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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Stahl.
    »Er wird Sie erhöhen. Zu einem Feldherrn wird er Sie machen, weit über einen Hauptmann der Grenze, der dann kommen muß, wenn Sie ihn rufen, und zu gehen hat, wenn Sie ihn schicken. Ich trete für Sie ein, mein Osman, ich verbürge mich. Ein hohes Hofamt ist Ihnen sicher, ein Hofamt, Osman Ertoghruloghlu !«
    »Ertoghruloghlu das ist unser Name, Exzellenz«, erklärte Osman, »meiner und meines Bruders Ghundus, noch lebt unser Vater, und noch ist Dündar nicht Scheich.«
    »Sie werden kämpfen um den Stamm ?«
    »Ja.«
    »Um Sögüd?«
    »Ja.«
    »Um die Grenzhauptmannschaft?«
    »Ja.«
    »Um Karadschahissar?«
    »Ja, aber nicht um einen Generalsrang und nicht um ein Hofamt. Und nun, Exzellenz, habe ich die Ehre, Ihnen eine gute Reise zu Kir Salmenikos nach Biledschik zu wünschen.«
    Osman hob die Rechte an Stirn und Herz, um sich dann mit gekreuzten Armen tief zu verneigen. Trotz dieser Höflichkeit war es freilich eine Herausforderung, daß er sich auf diese Weise selbst entließ, und darum übersah Schermugan auch alle Anstalten zu einem Abschied, den er nicht bewilligt hatte. Die ganze Unterredung war stehend geführt worden. Nun klatschte der Wesir in die Hände. »Arrjka! Früchte!« befahl er dem eintretenden Diener und lud seine Gäste zum Sitzen ein. »Sie glauben, mein Osman«, begann, er dann, »Sie hätten mir nichts mehr zu sagen?«
    »Nichts, was Euer Exzellenz zu hören wünschen«, wurde Osman in seiner Bitterkeit unvorsichtig.
    »Das zu beurteilen, überlassen Sie besser mir«, meinte nämlich Schermugan. »Übrigens weiß ich nicht, ob meine Arrjka den Vergleich mit der vom Tumanidsch aufnehmen kann«, milderte er sogleich mit einem Lächeln die Zurechtweisung, »aber reines Quellwasser ist sie jedenfalls nicht.«
    Bis' der Sklave das Zelt wieder verließ, ging demnach die
    Unterhaltung lediglich um die Vorzüge dieser oder jener Destillate aus Stutenmilch. Welche Gedanken dieses Gespräch verbarg, ließ sich freilich so ohne weiteres nicht sagen. Schermugan dachte dieses: Osman müsse bei der Belagerung noch mit einer Möglichkeit rechnen, die ihm, dem Wesir, verborgen sei, und das gehe nicht an, das Verborgensein nämlich. Die Geheimnisse der andern besaßen stets eine große Anziehungskraft für ihn, besonders diejenigen Osmans. Als der junge Mann in Kutahie zum Kiaja des Grenzhauptmanns gemacht worden war, hatte Schermugan ihn zum ersten Mal und dann bis jetzt nicht wieder gesehen. Nun aber fand er ihn wesentlich verändert und besonders auch im Vergleich zu Ghundus in seiner Selbstsicherheit gereifter. Schermugan mußte an Malchatuns Auftreten vor dem Sultan denken und konnte nicht umhin, beides in Zusammenhang zu bringen.
    »Was meinen Sie dazu, mein Osman«, warf er in dem bereits gelösten Ton einer freundschaftlichen Unterhaltung hin, »wenn Sie mir jetzt einmal verrieten, was ich nach Ihrer Meinung so ungern hören würde? Sie haben mich ein wenig neugierig gemacht, mein Lieber.«
    »Ihnen ist Weisheit verliehen, mein Gebieter«, wand sich Osman, »wer bin ich, daß ich Sie zu lehren vermöchte?«
    »Es ist nicht von Lehren und Lernen die Rede, sondern von Offenheit«, lächelte der Eunuch. »Finden Sie nicht, daß Glaubensgenossen sie einander schulden?«
    »Sie schulden einander Offenheit und somit ich Ihnen«, gab Osman zu, »um so mehr, da ich Euer Exzellenz Worten entnehme, daß Sie Ihren Glaubenswechsel nicht bereuen.«
    »Ist es das, was mir zu hören so unangenehm sei?« erkundigte sich Schermugan, und in der Tat war es nicht gerade fein von Osman, auf politische Beweggründe bei Schermugans Bekehrung zu deuten. Als Persien und Kleinasien von Dschingis’ Enkel Hulagu überrannt worden waren, hatte es noch geschienen, als ob der ganze Umkreis der bekannten Erde den Dschingisiden gehören solle. Noch war der Name des mongolischen
    Khakhans kein leerer Schall gewesen. Der vierte Großkhan und chinesische Kaiser Kubilai hatte dem Eroberer Persiens den Titel eines Ilkhans, eines Landeskhans, verliehen, und Hulagus Nachfolger Abaka hatte den Thron nicht bestiegen, bevor er von Peking bestätigt worden war.
    Der Schlag gegen die mongolische Erdherrschaft war von der Wolga gekommen, gerade dorther, wo man noch nach der Sitte der Väter Herden trieb und die Seßhaftigkeit mit der damit verbundenen Knechtschaft den Russen und anderen unterworfenen Völkern überließ. Der Herr dieses ungeheuren Reiches der Goldenen Horde von den Grenzen Polens und Litauens bis zum Altai hatte

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