Mala Vita
Palermo und Umgebung veredelt und dann in ganz Europa verkauft. Der Erlös aus dem Drogengeld landet kofferweise in Steueroasen.«
Minetti starrte d’Aventura fassungslos an. »Sie sind doch völlig aus der Spur! Und jetzt wollen Sie mir sicher mitteilen, wer wahrscheinlich, vermutlich oder möglicherweise die Drogengelder außer Landes schafft. Nicht wahr?«
D’Aventura lachte freudlos. »Kuriere, wer sonst! Aber wer das Ganze managt, das weiß ich. Grasso, Santorini und Massimo. Sie drehen ein gigantisches Rad.«
Minetti lachte hysterisch. »Und wie kommt die Gruppo Agosto zu ihrem Geld, wenn es nicht auf ihrem Konto landet, sondern in einem Steuerparadies?«, fragte er höhnisch.
»Endlich stellen Sie die richtigen Fragen, Questore!«, knurrte d’Aventura grollend. »Denn ab jetzt geht es zu wie bei Monopoly. Die Auslandsabteilung des SISDE hat uns in Kenntnis gesetzt, dass in Vanuatu eine Offshore-Firma mit dem Namen Rizzolo Venture Capital gegründet wurde. Ihre Erkenntnisse weisen darauf hin, dass Enrico Cardone der Drahtzieher gewesen sein muss. Leider fehlen Beweise. Wechselnde Kuriere bringen die Bargeldbeträge in Grassos Privatjet nach Vanuatu.«
»Unbewiesen!«, keifte Minetti.
»Aber nur deshalb, weil die Guardia Finanza an italienischen Flughäfen aus welchen Gründen auch immer nie die Frachten in diesem Jet überprüft. Irgendjemand scheint Grassos Interesse zu teilen, dass die Scheinchen sicher Italien verlassen.«
»Aha! Und wie geht das Märchen Ihrer Meinung nach weiter?«
»In der Republik Vanuatu werden die vielen Dollars auf das Firmenkonto bei einer seriösen Bank einbezahlt«, erläuterte d’Aventura weiter, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. »Wir gehen davon aus, dass es sich entweder um die Western Union oder die Westpac Bank handelt.«
Minetti grinste herablassend. »Wir gehen wieder einmal davon aus …!«
»Ja, genau!«, polterte d’Aventura. »Und ich hoffe, Sie freuen sich auf das Happy End meiner Geschichte.«
»Aber ja doch, erzählen Sie! Ich kann es kaum erwarten. Ich liebe Geschichten, wenn sie so phantasievoll sind wie die von Pinocchio und Cepetto.«
D’Aventura warf Minetti einen vernichtenden Blick zu, fuhr aber fort: »Die Gruppo Agosto brauchte viel Geld, um zu überleben. Wissen Sie weshalb?«
»Keine Ahnung! Hauptsache, Sie können es mir schlüssig erklären«, höhnte Minetti.
»Aber gerne doch! Ich gebe Ihnen ein Beispiel, damit Sie es auch begreifen: Ein Unternehmen verkauft ein Exportprodukt, sagen wir eine Schnellfeuerwaffe, an seine Offshore-Gesellschaft, die Romano Grasso und Konsorten und vielleicht auch einigen Politikern gehört, zu dem reduzierten Preis von fünf Euro. Grasso u.a. verkaufen die Knarre zum höheren internationalen Marktpreis von fünfhundert Euro. Der Gewinn verbleibt in der Offshore-Gesellschaft, Agostos Verlust aber wird bei unserem Finanzamt geltend gemacht. Zweimal verdient. Verstanden?«
Minettis Unterkiefer klappte nach unten.
»Faszinierend allerdings ist, wie das viele Geld schneeweiß in den legalen Finanzkreislauf Italiens zurückkehrt«, knurrte d’Aventura, während seine Augen angriffslustig funkelten. »Man gründet auf einer dieser paradiesischen Inseln eine Vertriebsgesellschaft. Die Gruppo Agosto geht Lieferverträge mit diesem Unternehmen ein, die sie mit festen Lieferdaten und einer hohen Konventionalstrafe bei Verzug absichern. Selbstverständlich kann die Vertriebsgesellschaft nicht vertragsgemäß liefern.« D’Aventura beobachtete mit scharfem Blick Minettis abweisende Miene.
»Und weiter?«, fragte der Questore unwillig.
»Die Gruppe Agosto verklagt das Unternehmen wegen Lieferverzug auf Schadensersatz und gewinnt natürlich vor Gericht. Das Unternehmen in der Karibik muss zahlen. Das Geld wird überwiesen – in einer völlig legalen Transaktion.«
Der Questore schüttelte ungläubig den Kopf. »Sie meinen, man missbraucht vorsätzlich unsere Richter?«
D’Aventura nickte und fuhr fort: »Es gibt mehrere Varianten der Geldwäsche. Grasso ist in dieser Hinsicht sehr einfallsreich. Aber nicht nur er. Kürzlich entdeckte man Exportwaren, die mit falschen Preisen ausgezeichnet waren. Bulldozer waren mit einem Preis von fünfhundertzwanzig Dollar deklariert, Gabelstapler kosteten dreihundertachtzig Dollar, wohlgemerkt das Stück! Das ging nach der gleichen Methode, wie ich sie eben erklärt habe. Allein der Steuerausfall für den italienischen Fiskus betrug zwanzig Milliarden Dollar. Aber
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