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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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überhaupt für möglich zu halten.
    Osman jedoch begriff lediglich das eine: warum der Moslem Schermugan gern die Gelegenheit ergriffen habe, als Barvannah des Ilkhans sich allzu plötzlichen Zufällen zu entziehen, vor denen er in Täbris nicht sicher gewesen wäre. Schermugans Eigenschaft als Anhänger des Propheten sei der ilkhanischen Regierung dabei offenbar recht zweckdienlich erschienen, allerdings nur soweit, wie der neue Barvannah beim Seldschukensultan die Interessen des Ilkhans -‘und nur die! - wahrnehmen Würde. Daran aber habe Schermugan, wie er selbst zugebe, niemals gedacht. Und hierin erblickte Osman eine verhängnisvolle Schwäche von dessen Lage. So schwieg er denn, aber nicht in Unterwerfung.
    Als Unterwerfung deutete lediglich der Wesir dieses Schweigen.
    »Sie sehen demnach, mein Osman, daß für uns alles von Sultan Alaeddin abhängt. Je mehr wir ihn stärken, um so mehr fördern wir unsere eigenen Interessen.«
    Doch Osman eilte es nicht mehr mit der Antwort. Er hob nur den Kopf und blickte den Wesir mit großer Ruhe an. Dann senkte er wieder den Blick und verharrte in seinem Schweigen. Schermugan verstand.
    »Sie sind zu Unrecht verbittert«, behauptete er, »kein Mensch kann bestreiten, daß Sie der ikonischen Pforte treu gedient haben; aber wenn die Pforte Sie dafür belohnen soll, so müssen Sie ihr wohl den Lohn wie dessen Form überlassen.«
    »Ich lehnte beides bereits ab«, erwiderte Osman. »Ich verkenne nicht, daß jeder Günstling einen mehr oder weniger großen Anteil an der Macht des Herrschers hat . . . solange er nämlich in Gunst steht. Einen eigenen Grund, der ihm gehört, hat der Günstling nicht mehr. Und Euer Exzellenz müssen sich doch selbst sagen, daß es, wenn ich schon Söldner werden soll, mehr Kronen gibt als nur die seldschukische.«
    »Sie vergessen Ihre Religion und die Tradition Ihres väterlichen Stammes!« fuhr Schermugan auf.
    »Also doch Stamm?« fragte Osman ironisch, und von diesem Augenblick an war der Wesir nicht mehr ganz so überzeugt, es nur mit einem gehobenen Viehtreiber zu tun zu haben.
    »Ich hätte es mir denken können«, grollte er. »Taindschar ist tot. Der Basileus braucht einen neuen Generalkapitän für seine Turkopolen. Denn unter einem Generalkapitän tun Sie es wohl nicht . . . ?«
    »Vielleicht«, warf Osman ein.
    »Vielleicht?« verlor Schermugan jede Überlegenheit. »Sie stellen einen Verrat als möglich hin?!«
    »Möglich ist alles«, meinte Osman um so ruhiger. »Möglich ist auch, daß ein Barvannah des Ilkhans die Geschäfte des Hofes besorgt, den er eigentlich überwachen sollte. Warum also könnte es nicht möglich sein, daß ein vom Seldschukensultan preisgegebener Türke sich nun seinerseits in die Dienste des Ilkhans begäbe?«
    »Das ist Hochverrat!« rief Schermugan, und nur sein Alter hinderte ihn aufzuspringen.
    »Hochverrat?« fragte Osman mit großen, erstaunten Augen. »Aber meine liebe Exzellenz! Sollten Sie wirklich nicht wissen, daß der Seldschukenkaiser Mesud und dessen Statthalter Sultan Alaeddin Untertanen Seiner Allerhöchsten Kaiserlichen Majestät des Ilkhans Argun aus dem himmlischen Geschlecht des Dschingis sind? Hochverrat nennen Exzellenz mein Treuerbieten an Ilkhan Argun? Sind Exzellenz als Barvannah nicht selbst ein hoher Beamter des göttlichen Hofes zu Täbris? Wie können Sie einen jungen Mann Hochverräter nennen, der nichts weiter verlangt, als mit Ihnen, Barvannah Schermugan, in Treue gegen den Allerhöchsten Herrn und Sohn des Blauen Himmels zu wetteifern ?«
    »Sie spielen mit Fiktionen statt mit Realitäten«, parierte der Wesir Osmans Hohn mit Grobheit.
    »So?« meinte Osman. »Das ist doch wohl noch eine Frage, die zu untersuchen sich lohnte, mein Vater. Oder scheuen Euer Exzellenz die Untersuchung?«
    »Ich scheue nichts, wenn Euer Edlen dafür die Zeit zu haben glauben.«
    »Keine Angst. Für Sie habe ich Zeit, mein Vater. Heute noch.«
    Es grauste Ghundus davor, wie der Bruder mit dem großen Mann verfuhr. Osman aber war unbefangen und fühlte sich beschwingt wie noch nie. Nichts machte ihm Mühe. Er brauchte nicht selbst zu denken. »Es« dachte in ihm.
    »Belehren Sie mich, mein Vater«, sagte er; »denn vermutlich irre ich mich. Mir scheint nämlich, Euer Exzellenz machen den gleichen Fehler wie der Basileus. Taindschar sollte die alten Provinzen Ostroms wieder unter das Zepter des Basileus bringen.
    Die Rechnung wäre auch aufgegangen, wenn nicht . . .«, Osman verneigte sich

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