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Mala Vita

Mala Vita

Titel: Mala Vita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudio M. Mancini
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ein Staatsanwalt in Premeno zu suchen, wenn Enrico in Palermo umgebracht wurde?«
    »Bei einem Kapitalverbrechen wird überall herumgeschnüffelt. Und bei einer solch spektakulären Sache sowieso. Du kannst darauf warten, bis es hier von Polizisten und Presse nur so wimmelt.« Senna hielt inne und fixierte sein Gegenüber.
    »Wie redest du denn über die Ermordung meines Bruders? Ist sein Tod für dich nur eine Sache?«
    »So war das nicht gemeint«, erwiderte Senna kühl.
    Cardones Magen zog sich allmählich zu einem Klumpen zusammen. »Mich erstaunt die Gleichgültigkeit, die du an den Tag legst.«
    »Was hast du erwartet? Soll ich am Schreibtisch sitzen und weinen? Ich habe zu tun, wie du siehst. Überdies ist meine Zeit sehr bemessen, aber das habe ich dir bereits gesagt.«
    »Dein Weinen brächte auch nichts in Ordnung, Senna!« Cardones Backenmuskeln zuckten. Es fiel ihm zunehmend schwer, seine Selbstbeherrschung zu bewahren, während er beobachtete, wie der Anwalt scheinbar unbeeindruckt weiter Akten sortierte. »Alle Welt schaut zu, wie Enrico erdrosselt wird, und ihr macht euch ein paar Tage später aus dem Staub. Du solltest mir das erklären!« Cardone griff wütend in die Tasche und suchte seine Zigaretten.
    Bevor er sich eine anzünden konnte, zischte Senna: »Würdest du das bitte unterlassen? Hier wird nicht geraucht!«
    Cardone steckte die Zigarette wieder in die Packung zurück. »Je länger ich dir zusehe, desto stärker wird mein Verdacht, dass Enrico tatsächlich eine dubiose Figur war, wie die Zeitungen schreiben. Was ist hier eigentlich los?«
    Senna warf ihm einen schiefen Blick zu. »Unsere Klienten haben es nicht so gerne, wenn Fremde die Nase in Unterlagen stecken, die niemanden etwas angehen. Jeder rechnet damit, dass der Staatsanwalt unser Büro auf den Kopf stellen wird. Fast alle unserer Mandanten haben nach den Schlagzeilen in den Zeitungen und den Fernsehberichten panisch reagiert und uns angewiesen, vertrauliche Unterlagen zu vernichten oder sie zurückzugeben. Einen derartigen Verlust an Reputation verkraftet keine Kanzlei. Schon deshalb ist es besser, rechtzeitig die Rollläden herunterzulassen. Selbst wenn sie diesen wild gewordenen Mistkäfer bald fassen sollten, man würde Jahre brauchen, um das Vertrauen der Klientschaft wiederzugewinnen. Befriedigt dich diese Erklärung?«
    »Ich verstehe«, antwortete Cardone mit sarkastischem Unterton. »Mit anderen Worten, ihr habt euren Kunden dabei geholfen, das Finanzamt zu betrügen, und jetzt hat man wohl Angst, das könnte auffliegen. Ist es nicht so? In allen Artikeln kann man lesen, dass ihr Geld ins Ausland verschoben habt.«
    »Du bist doch nicht bei Trost!« Senna zeigte Cardone den Vogel und schüttelte den Kopf. »Erstens laufen wir hier nicht mit Geldkoffern herum, und zweitens erstellen wir keine Bilanzen. Und drittens geht es in dieser Kanzlei ausschließlich um Firmengründungen und die damit verbundenen Strategien. Es sind sensible Vorgänge, mit denen wir uns hier beschäftigen. Begreifst du das nicht? Wir tun hier nichts Ungesetzliches. Poeten haben keine Ahnung davon, dass es im Wirtschaftsleben nun einmal Dinge gibt, die man nicht unbedingt in der Öffentlichkeit breittritt. Dieser öffentliche Mord bedeutet für die Kanzlei, für mich und für Pantrini den Ruin!«
    »Ich höre immer nur Kanzlei, Mandanten, Ruin. Täusche ich mich oder berührt dich das scheußliche Verbrechen an meinem Bruder nicht persönlich? Geht es dir nur ums Geschäft? Schließlich habt ihr mehr als zehn Jahre zusammengearbeitet. Da muss doch so etwas wie Freundschaft zwischen euch entstanden sein!«
    »Freundschaft, sagst du?« Sennas Augen glitzerten böse. »Freundschaft ist etwas Wunderbares – außerhalb dieser vier Wände, wenn du verstehst, was ich meine. Es tut mir leid, dir das so offen zu sagen, aber wie mir scheint, muss ich etwas richtigstellen. Dein Bruder war ein Despot, ein Choleriker, ein mieser, hinterlistiger Sklaventreiber, und wir waren lediglich seine Handlanger. Du müsstest ihn doch am besten kennen! Man soll zwar Toten nichts Schlechtes nachsagen, aber ich mach für dich eine Ausnahme.«
    Cardone kämpfte mit seiner Fassung und versuchte, nicht seinem ersten Impuls zu folgen und dem Anwalt an die Gurgel zu fahren.
    »Räumt ihr Hals über Kopf die Bude, weil ihr bedroht werdet?«
    »Quatsch! Wer, um alles in der Welt, sollte uns bedrohen? Wir sind eine unbedeutende Anwaltskanzlei«, wiegelte Senna mit einem verkrampften

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