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Malchatun

Titel: Malchatun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Fürst sich nicht habe entziehen können . . .
    Über jedes Erwarten war ihnen Ehre widerfahren: Im Berat stand der Namenszug des Sultans mit silberner Tusche geschrieben! Das war viel für den Lehensbrief eines Beys. An Gold zu denken wäre Vermessenheit gewesen. Gold kam nur in Briefen an Kaiser und Könige vor. Malchatun hatte also Grund, zu frohlocken. Vor nicht langer Zeit habe Salmenikos sie zur Fürstin machen wollen, und nun sei sie es, aber - nicht Salmenikos sei ihr Mann!
    Als Nachkommin sternengläubiger Vorfahren trennten sie nicht die natürlichen Regungen des Körpers von den unterbewußten Träumen. Mit den weit umfassenderen Bewegungen des Kosmos, der Erde und der erdbevölkernden Menschheit fühlte sie sich ganz selbstverständlich verwoben. Dieses Gefühl gab ihr auch den festen Glauben, ihre Vereinigung mit Osman sei vor deren Anbeginn bereits die Notwendigkeit eines Außerhalbs gewesen, und so dankte sie es ihm, daß sie ihn zu lieben vermochte.
    Die Nacht der ersten Empfängnis hatte dennoch nichts von einem Aufgeben ihrer selbst gesehen. Keinen winzigen Augenblick hatte sie sich an etwas außerhalb ihres Wesens verloren. Und schließlich hatte sich Malchatun damit abgefunden, daß die Fragwürdigkeit einer Hochzeitsnacht mit der Entfernung des jeweiligen Menschen vom Tiere wachse. Fast beglückte der Gedanke sie, die Stunde ihrer völligen Befreiung von sich, des Aufgehens ihres Ichs in einem Du könne ihr noch bevorstehen ...
    Sie schrie auf und warf sich herum.
    Es war Osman, der sie umfing.
    Wie eine ermattete Schwimmerin warf sie, ihrer Gedanken müde, die Arme um seinen Nacken. Sie war gar nicht mehr die würdevoll-sanfte Malchatun, vor der Osmans tapfere junge Alpe sich um die Ecken verdrückten. Eine junge Frau war sie, fast nur ein kleines Mädchen, das den Geliebten nicht lassen will und den Kopf an dessen Schulter birgt.
    So wenig war das ihre Gewohnheit, daß Osman sie voll Besorgnis fragte, ob ihr etwas Besonderes widerfahren sei.
    Mit Tränen in den Augen schüttelte sie stumm den Kopf.
    »Daß du da bist!« sagte sie nur.
    »Nun ja, ich bin da!« lachte Osman. »Leicht war es nicht, zu entkommen. Alle wollten mich dabehalten. Und nun erst die Jungen, ich wette, sie lästern nicht schlecht über mich als einen Mann, der seiner Frau nicht vom Kittel weicht.«
    »Dann hättest du lieber nicht kommen sollen«, meinte Malchatun und löste sich von ihm.
    »Böse?« fragte er.
    »Deine Alpe, finde ich, sollten sich deiner Würde erinnern, gerade weil sie noch neu ist«, lenkte sie ein.
    »Du lieber Himmel!« lachte Osman. »Die Jungen sind meine
    Jugendgefährten. Die frechsten Mäuler zwischen Mekka und Samarkand. Die müßtest du hören!« fügte er mit ersichtlichem Stolz auf die Unerziehbarkeit seiner Alpe hinzu. »Die fürchten den Teufel nicht. Höchstens dich.«
    »Aber ich bin doch kein - bin doch keine . . .!« Auf Malchatuns Gesicht lag so viel ehrliches Staunen, daß sich Osmans Lachen verstärkte.
    »Schlimmer, meine Gebieterin, viel schlimmer«, erheiterte er sich. »Du bist eine Dame. Und da sie sich auf so etwas nicht verstehen, haben sie eine Hundsangst vor dir.«
    »Ich fand sie stets höflich gegen mich.«
    »Das ist es ja: schrecklich höflich. Du glaubst nicht, welche Mühe ihnen das macht.«
    »Dann sollen sie’s doch lassen!«
    »Das können sie auch wieder nicht. Ich glaube nämlich, sie haben so eine Ahnung, wieviel ich dir verdanke.«
    »Bitte nicht, Osman!«
    »Bitte doch, Malchatun! Außerdem würde schon Schermugan dafür sorgen, daß ich mich erinnere.«
    »Ich hoffe, daß der Wesir nicht . . .«
    »Wie kannst du dir denken, Seine Hohe Exzellenz könne sich jemals so weit vergessen?« ließ er sich in seiner Ironie nicht beirren. Er kannte ihre kleine Schwäche für den alten Herrn und hatte ihr nicht verschwiegen, auf welche Weise Schermugan in der entscheidenden Unterredung sie zum Schluß noch erwähnt hatte. »Schermugan ist viel zu fein«, fuhr er fort, »um auch nur ein Wort daran zu verschwenden, daß ich vielleicht lieber bei dir hätte sein mögen.«
    »Und wer leistete mir diesen Dienst?«
    »Kir David. Er nahm mich mit in ein Zelt, und ebendort fand ich Kira Apollonia. Glücklicherweise war sie müde, und du kannst dir denken, daß selbstverständlich nur ich die Pflegeschwester meiner fürstlichen Gemahlin nach Hause bringen durfte. Auf diese Weise bin ich entwischt!« Er lachte sein helles Jungenlachen, dem sie so schwer widerstehen konnte. Dann

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