könnte das fühlen, was er fühlte.
    Er bekam in der Nachtluft langsam wieder einen klaren Kopf.
    „Im Amazonasgebiet gibt es Stellen“, sagte Orton, „wo man von Raumschiffen, seetüchtigen Städten oder von den Menschen, die sich ihr Leben auf dem Mond Jupiters aufbauen, noch nie etwas gehört hat.“
    „Die Gegenwart ist nie die Gegenwart“, sagte Sam. „Sie ist mit Schichten von beharrlichen Vergangenheiten vermischt.“
    Orton schaute auf das Leuchtzifferblatt seiner Uhr. „Kommst du ohne mich nach Hause? Ich muß bis zum Morgen in Santa Fé sein, weil ich dort einiges zu unterzeichnen habe.“
    „Ich bleibe noch ein bißchen hier“, sagte Sam.
    Er gab dem großen Mann die Hand und sah ihm nach, wie er in das beleuchtete Maul der Ausgangsrampe verschwand, das einen Augenblick lang zum feurigen Rachen eines riesigen Tiers zu werden schien, das unter den Sternen kauerte. Dann drehte er sich wieder um, um über die Milliarden Lichter hinauszusehen, die zu seinen Füßen verteilt waren.
    Wie sah Janet ihn wirklich? War er nur ein Schwager, voll von freundlichem Wohlwollen? Plötzlich erschien es absurd, daß er ihr Liebhaber sein sollte, daß sie sich nur im geringsten für ihn interessieren sollte. Orton war vielleicht mehr ihr Typ. Orton lebte sein Leben voller Leidenschaft, und er schien sich auf eine neue Anstrengung vorzubereiten, die seiner Existenz eine neue Richtung geben würde.
    Orton und Richard hatten in ihm etwas in Bewegung gesetzt, die Erwartung auf eine mögliche Erneuerung geweckt.
    Der Wind wurde stärker und kälter. Er stellte sich vor, wie die

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