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Makroleben

Makroleben

Titel: Makroleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Zebrowski
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geschieht“, sagte sie. „Ich spüre das. Du kannst soviel – das muß leicht sein.“ Er wich ihrem Blick aus.
    Sie stemmte die Hände in die Hüften und sprach weiter. „Ein Kind würde uns im Dorf Ehre bringen, und wenn du gehst, bleibt mir noch etwas. Ich habe Jerad für dich aufgegeben. Wenn du weggehst und mich nicht mitnimmst, bin ich entehrt.“
    Er sah in ihr Gesicht und erkannte Angst darin. Wie konnte er sie verlassen, wenn sie ein Kind hatte? Konnte er sie beide mitnehmen? Plötzlich spürte er die Macht ihrer Bitte, ihre totale Tyrannei, die Starrheit ihrer Methode, die ihre Beziehung nicht aus Liebe oder Lust formte, sondern um die Weitergabe von genetischem Material sicherzustellen.
    Aber da war kein Kind, und es würde auch keines kommen, wenn er sich nicht dazu entschloß. Das spürte Anulka, und das machte sie wütend, weil es ihre Position im Dorf bedrohte. Wie konnte er es ihr erklären? Für ihn konnte es keine Kinder geben, bis er sich nicht dazu entschloß, Lehrer-Vater oder Leitfigur zu werden und sich ganz und gar der Aufgabe widmete, Personen aufzuziehen, die anders als er waren. Hier waren Kinder Instrumente der persönlichen Macht und eine physische Notwendigkeit. Ohne sie gab es keine Zukunft, aber sie wurden nur geboren, um in der Vergangenheit zu leben.
    Anulka lächelte, nahm seine Hände und setzte sich hin. Sie zwang ihn damit zu knien. Sie ließ ihn los und zog das Vorderteil ihres weiten Hemds über ihre Hüfte. Dunkle Gestalten waren in der ersten Nacht mit ihr in ihre Hütte gekommen, lächelnde Hexen, die sich über sie lehnten und sie mit Tierhäuten zudeckten. Anulka zog ihn auf sich herab. Sie will, daß ich für immer bleibe, dachte er. Er hatte geträumt, daß sein Skelett neben ihrem in der heißen Ebene lag. Er hatte versucht, sie zu umarmen, aber da war kein Fleisch gewesen, um seine Arme zu bewegen. Er riß sich los und taumelte auf die Füße.
    Anulka stand plötzlich auf, ballte eine Faust und schlug ihm ins Gesicht. Er biß sich unwillkürlich auf die Zunge. Sie hob die Arme, um sich vor seiner Vergeltung zu schützen, ein klägliches Tier, das das Unvermeidliche erwartete. Er trat einen Schritt zurück, um ihr zu zeigen, daß er sie nicht schlagen würde.
    Sie ließ ihre Arme sinken und spuckte nach ihm. „Du bist ein Feigling. Du hast sogar Angst davor, eine Frau zu schlagen.“
    Wie wenig sie von sich selbst hält. Sie war der fleischgewordene Brennpunkt seiner Schuldgefühle den Dreckwelten gegenüber. Er wollte durch sie helfen, aber wenn er damit etwas erreichen wollte, mußte er immer abseits stehen. Anulka hatte daran gearbeitet, ihn in das Leben auf dieser Welt hineinzuziehen, aber er wußte jetzt, daß er nicht in der Lage war, soviel von sich selbst aufzugeben. Wie konnte er ihr seine Enttäuschung erklären? Wie konnte er ihr die Schuld dafür geben, daß sie nicht das war, was er wollte? Er hatte sie vollständig enttäuscht und sie in den Augen des Dorfs erniedrigt.
    Sie drehte sich um und ging weg. Er dachte an sein eigenes Alter und an die neue Welt, die sie bauten. Er dachte an die Knochen in dem alten Sternenschiff. Lea war nicht so aufgewachsen, daß das Opfer von denen gerechtfertigt worden war, die den Weltraum durchquert hatten, um sich hier niederzulassen.
    Er beobachtete Anulka auf ihrem Weg zurück in das Dorf. Er hätte sie lieben können – das wäre vielleicht freundlicher gewesen.
    Er ging zu der Kante des Felsens, kletterte den Lehmabhang hinunter und ging in den Wald. Er folgte dem Pfad bergaufwärts bis zu der Lichtung, in der er den Gleiter abgestellt hatte. Er brauchte ein Gespräch mit Blackfriar. Anulka hatte es nicht gefallen, daß er dort hinaufging, um sich Nahrungsmittel zu holen. Er hatte daher viel von dem, was er brauchte, in die Hütte hinuntergeschafft. Sie war jedoch noch immer mißtrauisch, wenn er wegging, um mit den Stimmen vom Himmel zu sprechen.
    Einmal hatte sie ihn gefragt, ob er die Nahrung, die er zu sich nahm, wachsen lasse oder getötet habe. Seine Beschreibung einer Nahrungsmittelfabrik hatte sie enttäuscht. Sie hätte gern Visionen von einem fremden Land auf der anderen Seite des Himmels gehört, eine Beschreibung wilder Tiere, Dschungel und von Jägern auf Pferden, so groß wie Berge. Sie war vor allem auf der Suche nach machtvollen Gestalten, die sie aus der Härte ihres Lebens erlösen könnten. Wir haben die Probleme des planetarischen Lebens gelöst, dachte er, und jetzt verstehen uns die Menschen

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