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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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dem Schamanentum seiner Väter entsagt und den Islam angenommen. Jetzt rächte es sich, daß der Ilkhan Bagdad erstürmt und den letzten der mesopotamischen Kalifen von den Hufen seiner Rosse hatte zertreten lassen. Den Islam hatte er nicht zertreten können. Wieder einmal hatten sich geistige Mächte stärker als reine Waffengewalt erwiesen: Durch das Bündnis des bekehrten Goldenen Khans mit den Mameluken Ägyptens waren weitere Eroberungen der Ilkhane unmöglich geworden. Sie hatten den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren. In Kairo aber thronte statt des zertretenen ein neuer Kalif. Dieser Tatsache war von Schermugan Rechnung getragen worden. Im Gefolge der byzantinischen Prinzessin Maria Paläologa war er nach Täbris gekommen, und als des Ilkhans Bruder und Nachfolger sich unter dem Namen Achmed ebenfalls zur Religion Mohammeds bekannt hatte, war er dem Beispiel des Herrschers gefolgt.
    Mochte Osmans angedeuteter Zweifel auch ungerecht sein, so war er doch immerhin verständlich.
    »Ich wurde als Christ geboren und als solcher erzogen«, sagte Schermugan nun, »hierin hatte ich keine Wahl. Als mich aber Allah berührte, folgte ich dem Ruf seines Propheten aus der Überzeugung meines Herzens.«
    »Amin«, murmelten Osman und Ghundus.
    »Der erste Ilkhan stürzte das Kalifat von Bagdad«, meinte der Wesir ferner, »aber die christlichen Kirchen rührte er nicht an. Die Christen waren der Mongolen natürliche Verbündete. Die Prinzessin Maria von Byzanz, meine allerhöchste Gebieterin, blieb auch als Gattin eines Ilkhans Christin, und sie ist es noch heute. Den Mongolen galt nur der Islam als Feind. Dennoch eroberten sie ihn nicht - er eroberte sie. Das Wort des Propheten war stärker. Mit dem Übertritt des Khans der Goldenen Horde begann der Verfall der mongolischen Macht.«
    Wie Schüler saßen die beiden Brüder zu Füßen des Wesirs, und wie ein Schüler fragte Osman:
    »Aber beim Übertritt des Ilkhans Achmed zeigte sich doch noch die Macht des Khakhans? Wurde Achmed nicht vertrieben, und gewann er nicht die Krone des Martyrs durch seinen Tod, mein Vater?«
    »Er gewann sie, mein Sohn . . .«
    »Allah gewähre ihm die Freuden des Paradieses«, fielen Ghundus und Osman ein.
    ». . . aber nicht durch den Khakhan verlor Ilkhan Achmed Thron und Leben. Der Khakhan ist zugleich Kaiser von China. Was aber bedeutet es den Chinesen, ob bei uns große Reiche entstehen oder untergehen? Das gilt ihnen nur als Grenzplänkeleien ferner westlicher Barbaren. Sonst hätte der Großkhan den Übertritt des Goldenen Khans ebenso mißbilligen müssen. Er rührte sich aber nicht, und während der Khan der Goldenen Horde sich durchsetzen konnte, fiel Achmed seinen Verwandten und Generälen zum Opfer. Nur ihnen. Eine mongolische Gesamtmacht gibt es nicht mehr, mein Osman, sie ist zur Scheuche geworden, vor der sich nur noch die Spatzen fürchten.«
    Osman verneigte sich. »Das sprach Sultan Alaeddins Wesir«, sagte er. »Was aber meint des regierenden Ilkhans Barvannah Schermugan?« Auch Schermugan mußte lächeln.
    »Nicht nur den Pfad Allahs beschritt Ilkhan Achmed, weiland mein erhabener Herr«, wurde er dann ernst, »sondern auch den der irdischen Klugheit -«
    Und irdische Klugheit, verhärtete sich Osman, möge auch wohl ihren Teil an Schermugans Bekehrungen getan haben.
    »- Militärs«, fuhr Schermugan fort, »denken nur an Raub. Im Frieden nennen sie ihn Requisitionen. Mit ihnen ist kein Großstaat zu verwalten. Der größte Teil der ansässigen Untertanen bekennt sich in Persien zum Islam, zu ihm die fähigsten und wichtigsten Beamten, und was mehr ist: die Beamten halten zusammen. Es war eine entscheidende Stunde des Ilkanats, als Achmed seinen Frieden mit unserer Religion machen wollte.«
    »Sie wurde versäumt?« fragte Osman.
    »Sie sagen es, Kiaja, sie wurde versäumt. Achmeds Neffe Argun, der jetzige Ilkhan -«
    » der Herr unseres Herrn«, flocht Osman ein »- kehrte zu seinem großen blauen Gott und den vielen kleinen Götzen seiner Schamanen zurück. Aus zwei feindlichen Heerlagern besteht nun wieder das Ilkhanat. Zu viel hat Argun mit der Unterdrückung der eigenen Bevölkerung zu tun, um sich noch nach außen wenden zu können.«
    Schermugan hatte gesprochen. Er glaubte, genug gesagt zu haben, und wenn es ihm auch fraglich schien, ob ein einfacher Grenzreiter seinen weltpolitischen Gedankengängen habe folgen können, so war er doch selbst viel zu sehr von ihrer Richtigkeit überzeugt, um einen Widerspruch

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