Mala Vita
freilich seit langem. Aber diese Herrschaften waren bislang unantastbar, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Zwei meiner Hauptverdächtigen sind wie vom Erdboden verschwunden: Licio Massimo und Bettino Santorini«, gab d’Aventura zu bedenken. »Wir wollten sie noch einmal in Sachen Monti und dessen Identität befragen. Auch diesbezüglich sind wir keinen Schritt weitergekommen.«
Die grüblerische Miene des Generalstaatsanwalts fiel d’Aventura sofort auf.
»Man hat Massimo und Santorini beobachtet, als sie sich auf Grassos Jacht haben bringen lassen. Die ›Alexandra‹ hat die Anker gelichtet und ist ausgelaufen. Vier Stunden später erreichte sie wieder den Hafen von Palermo, und die Gäste gingen von Bord. Ohne die beiden Signori. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Früher oder später werden sie auftauchen, schätze ich. Es ist kaum vorstellbar, dass Grasso in Anwesenheit von ranghohen Politikern und Industriemagnaten zwei seiner engsten Mitstreiter liquidiert hat.«
»Ich traue ihm selbst das zu«, erwiderte d’Aventura. »Und wer ist der tote Monti?«
»Das kann und darf ich Ihnen im Augenblick nicht sagen.« Santapola sah d’Aventura offen in die Augen. »Ich bitte Sie um Ihr Verständnis. Viel wichtiger ist mir, dass Roberto Cardone nicht zwischen den Fronten aufgerieben oder gar ermordet wird.«
»Ihr Wunsch in Gottes Ohr! Ich glaube kaum, dass Cardone unbehelligt italienischen Boden betreten kann«, wendete d’Aventura ein. »Sobald Romano Grasso ahnt, dass es eng für ihn wird, befürchte ich das Schlimmste. Wenn seine Killer dieser Lorano nicht zuvorkommen, werden andere Cardone irgendwann aufstöbern, selbst wenn wir ihn mit neuer Identität ausstatten. Es wird immer andere geben … Meiner Meinung nach hat er keine Überlebenschance.«
Der Staatsanwalt wiegte skeptisch den Kopf. »Dennoch müssen wir alles tun, um ihn zu schützen. Das sind wir ihm schuldig. Auf der anderen Seite wird der Schlag gegen die Mafia erheblich sein. Grasso wird keine Gelegenheit haben, einen Mordauftrag zu erteilen. Sofern nicht noch etwas Unerwartetes geschieht, kann er ohne Angst nach Bologna zurückkehren. Immerhin scheint er nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Er hat, wie er schreibt, fast vierhundert Millionen Dollar auf das Konto der Finanzbehörde in Rom überweisen lassen und der Staatsanwaltschaft eine Kopie der Transaktion ausgefertigt. Es ist Geld aus Steuerhinterziehungen, Subventionsbetrug und anderen Delikten der Mafia. Es steht dem italienischen Fiskus zu. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, damit Cardone am Leben bleibt. Überdies werden wir Romano Grasso nicht aus den Augen verlieren und ihn sofort festsetzen, wenn die Originalpapiere bei mir eingetroffen sind.«
»Haben Sie keine Sorge, dass Agenten der SISMI uns kurz vor Torschluss in die Suppe spucken? Für mich sieht es aus, als würden sie ihr ganz eigenes Ziel verfolgen. Ich kann nur hoffen, dass man Grasso das Handwerk legt.«
»Ich kenne die Ziele, möchte sie aber hier nicht vertiefen. Dass es im Rüstungsgeschäft gemeinsame Interessen gibt, die Romano Grasso haben mächtig werden lassen, ist unbestritten. Es gibt zu viele, die den Geist der Waffen beschwören, leider nur wenige, die auf die Waffen des Geistes schwören. Seien Sie versichert, lieber d’Aventura – ich darf Sie doch so nennen –, eine kleine Gruppe von machtbesessenen Faschisten mag glauben, ihr politisches Verständnis von Demokratie mit Unternehmensmonopolen und rechtsgerichtetem Gedankengut durchsetzen zu können, aber sie wird eines Besseren belehrt werden. Glauben Sie mir, diesen Herrschaften werden wir das Handwerk legen!«
»Und ein kleiner Cardone wird auf der Strecke bleiben«, gab d’Aventura zu bedenken.
»Nein!«, antwortete Santapola harsch, und man sah ihm an, dass er es ernst meinte.
»Was macht Sie so sicher?«
»Wir sind nicht allein auf den Erfolg von Signora Lorano angewiesen. Ich werde Oberst Pallardo beauftragen, mit den Behörden von Antigua Kontakt aufzunehmen. Wir werden überdies unsere guten Verbindungen nach England und in die USA nutzen. Staatsoberhaupt von Antigua ist der Monarch des Vereinigten Königreiches, also die englische Königin. Den USA obliegt ein wichtiger Teil der nationalen Sicherheitspolitik. Insofern bin ich optimistisch, dass wir im Notfall auch in Antigua eingreifen können.«
Obwohl d’Aventura auf sich und seine Arbeit hätte stolz sein dürfen, Freude empfand er nicht. Nicht einmal Genugtuung. Wie
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