Mala Vita
Blick schien den Offizier in einen Würgegriff zu nehmen. »Man hat mich mit der Aufklärung des Mordes an Cardone beauftragt. Seltsamerweise beschattete der Inlandsgeheimdienst seit zwei Jahren diesen Rechtsanwalt, weil man dort wusste, dass er Mitglied der Mafia war. Dann haben wir Ihren SISMI , auch der beschattete Cardone seit geraumer Zeit. Dazu stand die Staatspolizei in den Startlöchern, Cardones Kanzlei zu stürmen, weil sie Erkenntnisse hatte, dass er der Consigliere von Romano Grasso war. Jetzt geistern in meinem kranken Kopf zwei Fragen herum, die mich völlig verwirren.« D’Aventuras Augen glitzerten diabolisch. »Wie viele Agenten haben bei der Ermordung Cardones zugesehen? Und welche Interessen verfolgen Sie, mein lieber Fessoni?«
»Die gleichen wie Sie.« Der Colonnello wechselte einen schnellen Blick mit Casagrande, der unmerklich nickte. »Aus diesem Grunde, verehrter Comandante, werden Sie mir jetzt sagen, was Sie als Nächstes zu tun gedenken.«
»Wie bitte?« D’Aventura saß stocksteif auf seinem Stuhl. Die Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Seine Lippen bebten. »Wie darf ich das verstehen?«
»Die Ermittlungen im Mordfall Cardone sind ab sofort ausschließlich auf der Ebene des Innenministeriums angesiedelt und werden auch von dort koordiniert.«
»Das könnt ihr zwei Spinner überhaupt nicht entscheiden!« Der Comandante lachte.
»Das können wir. Und wie wir das können!«, giftete Fessoni. »Und um Missverständnisse auszuräumen: Das war ein Befehl und keine Bitte. Sollten Sie sich querlegen, können Sie Ihren Job an den Nagel hängen, das garantiere ich Ihnen. Wenden Sie sich an Ihren Chef Minetti. Er wartet bereits auf Ihren Anruf.«
»Von wem kommt diese Sauerei?«
»Von ganz weit oben. Wir haben uns mit Questore Minetti bereits abgestimmt. Sie sind aus dem Spiel! Und nun verrate ich Ihnen noch ein Geheimnis: Wir überwachen Roberto Cardone seit einiger Zeit. Sozusagen hautnah. Übrigens auch das Anwaltsbüro in Premeno. Sie würden unsere Kreise nur stören. Um Premeno machen Sie gefälligst einen großen Bogen. Das gilt auch für Ihren Wadenbeißer, diesen Commissario Venaro.«
D’Aventuras legte das Besteck auf den Tellerrand. »Ach, daher weht der Wind!«, fauchte er.
»Gegenwind, mein Lieber!« Fessoni grinste unverschämt.
»Bei Rückenwind kann man keinen Drachen steigen lassen, haben Sie das schon einmal bemerkt? Es bewahrheitet sich doch immer wieder«, flüsterte d’Aventura über den Tisch. »Arschkriecher sind deshalb so schwer auszumerzen, weil sie jeder gesunden Verdauung entgehen. Sie werden meine Ermittlungen nicht aushebeln!« Außer sich vor Wut warf er die Serviette auf den Tisch. »Da haben Sie ganz schlechte Karten, Signori. Ich darf mich empfehlen und wünsche weiterhin guten Appetit.
Buona giornata!
« Er stand auf, schob geräuschvoll seinen Stuhl beiseite, griff nach seiner Reisetasche und verließ das Restaurant.
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Schlechte Nachrichten
V or der Tür des Ristorante »Donatello« winkte er einem Taxi, das gerade vorbeifuhr, stieg ein und ließ sich zur Piazza Maggiore fahren. Dort mischte er sich unter die Passanten und ließ sich im Strom flanierender Menschen durch die Altstadt treiben. Kurz entschlossen betrat er ein Kaufhaus, erwarb einen Stadtplan und verließ das Haus wenige Minuten später durch den Hinterausgang. Gleich neben der Drehtür blieb er an die Wand gelehnt stehen, rauchte eine Zigarette und suchte im Stadtplan die Vicolo Santa Lucia, während er gleichzeitig die Straße unter den Augenlidern hervor beobachtete. Nach einigen Minuten war er sich sicher, dass ihm niemand gefolgt war.
Gemächlich spazierte er unter Bolognas Arkaden weiter in Richtung Vicolo Santa Lucia. Ockerfarbene, gelbe und zinnoberrote Häuserfronten mit kunstvollen alten Holztüren säumten die engen Gassen des mittelalterlichen Stadtkerns. Besonders die Innenhöfe mit ihren zierlichen Säulen, steinernen Brunnen und üppigen Bepflanzungen faszinierten ihn immer wieder. Nach knapp fünfzehn Minuten stand er vor Roberto Cardones Haus. Vor dem Eingang lungerte eine Gruppe jüngerer Leute, die sich als Mitarbeiter von Klatschjournalen entpuppten und, wie er im Vorbeigehen aus ihren aufgeregten Diskussionen heraushören konnte, ebenfalls mit Cardone sprechen wollten. D’Aventura gab sich nicht zu erkennen und betrat das Haus. Von Cardones Nachbarin erfuhr er, dass die beiden Freunde vermutlich wie jeden Tag in der Via dell Pratello ihren Espresso
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