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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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karibischer Unbeschwertheit zugedeckt zu werden.
    Sir Edwin kam zurück und stellte mit einem Lächeln den Cappuccino auf den Tisch. »Sie sehen nachdenklich aus, Roberto«, bemerkte er. »Offen gestanden, bin ich froh darüber. Die meisten Menschen würden in dem Bewusstsein, plötzlich sehr reich zu sein, die unsinnigsten Pläne machen. Geld steigt den Menschen schnell in den Kopf. Ihr Bruder hatte recht, Sie werden sorgsam mit dem Vermögen umgehen.« Sir Edwin hatte wieder auf der Holzbank Platz genommen und zog seine Hosenbeine an den Bügelfalten ein wenig nach oben. »Ich will Sie nicht drängen, aber wenn Sie Ihren Cappuccino getrunken haben, sollten wir uns auf den Weg machen.«
    »Wenn es nach mir geht, können wir sofort losfahren«, erwiderte Cardone und leerte die Tasse mit einem Schluck.

    Knapp eine Stunde später hatte Sir Ghallagers Chauffeur Saint John’s erreicht. Der Wagen hielt in der belebten Cross Street im Zentrum der Stadt vor einem unscheinbaren, zweistöckigen Betonbau, den Cardone auf den ersten Blick niemals als Bank erkannt hätte.
    »Wir sind da«, meinte Sir Ghallager, öffnete die Wagentür und stieg aus. »Ich weiß«, sagte er mit unverkennbarem Stolz in der Stimme, »dass Besucher, die unser Gebäude zum ersten Mal sehen, kaum glauben, dass wir die Bank mit den bedeutendsten Einlagen im karibischen Raum sind.«
    Cardone folgte ihm mit einer gewissen Skepsis. Beim Betreten des Schalterraumes konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sich neugierig umblickte. Es schien ihm geradezu unvorstellbar, dass hier nennenswerte Geldgeschäfte getätigt wurden.
    »Gehen wir in mein Büro!«, sagte Sir Edwin mit einem Schmunzeln und wandte sich zur Treppe, die nach oben führte. Im zweiten Stock befand sich am Ende des kahlen Ganges Sir Ghallagers Büro, ein funktional eingerichteter Raum ohne Pomp und ohne aufwendiges Mobiliar. Lediglich eine gemütliche Sitzecke mit schwarzen Ledersesseln gab dem Raum eine einladende Note.
    Sir Edwin bat Cardone Platz zu nehmen. Er telefonierte mit seinem Vorzimmer. »Ich benötige die Akte Enrico Cardone respektive Roberto Cardone.« Dann wandte er sich wieder an seinen Gast. »Und von Ihnen, verehrter Roberto, benötige ich nun Ihren Ausweis und das Codewort«, bemerkte er wie beiläufig.
    »Archimedes, so hieß unser Hund.«
    Sir Ghallagers linke Augenbraue zuckte. »Enrico hatte immer diesen subtilen Humor.«
    Es klopfte an der Tür und eine dunkelhäutige junge Dame trat ein. Wieder musste Cardone lächeln, denn Ghallagers Sekretärin, wohl kaum über zwanzig, trug zu ihrem strengen grauen Kostüm flache Schuhe und weiße Kniestrümpfe, als sei sie gerade einem College entsprungen.
    »Die gewünschten Unterlagen, Sir«, sagte sie ernst, übergab dem Banker den Schnellhefter und verschwand wortlos.
    Sir Edwin schlug die Mappe aus gelber Pappe auf, entnahm ihr zwei Kontoausdrucke und schob diese kommentarlos hinüber zu Cardone, während er ihn skeptisch musterte. »Lesen Sie selbst!«, murmelte er, lehnte sich im Sessel zurück und schlug die Beine übereinander.
    Cardone nahm die beiden Auszüge und erstarrte. Das Blut wich ihm aus dem Gesicht und seine Hände zitterten leicht. Dann blickte er auf. Ghallager saß immer noch schweigend im Sessel und beobachtete ihn. »Sie müssen lediglich die Übertragungspapiere unterschreiben«, unterbrach er die Stille, »dann können Sie über das Vermögen Ihres Bruders verfügen.«
    »Ich kenne den Kurs des karibischen Dollars nicht …«, brach es aus Cardone hervor. Seine Augen waren vom Schock geweitet.
    »Die Wertstellung ist in US -Dollar«, erwiderte Ghallager ruhig.
    »Dio mio!«
Cardone schlug ein Kreuzzeichen und starrte auf die Zahl, bis sie vor seinen Augen flimmerte. Endlich fasste er sich. »Sie wollen mir jetzt nicht weismachen, dass auf diesem Konto dreihundertzweiundachtzig Millionen Dollar sein sollen!«
    »Weshalb sollte ich das tun, Roberto? Es ist Ihr Geld. Sie können ab sofort darüber verfügen. Enrico hatte überdies ein zweites Konto.« Er deutete auf den anderen Kontoauszug, den Cardone noch gar nicht beachtet hatte. »Ich habe es vor etwas mehr als zehn Jahren für ihn eingerichtet. Es ist allerdings ein eher unbedeutender Betrag«, fuhr Sir Edwin seinen Satz fort.
    Cardone warf einen beinahe ängstlichen Blick auf das zweite Blatt. »Unbedeutend …!«, bemerkte er fassungslos. In seiner Stimme klang Hysterie an. »Knapp fünf Millionen Dollar!«, keuchte er. »Was für eine

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