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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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vorgestellt hatte. Relativ klein, schlank, beinahe schmächtig, mit sanftem Blick, weichen Händen und feingliedrigen Fingern.
    Dottore Santapola sah auf, und d’Aventura blickte in seine aufmerksamen Augen. »Ich möchte Ihnen für Ihren Einsatz danken, Comandante«, begann der Generalstaatsanwalt mit einer dünnen Stimme, die den Eindruck erweckte, als habe er nicht die Kraft, laut und deutlich zu sprechen. »Wenn uns dieser Cardone tatsächlich die schwarze Buchhaltung der Mafia geschickt hat und wenn sich bewahrheitet, was er in dieser E-Mail an seinen Freund andeutet, wird man sehr genau überlegen müssen, wie man mit der Angelegenheit umzugehen hat.«
    D’Aventura presste die Lippen zusammen und zog die linke Augenbraue hoch.
    »Ich vermute, Sie sind sich der Tragweite Ihres Erfolges nicht bewusst, verehrter Signor d’Aventura. Italien ist Ihnen zu Dank verpflichtet. Sie haben etwas zustande gebracht, was die SISDE seit mehreren Jahren erfolglos versucht.« Dottore Santapola erhob sich und wanderte schweigend durch sein Büro, einen prachtvoll eingerichteten Raum, der die Macht der Justiz eindrucksvoll vermittelte. Es herrschte bedrückende Stille.
    »Was können Sie unternehmen, um Roberto Cardone aus dieser Geschichte lebend herauszukommen?«, beendete der Comandante das Schweigen.
    Der Generalstaatsanwalt blieb abrupt stehen und wendete sich mit einem fragenden Blick um. »Weshalb sollte ich etwas unternehmen?«
    D’Aventura stockte der Atem. »Bei allem Respekt, Signore! Rosanna Lorano ist bei ihm!«
    »Ich weiß. Dort ist er sicher wie in Abrahams Schoß.« Santapola lachte laut auf, als er d’Aventuras ratlose Miene sah. »Vor ein paar Tagen hätte ich es Ihnen noch gar nicht sagen können. Nachdem sich aber die Sache positiv entwickelt hat, ist Rosanna Loranos Tarnung ohnehin obsolet geworden. Leider. Wir werden in Zukunft auf sie verzichten müssen. Ich werde offen sein zu Ihnen: Sie arbeitet für mein Ministerium, genauer gesagt, für die SISDE . Es hat sehr viel Zeit und Mühe gekostet, sie als eine
assassina
, eine Mörderin der Mafia, aufzubauen. Es gab niemanden, der sich für dieses Himmelfahrtskommando besser geeignet hätte als sie.«
    »Madonna«,
entfuhr es dem Comandante. Fassungslos blickte er Santapola in die Augen. »Und unsere Truppe in Palermo ging davon aus …« Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Wer weiß
noch
von ihrer wahren Rolle?«
    »Außer mir und jetzt auch Ihnen insgesamt sechs Leute. Handverlesene, loyale und absolut zuverlässige Männer. Es war unabdingbar, dass ihre Funktion eine geheime Kommandosache blieb. Und bevor Sie jetzt weitere Fragen zur Person Lorano stellen, möchte ich Sie um striktes Stillschweigen bitten. Jedenfalls so lange, bis dem Spuk ein Ende bereitet ist.«
    D’Aventura nickte verständnisvoll. Trotzdem, die Überraschung stand ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. »Was geschieht jetzt?«
    »Oberst Pallardo steht mit mir und dem Innenminister in ständiger Verbindung. Sobald Cardones Unterlagen hier eingetroffen sind und sich seine Ankündigung bewahrheitet, erfolgt der Zugriff auf den betroffenen Personenkreis. Seit Jahren sind wir hinter Romano Grasso und jenen her, die ihre schützende Hand über ihn halten. Wir schätzen den Schaden für den italienischen Fiskus durch Geldwäsche und illegalen Kapitaltransfers auf mehr als zwanzig Milliarden Euro jährlich. Das ist eine ungeheure Summe. Zahlungen aus Korruptionsvergehen sind dabei nicht berücksichtigt. Aber im Grunde ist das nicht unser eigentliches Problem.«
    »Was dann?«, fragte d’Aventura verblüfft.
    »Es mag Ihnen genügen, wenn ich Ihnen verrate, dass wir mit einem machtpolitischen Umsturz rechnen. Es gibt starke faschistoide Strömungen, die das demokratische Gefüge unserer Nation nachhaltig verändern würden, wenn wir die Drahtzieher nicht aus dem Verkehr ziehen. Doch diese Maßnahme ist erst möglich, wenn wir hieb- und stichfeste Beweise in Händen haben. Scheinbar ist dieser Tag endlich gekommen.«
    »Ja«, antwortete d’Aventura. »Und Sie können sich auf mich verlassen.« Er erhob sich und rieb sich nachdenklich die Stirn. »Sie haben meinen ausführlichen Bericht von Procuratore Ponti erhalten?«
    Dottore Santapola lächelte. »Wirklich eine bemerkenswerte Analyse, die Sie angefertigt haben. Bis auf einige Details haben Sie ins Schwarze getroffen. Von den dreizehn Namen, die Cardone in seiner Mail erwähnt, fehlten in Ihrem Bericht nur sieben. Ich kenne sie

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