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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Sie Ihre Leute ernähren? Von den Almen des Tumanidsch bis hierher ist ein ziemlich weiter und keineswegs sicherer Weg. Auch bemerkte ich nirgends ein Anzeichen, daß Ihnen von Ihrem Stamm Lebensmittel zugeführt werden.«
    »Für unsere Ernährung lassen wir die Belagerten sorgen«, blieb Osman verstockt.
    »Freilich«, nickte Schermugan, »davon sah ich heute einiges, wie Sie sich denken können. Aber wenn Sie die Pascher immer so wie heute zu Tode hetzen, wird es bald keinen Schmuggel mehr abzufangen geben.«
    »Um so eher ist die Burg sturmreif.«
    »Gerade das ist es, wovor Sie sich fürchten sollten«, meinte Schermugan dann. »Verhungernde Männer können recht gefährlich werden«, beantwortete er dann Osmans fragenden Blick. »Jetzt glauben die Mazaris vielleicht noch an Ihre Verstärkung durch dreihundert Mann. Wenn sie aber bei einem
    Ausfall mit Ihren Leuten ins Handgemenge geraten, werden sie bald dahinterkommen, daß es nur dreißig waren. Und was werden Sie dann tun?«
    »Kämpfen«, sagte Osman und errötete vor Unwillen und Sorge, weil der Eunuch die Kriegslist durchschaut hatte.
    »Daran zweifle ich nicht«, ließ sich Schermugan nicht beirren. »Aber werden Sie auch siegen - Stadt und Burg Karadschahissar besetzen und halten?«
    Doch Osman ergab sich nicht. Gemessen an den Aufgaben, sei Sultan Alaeddin, griff er nun seinerseits an, in der gleichen Lage. Auch dem Sultan seien die Leute davongelaufen.
    Ohne Umschweife sagte er das. Osman war kein Höfling, dafür aber voll Grimm.
    »Einige kleine Unterschiede scheinen mir immerhin noch zwischen Seiner Hoheit und Ihnen zu bestehen.« Der Eunuch zerkniff seinen Mund. »Sollte es Euer Edlen wirklich entgangen sein, daß unser Herr etwas mehr ist als ein goldener Knopf? Seit langem ist die Pforte nicht so kraftvoll gegen Byzanz aufgetreten wie jetzt unter ihm. Allah verlieh ihm die Krone des Sieges und machte ihn wieder zum Hort der Bedrückten. Von Ihrer Einsicht, mein Osman, erwarte ich mehr als von der unserer großen Vasallen. Auch gebe ich Ihnen vollkommen recht, wenn Sie andeuten, daß jene Herren sich nach dem Sieg der kaiserlichen Begünstigungen nicht so würdig gezeigt haben, wie sie es hatten sollen. Um der Pforte sich jedoch wirklich entziehen zu können, müßten sie einig sein. Und das, mein Lieber, sind sie nicht. Sie verklagen sich gegenseitig. Und bei wem? -Bei unserm allergnädigsten Herrn. - Ich überlasse Euer Vortrefflichkeit, selbst die Folgerungen daraus zu ziehen.«
    »Exzellenz meinen, der Sultan werde sich die Bege wieder unterwerfen? Einen mit dem andern?«
    »Wir sind allzusamt Sklaven des Padischahs und küssen den Staub von den Stufen des Throns. Von einer Wiederunterwerfung kann daher keine Rede sein«, fühlte sich der Wesir zu einer höfischen Bemerkung genötigt. Dazu war er Wesir;
    aber desungeachtet fuhr er ganz menschlich fort: »Euer Vor-trcfflichkeit verstehen, wie ich mit Genugtuung hörte, die Zeichen der Zeit.«
    Um sich durch Schmeicheleien fangen zu lassen, empfand Osman seine Lage als viel zu gefährdet.
    »Ich glaube schon«, sagte er daher mit einiger Bitterkeit. »Nur wenige Narren dienen um seiner selbst willen dem Herrn -zum Beispiel ich. Hätte ich meine Kräfte, wie Kir Salmenikos, zusammengehalten, so stünde es heute besser um mich.«
    »Es stünde schlechter«, behauptete Schermugan, ohne sich zu besinnen. »Sie müssen an das denken, was morgen sein wird! Nicht lange noch, und unsere großen Machtanmaßer werden sich um die Gunst unseres Herrschers bemühen, und wohl ihnen, wenn sie ihnen gewährt wird. Was aber können sie dann noch erreichen? Nichts, als was Ihnen, mein Osman, heute schon freisteht: einen hohen Posten in der Lenkung des Reiches. Wer die Zeichen der Zeit versteht und als einer der ersten nach ihnen handelt, wird obenan sitzen. Sie werden obenan sitzen, Osman. Die andern müssen froh sein, wenn sie Ihnen nachrücken dürfen. Was wird Ihnen dann noch Karadschahissar sein, was die Grenzhauptmannschaft, was Sögüd . . .«
    Er hielt inne. Osmans verzerrtes, bleiches Gesicht ließ es ihm nicht geraten erscheinen, fortzufahren.
    »Karadschahissar ist der Stamm«, sagte Ghundus, und es war der erste Satz, den er sprach.
    »Die Grenzhauptmannschaft . . .?« fragte Osman.
    »Bleibt dem Stamm.«
    »Sögüd . . .?«
    »Bleibt dem Stamm.«
    »Und der Stamm . . .?«
    »Der Stamm ist für Dündar«, schloß Schermugan.
    »Will Sultan Alaeddin mich vertreiben?« fragte Osman, und die Frage war

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