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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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von einer Gruppe berichtet wurde, die sich zusammengeschlossen hatte, um einem Einzelnen zu helfen, fühlte sie sich persönlich angesprochen. Nach und nach gelang es ihr, dieses Gefühl in seine unterschiedlichen Bestandteile zu zerlegen: Teamgeist, Appell an die Großzügigkeit der Massen, Widerstand gegen jede Form von Ungerechtigkeit, Mitgefühl für den Nächsten – sie könnte die Liste endlos weiterführen. Wesentlich aber war, dem hohen Ideal der Solidarität zu dienen. So konnten die Menschen Gott zeigen, dass sie auch ohne ihn gut zurechtkamen.
    In einem kleinen Zimmer mit einem niederen Tischchen, auf dem Zeitschriften bereitlagen, bat man sie zu warten. Bevor sie diesen Termin gemacht hatte, hatte ihr Quintiliani seine Bedenken mitgeteilt.
    »Charity? Maggie, das ehrt dich. Könnte aber auch riskant sein. Zeitungsberichte, Fotos. Ich weiß nicht.«
    »Ich passe auf.«
    »Was denkt Frederick darüber?«
    »Ich habe noch nicht mit ihm gesprochen.«
    »Ich überleg es mir. Versprechen kann ich nichts. Du weißt, keine Fotos von dir in der Zeitung. Noch nicht mal dein Name darf auftauchen.«
    Trotz allem hatte Maggies Plan in Quints Augen auch etwas Gutes: Sie integrierte sich in die Gemeinschaft, und sie war beschäftigt; beides Dinge, die das Zeugenschutzprogramm unterstützte. Ein paar Tage später gab er für eine Probezeit grünes Licht. Danach werde man sehen.
    Es gab noch einen persönlicheren Grund, warum sich Maggie um die Armen kümmern wollte. Sie sah darin die Gelegenheit, zu ihren bescheidenen Wurzeln zurückzukehren, die sie jahrelang bei ihrem Leben in Saus und Braus verleugnet hatte. Im Gegensatz zu Giovanni, dem legitimen Sohn der Cosa Nostra und daher von Anfang an in der Welt des Geld- und Profitmachens zu Hause, stammte Livia aus einer Arbeiterfamilie, die nie sozial aufgestiegen war. Jetzt, da sie bald fünfzig wurde, zogen Bilder ihrer frühen Jugend an ihr vorüber. Es kam ihr vor, als hätte sie das East End gerade erst verlassen. Bevor alle angefangen hatten, sich gegenseitig umzubringen, war das Viertel ein Ort gewesen, wo Menschen aus aller Welt sich zu einer einzigen Nation vermischten, der Nation der Einwanderer. Sie fragte sich, warum gerade jetzt bestimmte Erinnerungen wieder aus ihrem Unterbewusstsein auftauchten. Sie sah ihren Vater, wie er ihrer Mutter am Freitagabend einen weißen Umschlag übergab. Darin war der Lohn, der bis zum nächsten Freitag reichen musste. Sie sah ihre beiden großen Schwestern zum Stenokurs gehen, und sie erinnerte sich, wie neidisch sie gewesen war. Sobald sie alt genug war, wollte auch sie Steno lernen. Sie erinnerte sich Stunde für Stunde an jene angstvolle Nacht, in der ihr älterer Bruder, von Beruf Kaminkehrer, eine Schmuckschatulle aus einer Wohnung mit Marmorkaminen hatte mitgehen lassen. Ihr Vater holte ihn in aller Frühe vom Polizeirevier ab; das war dann das Ende von Aldos Karriere als Dieb. Auch jener traurige Tag, an dem sie in einem besseren Viertel von einem Hund gebissen wurde, fiel ihr wieder ein. Die Chancen auf Schmerzensgeld waren gleich null. Vor allem aber erinnerte sie sich an ihre Mutter, die in ständiger Angst um ihre Kinder und ihren Mann lebte, der bei jedem Vorfall im Viertel nur den Kopf einzog. Um alldem zu entkommen, hatte sie schließlich Giovanni geheiratet.
    Man bat Maggie ins Büro. Das Gespräch dauerte keine zehn Minuten.
    »Wann können Sie anfangen?«
    »Sofort.«
    *
    Al Capone sagte immer: » Mit einem netten Wort und einer Pistole erreicht man mehr als mit einem netten Wort allein . « Dieser einfache Satz erklärt für mich den Erfolg der Mafia über die Jahrhunderte.
    Fred hörte mit dem Tippen auf, um nachzudenken. Allerdings schien den beiden letzten Sätzen kein weiterer folgen zu wollen. Wieso auch? So viel Klarheit in so wenigen Worten – das war zweifellos große Literatur! Was würde es bringen, den zukünftigen Lesern die Leuchtkraft dieser Aussage erklären zu wollen? Seine Kumpel in Newark jedenfalls hatten Al Capone ohne zusätzliches Blabla verstanden. Und er, Fred, verstand, dass es manchmal sinnvoll war, seine eigenen Gedanken mit denen eines Meisters zu untermauern. Und mit Schwung betätigte er den Wagenrücklauf, um einen neuen Absatz zu beginnen.
    Nur ein paar Meter Luftlinie davon entfernt stand Belle vollkommen nackt vor dem Badezimmerspiegel. Mit einem Schneidermaßband maß sie ihren prachtvollen Körper aus. Keine Wölbung, keine Kurve entging ihr. Die Maße der Brust, der

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