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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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werdenden Atem zu beruhigen. Eine Sekunde später wurde es ihm flau im Magen. Er griff mit einer Hand zur Stirn und massierte die Schläfen. Wahrscheinlich hatte er sich verlesen, sein Sohn hatte das nicht geschrieben. Das war ein übler Scherz, und Alex war zu … zu jung … oder nicht jung genug, das war alles absurd. Alex war nicht so ein Junge … In Französisch war er eine Niete, hier lag ein Fehler vor, Alex war nicht …
    Mein Vater ist ein paar Schritte vor unserem Haus gestorben. Dort hatte das Schicksal geduldig auf seine Rückkehr von den Galapagosinseln gewartet.
    Für meinen Vater war das Leben eine lästige Pflicht. Daran ist er gestorben.
    Mein Vater ist gestorben, ohne über das Leben nachzudenken.
    Mein Vater ist zu jung gestorben; von da, wo er jetzt ist, gibt er mir bestimmt recht.
    Alex …? Bist du das, mein Kleiner? Sag, dass du es nicht bist … Was habe ich getan, Alex?
    Mein Vater ist ganz unauffällig gestorben.
    Mein Vater ist gestorben, und in der Todesanzeige haben sie seinen Namen falsch geschrieben.
    Mein Vater ist gestorben, damit wir ihn beweinen.
    Mein Vater ist ohne mein Einverständnis gestorben.
    Mein Vater ist gestorben, das ergibt noch nicht mal einen guten Reim.
    Seit mein Vater tot ist, sind sich alle über ihn einig.
    »Monsieur Massart? …Wir sind gelandet, Monsieur Massart.«
    Und Philippe folgte wie in Trance der Menschenmenge zum Bus, der die Passagiere zum Hauptgebäude des Bangkok International Airport brachte.
    Mein Vater ist gestorben, ohne den Lichtschacht zu bemerken, den man angeblich passieren muss, um auf die andere Seite zu gelangen.
    Mein Vater ist gestorben, ohne etwas Verbotenes getan zu haben.
    Mein Vater ist gestorben, wie er es sich gewünscht hat: im Schlaf.
    Der Strom der Passagiere riss ihn mit sich bis zum Zoll. Da spürte er, wie ihm schummrig wurde, also blieb er stehen. Die Reisenden verteilten sich auf die Zollschalter.
    Mein Vater ist so jung gestorben. Er muss jetzt keine Angst mehr davor haben, dass ich ihn eines Tages beerdige.
    Mein Vater ist hundertmal gestorben, mehr oder weniger.
    Mein Vater ist gestorben, aber eine Schlagzeile ist das nicht.
    Mein Vater ist gestorben. Wer mag, kann ihm folgen.
    Mit letzter Kraft setzte er sich auf eine Bank, zerknüllte die Zeitung mit den Händen, dann ließ er sie langsam fallen, fasste sich ins Gesicht und brach in Tränen aus. Der ganze Körper bebte.
    Abrupt stand er auf, griff nach seiner Aktentasche und trampelte auf der Schülerzeitung herum. Dann suchte er die ganze Duty-free-Zone nach einem Telefon ab. Man zeigte ihm eine Telefonzelle mit einem kleinen grünen Dach, das an einen buddhistischen Tempel erinnerte. Von diesem Apparat aus würde er einen anderen anrufen, den er genau vor sich sehen konnte: Es war ein schnurloses Telefon, nachtblau, das zwischen einer Karaffe Wasser und einem Ferienfoto stand, auf dem Sandrine, schwanger mit Timothée, ihr schönes Gesicht in den Abendwind hielt.
    Bei ihr in Cholong war es zehn Uhr morgens.
    »Hallo, Schatz … Ich bin’s, Schatz …«
    »Hallo? Wer ist am Apparat?«
    »Ich bin es, Schatz! Philippe!«
    »Philippe? … Wo bist du?«
    »Ich liebe dich! Ich liebe dich so sehr!«
    »… ?«
    »Hörst du mich? Ich liebe dich! Ich liebe euch alle drei so sehr …«
    »Du machst mir Angst. Ist was auf dem Flug passiert?«
    »Ich lebe nur für euch. Ihr seid mein Ein und Alles. Ohne euch hat mein Leben keinen Sinn.«
    »…«
    »Ich nehme den ersten Flug nach Hause. Ich verreise nur noch mit euch dreien.«
    »Und Perseil?«
    »Der soll sich zum Teufel scheren, und mit ihm die ganze Firma. Liebst du mich noch?«
    »Na, rate doch mal.«
    Wieder brach er in Tränen aus. Diesmal waren es Freudentränen, ein Stein fiel ihm vom Herzen.
    *
    Er kam aus Macao und wollte nach Los Angeles. In Bangkok machte David Moëns, ein junger Belgier, Zwischenstation und langweilte sich zu Tode. Warum er China von heute auf morgen verlassen hatte, war ihm mittlerweile unklar. Sicherlich wollte er sich und der Welt irgendetwas beweisen. Was, hatte er vergessen. Wegfahren … Wegfahren … Weit weg … Hinter dem Horizont wartete das Fremde … Alle Reisenden waren Poeten … Auch er hatte ein Anrecht auf das Fremde. Um es zu entdecken, gab es nur einen Weg. Weit wegfahren, allein und ohne einen Cent in der Tasche. Das Leben, der Zufall und das Schicksal kümmerten sich schon um den Rest.
    Vorläufiges Fazit: In weniger als einer Woche hatte er das bisschen, das er besaß, beim

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