Makroleben
etwas Neues von den Untersuchungen?“
„Richard erfährt vielleicht etwas, wenn er dort hinkommt.“
„Wie geht es in der Gesellschaft?“
„Ganz gut“, sagte sie mit einem Achselzucken. „Mike hat mit Richards, Ortons und meiner Hilfe die Sache in der Hand. Bulero geht auch ohne Jack weiter. Die Tatsache, daß Richard eingestiegen ist, hat die Aktien stabil gehalten, aber ich weiß, daß ihm die Unterbrechung seines Lebens nicht paßt. Ich bin sicher, das ist der Grund, warum ich Margot noch nicht kennengelernt habe – ich glaube, sie kann mich nicht leiden.“
„Ich möchte gern wissen, warum Jack gestorben ist.“
„Es gibt da Geschichten“, sagte sie, „über etwas in dem Reaktor der Yacht und daß das mit dem Sarg so eine Art verrückter Spaß von Jacks eigener Art war, sich selbst öffentlich zu verbrennen, aber wir wissen, daß Jack sich einfrieren lassen wollte, wenn dazu noch etwas übrig war. Dahinter steckt mehr, als wir wissen.“ Sie schien freundlicher zu schauen, aber nur unter Anstrengungen. „Komm, laß uns frühstücken.“
„Wo bist du?“ rief Richard.
„Hier, in der Bibliothek!“ rief Janet zurück.
Sam sah sie von seinem Platz hinter dem Ebenholzschreibtisch an. Sie saß in dem alten bequemen Sessel mit dem Gesicht ihm zugewendet. Sie hatte ihr schwarzes Haar auf ihrem Kopf aufgetürmt und trug weiße Hosen mit einem ärmellosen Rollkragenpullover. Das silbrige Medallion, das Jack vor vielen Jahren der gesamten Familie zum Tragen gegeben hatte, hing um ihren Hals. Sam bewunderte die tiefe Bräunung und die seidige Haut ihrer nackten Arme. Sie saß selbstsicher unter seinem Blick und hatte ihre langen Beine lässig vor sich ausgestreckt.
Richard kam in das Zimmer und blieb mit einer nervösen, katzenartigen Grazie stehen. Sam hatte den Eindruck, als sei er größer und sein hellbraunes Haar sei dunkler geworden.
„Was gibt’s? Sieh dir einmal deine Kleider an“, sagte Janet. Sein kragenloses blaues Hemd und seine seitlich gebügelten Hosen waren mit Staub bedeckt, wie Sam bemerkte.
„Wir müssen aus diesem Haus heraus“, sagte Richard.
„Was ist denn los?“ fragte Janet.
„Das erkläre ich euch später. Wir müssen los.“
„Ich möchte es jetzt wissen – sag es uns“, verlangte Janet.
Richard fuhr sich mit der Hand durch das Haar. „Der Bulero-Komplex vor Chicago fällt auseinander. Alle drei Stufen – also, sie glühen merkwürdig, als würden sie von innen verbrennen.“
„Die ganze dreitausend Fuß hohe Pyramide?“ fragte Sam und versuchte, sich das vorzustellen.
„Ja. Eine Menge elektromagnetischer Phänomene treten auf. Es gibt Rauch. Alle sind evakuiert worden.“ Richard ging unsicher einen Schritt nach vorne.
„Darüber müssen sie doch in den Abendnachrichten berichten“, sagte Sam und sah sich nach der Fernbedienung um.
„Nein! Hört mir zu – uns bleibt keine Zeit. Es ist das Bulerit – es ist instabil. Als unsere beiden Erztransporter im Weltraum zerstört worden sind – wir haben die gleiche Art von Asche in Jacks Yacht und um seinen zerstörten Sarg gefunden. Als sie die Überreste der Yacht gehoben haben, waren die Bulerit-Statuen von Prometheus sowie das gesamte Bulerit auf dem Schiff verschwunden.“
Sam erkannte in Richards Augen die Angst, als hätte ein Teil von Jack von ihm Besitz ergriffen.
Jack hat sich selbst umgebracht, dachte Sam und verspürte eine schuldbeladene Befriedigung bei dem Gedanken.
„Der Mond der Erde“, sagte Richard leise, „ist voll von Bauten aus Bulerit. Alle unseren größeren Städte und Hunderte von den kleineren, die Siedlungen auf dem Meeresboden, die Magma- und geothermalen Leitungen … Patienten, die mit Knochen und Herzen aus Bulerit herumlaufen.“ Er sah Sam voller Verzweiflung an. „Selbst wenn wir alles dadurch zerlegen könnten, daß wir die Verbindungsstellen auseinanderreißen, und das ist keine Leichtigkeit – was sollen wir denn mit dem Zeug anfangen? Es würde Jahre dauern, bis wir es von dem Planeten weggeschafft haben.“
„Du bist hier, um uns vor dem Bulerit in dem Haus zu warnen“, sagte Janet. Sie machte einen ruhigen, resignierten Eindruck, aber Sam erkannte den verängstigten Ausdruck auf ihrem Gesicht.
„Wir müssen weg“, sagte Richard. „Das Haus ist alt genug, um eine Gefahr darzustellen. Haltet euch nicht damit auf, etwas mitzunehmen.“
Er drehte sich um und ging durch das Wohnzimmer hinaus in die helle Wüstennacht. Sam und Janet folgten ihm.
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