Mala Vita
der FATF in Verbindung. Die ›Financial Action Task Force‹ ist eine Einrichtung der acht führenden Industrieländer. Jedes Jahr veröffentlicht sie eine Liste der nicht kooperativen Staaten und Gebiete im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Geldwäscherei und der organisierten Kriminalität.«
»Ich bitte Sie, d’Aventura! Ich habe allmählich genug von Ihren Ausführungen. Was hat das alles mit dem Mord an Cardone zu tun?«
»Cardones Ermordung ist der Schlüssel zur Aufklärung eines Finanzskandals.« D’Aventura kramte erneut in seiner Hosentasche und förderte einen Zettel zutage. »Wenn Sie die Güte hätten, verehrter Questore, noch ein wenig zuzuhören, dann erschließt sich auch Ihnen mein Geheimnis.«
»Nun gut«, maulte Minetti eingeschnappt, »machen Sie weiter!«
»Danke«, murmelte der Comandante und las vor: »Zu den sogenannten Steuerparadiesen gehören derzeit Ägypten, die Cook Islands, Dominikanische Republik, Vanuatu, Guatemala, Indonesien, Israel, der Libanon, die Marshallinseln, Saint Vincent und Grenada, um nur die Wichtigsten zu nennen. Die UN schätzt die Höhe des gewaschenen Geldes alleine in Vanuatu auf zwei bis drei Milliarden US -Dollar pro Jahr, in den restlichen Steuerparadiesen auf mehr als hundert Milliarden Dollar. Damit kommen in Vanuatu mehr Euro auf den Quadratmeter, als Italien Einwohner hat.«
Minetti funkelte d’Aventura böse an. »Und wo ist der Witz?«
»Die Köpfe der Rizzolo-Konstruktion sind beziehungsweise waren – wie wir wissen, aber leider nicht beweisen können – Enrico Cardone, Licio Massimo, Bettino Santorini und Don Romano Grasso. Die vier trafen sich laut SISDE regelmäßig sowohl in Palermo als auch am Lago Maggiore im Grand Hotel ›Des Iles Borromees‹ in Stresa.«
»Ich weiß nicht, weshalb Sie dieses Szenario aufbauen wollen, d’Aventura. Mich überzeugt es nicht. Konzentrieren Sie sich gefälligst auf den Mörder dieses Cardone und nicht auf die Geschäftsangelegenheiten angesehener Bürger! Vielleicht machen die Signori gerne miteinander Urlaub.«
»Von wegen Urlaub!«, entgegnete d’Aventura bissig. »Da geht es um die großen Deals und um nichts anderes.«
»Saßen Sie am Nebentisch? Konnten Sie mithören, was die Herren besprochen haben? Oder haben Sie an den Meetings teilgenommen? Sicher nicht!«
»Lassen Sie mich ausreden, verehrter Signor Questore. Cardone wurde seit zwei Jahren von Agenten des SISDE beschattet. Wie wir wissen, hat er kurz vor Bekanntwerden des Rüstungsskandals den Chef des Untersuchungsausschusses wegen einer unangenehmen Frauengeschichte in die Öffentlichkeit gezerrt und dessen Reputation nachhaltig zerstört. Der Mann musste zurücktreten. Gleichzeitig wurden seine dubiosen Kontakte zur Mafia ruchbar. Kurz darauf hat man zwei Staatsanwälten die Ermittlung in dieser Sache entzogen. Heute arbeiten sie in irgendeinem Provinzkaff, wo sie keinen Unfug mehr anstellen können. Eine Woche nach Versetzung der unbequemen Signori wurde Minister Gecco erschossen.«
Minetti war wieder von seinem Stuhl aufgesprungen und starrte d’Aventura zitternd vor Aufregung an. »Und weshalb konnte Cardone in Palermo umgebracht werden, während der Geheimdienst ihn überwachte? Und auch noch auf diese Weise? Madonna …! Lassen Sie die Kirche im Dorf, Comandante! Bis jetzt haben Sie nur Mutmaßungen, Annahmen, wilde Konstruktionen und Unterstellungen geäußert. Langer Rede kurzer Sinn: Ich befehle Ihnen, sich auf Ihre Arbeit zu konzentrieren und diese Leute in Ruhe zu lassen! Und wissen Sie auch weshalb?« Minettis Gesichtszüge wirkten herrisch und entschlossen. »Weil ich der Chef dieser Behörde bin, und als Questore der Antimafiadirektion in Sizilien kann mich Oberst Pallardo …«
»Kreuzweise?«, fiel d’Aventura Minetti ins Wort und grinste amüsiert. Doch im gleichen Augenblick verdüsterte sich seine Miene. »Weshalb werde ich das Gefühl nicht los, dass Sie mir mit aller Macht Knüppel zwischen die Beine werfen?«
In Minettis Gesicht machte sich ein süffisantes Lächeln breit. »D’Aventura, Sie sind, wie ich von vielen Seiten höre, ein hervorragender Kriminalist. Intelligent, geistreich, erfahren und renitent.«
»Er ist nicht renitent, er ist stur! Und er hat eine gute Linke«, tönte Venaro aus dem Hintergrund und feixte übers ganze Gesicht.
»Schnauze, Emilio!«, rüffelte d’Aventura seinen Assistenten und richtete wieder das Wort an Minetti. »Ich lasse mir von niemandem einreden, dass ich
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