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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Musik mit einem Paukenschlag ab, und zugleich standen auch schon alle Berittenen neben ihren Pferden.
    Einzig und allein Schermugan und Osman ragten noch in ihren Sätteln. Wenige Schritte nur führte Abdorrahmanghasi den Rappen seines Scheichs voran - den kaiserlichen Geschenken aber näherte sich auch Osman zu Fuß.
    Noch einmal erscholl das Gewitter der Pauken, der Flöten und der Drommeten, während Osman mit gekreuzten Armen in tiefster Verneigung verharrte.
    An Stirn und Herz führte er den Lehensberat, den Aktimur ihm kniend überreichte. Als er dann aber Sandschak und Tugh, Fahne und Roßschweif aus Schermugans Händen empfing, zerriß wildes Tosen das achtungsvolle Schweigen. Immer wieder erhob es sich, brach es sich an den Mauern der eroberten Stadt.
    Mit Pauke, Fahne und Roßschweif hatte die Kaiserliche Majestät des Padischah von Anatolien den Nomaden Osman Ertoghruloghlu zu fürstlichem Rang und zum Bey der Grenze erhoben.
    Zu Ehren dieses hohen Festes brannte heute Öl in der Lampe, und das war viel; denn der ehemalige Olivenreichtum Bithyniens war längst dahin. Selbst Kirchen und Moscheen pflegte man daher nach Nomadensitte durch Butterlampen zu erhellen. Aber heute und in diesem einen Gemach brannte wirkliches Öl. Mit seinem beigemengten Wohlgeruch durchdrang es den großen Raum.
    Keineswegs aus Speckstein war die Lampe geschnitten. Sie bestand aus fünf spitzschnäbeligen silbernen Kännchen um eine vom Fußboden aufragende Ebenholzsäule, und sie war so alt, daß alles Putzen die Schwärze aus den Fugen und Beulen der Kannen nicht völlig hatte vertreiben können. Diese Zeichen des Alters taten jedoch der Form keinen Abbruch und adelten nur den matten und milden Schein des Metalls. Einfach und edel wie der Leuchter war auch das Gemach. Wieder einmal bewährten sich die unverwüstlichen Farben byzantinischer Mosaiken. Wenn nicht gerade Steine herausfielen, war ihnen nichts anzuhaben. Eine längst verstorbene göttliche Kaiserin stellte es dar mit ihrem Hofstaat weiblichen, sächlichen und männlichen Geschlechts. Nun wirkte es wie ein ferner goldschimmernder Himmel im spärlichen Licht.
    Nicht überall jedoch stand es so gut. Dreimal im Laufe des letzten Jahrhunderts hatte fremdes Kriegsvolk die Burg erstürmt, zu einer Zeit also, da zur Beseitigung entstandener Schäden bereits das Geld und vielleicht auch schon das Bedürfnis gefehlt hatten. Weite Lücken waren in den Wandmosaiken unausgebessert geblieben. Man hatte sich begnügt, sie mit Lehm auszuschmieren, und der legte sich nun in schweren Wolken über die rechte Schulter des Erzengels Michael und über die Knie und Füße der Panagia. Genug an Glanz jedoch war noch immer vorhanden, um als farbige Dämmerung den Raum zu beherrschen.
    Gar nichts hatte auch das Bett mit dem Fellager türkischer Nomaden und wenig mit arabischen Polstern zu tun. Es war ein richtiges Bett aus nachgedunkeltem Kirschholz, zum Fußende hin offen und mit einer hohen Kopfleiste, deren Kurven sich in zwei gegeneinander flutenden Wogen umschlangen. Unter der Oberdecke leuchtete trapezuntisches Leinen.
    Im unerstürmten Biledschik hatte der Krieg den ebenso kostbaren Hausrat verschont. Das war in Karadschahissar nicht der Fall gewesen, und die junge Herrin besaß weder die Mittel, noch hätte sie die Künstler gewußt, um allem, was sie vorgefunden hatte, die volle alte Pracht zurückgeben zu können. Immerhin war es die Erinnerung an Biledschik gewesen, die
    Malchatun ein byzantinisches Schlafgemach hatte wählen lassen.
    Jetzt stand sie am Fenster dieses Gemaches in ihrer Burg.
    An Inöni dachte sie, an damals, als Manuels Schwerbewaffnete die schwachen Lehmmauern bedroht hatten. Dasselbe summende Brausen vieler Menschen war da. - Durch geschlossene Lider fühlte sie Flammenschein. Dieselben Geräusche, dasselbe Flackern, dieselben Gefühle der Angst . . .
    Erschrocken schlug sie die Augen auf. Sei sie denn nicht glücklich? Müsse sie denn nicht glücklich sein? Wie seltsam . . .
    Die Reihen eines unübersehbaren Zeltlagers verloren sich in der Nacht. Auf dem frei gelassenen Platz an der Mauer umtanzten die Menschen brennende Holzstöße. Fackeln und Pechtonnen und Pfannen loderten. Jubel überall. Sie atmete den Geruch von Rauch und verbranntem Fett . . .
    Alles sei anders, dachte sie, ganz anders als in Inöni und weit eher wie in Seraidschik bei ihrer Hochzeit . . . nur daß sie eben nicht habe dabeisein mögen wie in Seraidschik, wenn auch Osman als Gastgeber und

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