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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonino Benacquista
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sich besonders komplizierte Fragestellungen ausgedacht. Beachtlich für Amateure war die Anzahl von Senkrechten und Waagrechten, jeweils zehn. Kein Problem hatte David bei den Wörtern mit drei oder vier Buchstaben: Boa kreuzte Pol, Pol kreuzte Klon, und Klon kreuzte Kur. Länger nachdenken musste er über ein Wort mit zehn Buchstaben, das an seiner vierten Stelle das K von Kur kreuzte. Die meisten Passagiere schliefen schon, das Flugzeug schwebte in vollkommener Stille durch die Nacht. David zog am Strohhalm seiner Cola. »Er mag’s gerne fein«, zehn Buchstaben? Diese Rotznasen aus Frankreich wollten ihm wohl Steine in den Weg legen. Zugegeben, er war einer von diesen Gelegenheitsrätslern, die es gerne einfach hatten und vor mehrdeutigen Suchbegriffen schnell mal den Schwanz einzogen. Dass er für »Er bot vielen Paaren Unterschlupf« sofort Noah gefunden hatte, verlieh ihm vielleicht zu schnell Selbstsicherheit. Dennoch, Leckermaul war die Lösung für »Er mag’s gerne fein«. Beflügelt von dieser plötzlichen Eingebung, riskierte er einen Ehebruch für »Die Hälfte plus ein Dritter«. Die Kids aus Cholong-sur-Avre, diesem Kaff, das wer weiß wo lag, waren wohl entschieden gewitzter, als er vermutet hatte. David hatte das Wort Ehebruch einfach hingeschrieben, ohne sich zu fragen, was ein Kind von zwölf Jahren wohl darunter verstand. Was wusste man in diesem Alter schon vom Ehebruch, wenn sogar er mit seinen stolzen vierundzwanzig Jahren nur voller Selbstmitleid an seine unterbeschäftigte Libido denken konnte? Ehebruch? Ja, das wär’s doch! Der Liebhaber einer verheirateten Frau sein, gab es etwas Aufregenderes? Nachmittage voller Leidenschaft in einem kleinen, nicht gerade sauberen Hotel in der Nähe des Bahnhofs Brüssel-Midi, eine Flasche Weißwein auf dem Nachttisch, und die hübsche fünfzigjährige Bürgersfrau, die aus dem gehobenen Wohnviertel um die Chaussée d’Ixelles zu ihm hinabgestiegen kam, bekommt knallrote Wangen. Einmal weil sie sich schämt, aber vor allem weil es sie erregt, sich nackt an einem verrufenen Ort zu bewegen und es sich von einem Kerl besorgen zu lassen, der sie wie eine Nutte behandelt. So sah der Film aus, der sich bei dem Wort Ehebruch in Davids Kopf abspulte. Entweder hatten die Kids vom Jules-Vallès ihre Definition beim alten Scipio oder bei Favalelli, dem französischen Meister des Kreuzworträtsels, geklaut oder einer ihrer Lehrer hatte sich einen Spaß daraus gemacht, diesen pikanten Begriff unter den Augen des Direktors, der Kollegen und Eltern in die Zeitung zu schmuggeln. Einem zwölf Jahre alten Schüler konnte nie und nimmer diese Frage eingefallen sein. Und wenn Ehebruch überhaupt nicht die Lösung war? Vielleicht war sie nur seinem kranken Gehirn entsprungen, das gerne mal hinter jedem Begriff einen sexuellen Hintersinn vermutete. Um seine Zweifel zu beseitigen, machte er sich an die Lösung der nächsten Frage: »Rauschendes Fest«, fünf Buchstaben. Der letzte musste ein E sein, denn er musste mit dem ersten von Ehebruch übereinstimmen.
    » Orgie « , sagte eine zarte Stimme hinter ihm.
    »…?«
    »Rauschendes Fest: Orgie«, wiederholte die Stimme.
    Eine junge Frau in seinem Alter saß hinter ihm, das Kinn auf seine Kopfstütze gelegt, und lächelte ihm verschmitzt zu.
    »Was ist das für eine Zeitung? Scheint dufte zu sein.«
    Das Wort »dufte«, das aus einer anderen Zeit stammte, machte David sprachlos. Er war so überrascht, dass er die Zartheit ihres angedeuteten Lächelns, das aber ihr ganzes Gesicht erstrahlen ließ – das Blau ihrer Augen, das leichte Rosa ihrer Wangen und das dunkle Rot ihrer Lippen –, zunächst nicht wahrnahm. Sie war genau sein Frauentyp: zierlich, dunkle Haut und mittellanges glattes, dunkelblondes Haar. Sie besaß eine Figur, der die Widrigkeiten der Zeit und des Seins nichts anhaben konnten. Auch das bemerkte David zunächst nicht.
    »Keine Ahnung, ich habe sie auf dem Flughafen gefunden«, antwortete er ein wenig abweisend.
    »Orgie«, sagte sie noch einmal, »das ergibt dann für ›Auf Hochglanz bringen‹ ein E als vorletzten Buchstaben.«
    »Wie lange schauen Sie mir schon über die Schulter?«
    *
    Zwei Stunden später waren sie zum Du übergegangen, hatten sich nebeneinandergesetzt, tauschten Anzüglichkeiten aus – und brachten keinerlei weitere Ordnung in das Kreuzworträtsel.
    » Polieren würde für ›Auf Hochglanz bringen‹ passen, ist aber viel zu lang und hat das E an der falschen Stelle.«
    »Und Fegen

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